Im Licht der roten Erde
Außerdem spürte sie, was zu sehen er nicht bereit war: dass es einen anderen Weg gab, der sich ihnen öffnete. »Ich würde gern mehr über die Bedeutung dieser alten Kulturstätte erfahren. Vielleicht später, wenn Sie Genaueres wissen.«
»Selbstverständlich«, sagte Susan. »Esme wird Sie auf dem Laufenden halten. Es werden noch sehr viel mehr Leute herkommen wollen, so dass Sie vielleicht mit Ihrem Mann reden und ihm erklären könnten …«
» NORMA !«, brüllte Jackson, und sie sprang hastig auf.
»Viel Glück«, rief Susan, als Norma zum Haus zurückeilte, und ging zu den anderen.
»Arme Frau, mit diesem reaktionären Grobian verheiratet zu sein!«, sagte sie, als sie am OKA angekommen war.
»Die Tatsache, dass er sein Land nicht verlieren möchte und nicht in Jubel über diesen Kulturkram ausbricht, macht ihn noch lange nicht zum Reaktionär«, widersprach Shareen.
»Sie sind hinter seiner Stimme her, hab ich recht?«, bemerkte Barwon, und Susan legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm.
Shareen machte es sich auf ihrem Sitzplatz bequem und blickte aus dem Fenster auf das bescheidene, leicht verkommene Wohngebäude. Es war das Heim eines Abstiegskandidaten, daran bestand kein Zweifel, und dennoch eine Geburtsstätte der Hoffnung, genau wie so viele andere Anwesen über Jahrzehnte hinweg. Manche hatten Erfolg, andere scheiterten, doch sie alle leisteten einen Beitrag zu dem, was für Shareen das Großartige an Australien darstellte, das Charakteristische, seinen Reichtum. Giles Jackson und Leute wie er verfügten über Eigenschaften wie die alten Pioniere: Sie mussten knallhart sein, zäh und widerstandfähig – etwas, das diese Schickimickis aus der Stadt nicht kannten. Eines macht ihr Sorgen, etwas, dessen sie sich vorher nie wirklich bewusst gewesen war: Die Aufrichtigkeit Ardjanis und der Ältesten konnte nicht in Frage gestellt werden. Sie war nach wie vor nicht mit allem einverstanden, was der alte Barradja sagte, doch die Tatsache, dass er, der Hüter so vieler Dinge, überhaupt hier war und den Kampf für sein Volk fortsetzte, dass er mit diesem Anspruch bis in die heutige Zeit hinein überlebt hatte, nagte an ihren früheren Überzeugungen.
»Was, zum Teufel, glaubst du, was du da machst?«, brüllte Giles Jackson, als seine Frau mit dem Tablett ins Haus kam.
»Wovon sprichst du?«
»Bleibst einfach da und plauderst mit dieser verdammten Meute. Die Gläser hätten warten können. Du stehst auf meiner Seite, vergiss das nicht. Auf meiner Seite.«
Norma stellte das Tablett auf das Abwaschbecken und begann, die Gläser zu spülen.
»Sie bedrohen unsere Zukunft. Das ist dir doch klar, oder? Scheißkerle. Verdammte heilige Stätten, verdammte Gesetzesänderungen«, tobte er und trampelte in der Küche auf und ab.
»Vielleicht haben sie ja nicht ganz unrecht, Giles, was den Wert dieser Stätten betrifft, von wegen Weltkulturerbe und so weiter. Denk nur an Kakadu, Uluru … dort ist der Tourismus mittlerweile eine wahre Goldgrube. Mein Gott, Giles, wir scheinen das reinste Museum in unserem Garten zu haben!«
Jackson stapfte zum Spülbecken hinüber, packte seine Frau bei den Schultern und wirbelte sie herum. »Jetzt hör mal ganz genau zu, was ich dir sage: Stell dich nicht auf die Seite der Schwarzen … in keinem einzigen Punkt, verstanden? Gib ihnen nichts! Das ist nicht ihr Land. Es gehört uns, klar? Und was darauf ist, gehört ebenfalls uns, kapiert? Die Banken leihen uns kein Geld, wenn wir ihnen heilige Stätten als Sicherheit bieten. Der Pachtvertrag ist das, was zählt. Wir müssen in dieser Sache zusammenhalten.« Er schüttelte sie heftig. »Zusammenhalten, ist das klar? Und jetzt muss ich einen Anruf machen.«
Das Lager der Archäologen bestand aus wenig mehr als einem halben Dutzend Zelten und einer großen blauen Plastikplane über dem Kochbereich, in dem auch ein paar Stühle um eine aufgebockte Tischplatte herum standen.
Unter einer weiteren, an Ästen befestigten Plastikplane befanden sich zwei Tische mit Klemmbrettern, Kunstgegenständen, Gesteinsbröckchen, kleinen Schachteln und Plastikbeuteln voller Proben – Erde, Ocker, Bruchstücke und Fragmente. Die drei Wissenschaftler, zwei Männer und eine Frau, ließen ihre Arbeit liegen, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Während man Vorbereitungen für das Mittagessen traf, breitete Michael de Witt eine Auswahl kleiner Steine, Quarz- und Sandsteinbrocken aus sowie Holzkohle und Ockerteilchen
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