Im Licht der roten Erde
in der Gegend war und immer noch den Schlüssel hatte, habe er beschlossen, seiner ehemaligen Geliebten einen Besuch abzustatten. Er habe an die Tür geklopft, und als niemand öffnete, habe er sich mit seinem Schlüssel Zugang verschafft. Als er merkte, dass sie aufgewacht war, habe er sich ihr sofort zu erkennen gegeben.
»Haben Sie damit gerechnet, dass sie erschrecken würde?«
»Nein, eigentlich nicht. Nicht als sie wusste, dass ich es bin.«
»Hat sie gekreischt oder geschrien?«
»Nein.«
»Waren Sie erregt, als Sie ihren nackten Körper gesehen haben?«
Barwon zögerte ein wenig, verlegen über die Unverblümtheit der völlig unbewegt gestellten Frage der jungen Rechtsanwältin. »Ja, selbstverständlich. Das ist doch nur natürlich.«
»Sie haben sich mehrere Male geküsst?«
»Ja.«
»Und als Sie in die Küche gegangen sind, nackt, dachten Sie, sie würde Sie mit offenen Armen empfangen?«
»Ich war mir nicht sicher. Ich wusste, dass Sie immer noch Gefühle für mich hatte.«
»Sind Sie über sie hergefallen?«
»Auf gar keinen Fall. Ich bin nicht über sie hergefallen.«
»Haben Sie sie beschimpft?«
»Ich habe geflucht, überwiegend aus dem Schock heraus. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie mit dem Messer nach mir stechen würde. An diesen Teil kann ich mich nicht so gut erinnern. Ich habe geblutet.«
»Sie waren betrunken, stimmt das?«
»Nun, ja. Aber nicht stockbesoffen, wenn Sie wissen, was ich meine. Nur betrunken.«
Susan unterdrückte ein Lächeln. »Danke, Mr. Barwon.«
Der Staatsanwalt stellte fest, dass ihm ein riesiges Loch in die Beweisführung gerissen worden war. Die Klägerin hatte sich im Kreuzverhör nicht besonders gut geschlagen, und der Angeklagte machte einen durchaus vernünftigen Eindruck. Auch nachdem er ihn kurz ins Kreuzverhör genommen hatte, sah der Vorfall eher nach einer klassischen häuslichen Auseinandersetzung aus als nach einer geplanten Vergewaltigung.
Nachdem der Staatsanwalt als Vertreter der Anklage sein Plädoyer vorgetragen hatte, erhob sich Susan, um sich ihrerseits an den Richter zu wenden.
Sie schloss ihr Plädoyer mit den Worten: »Euer Ehren, wie wir heute gehört haben, war mein Mandant dem vermeintlichen Opfer gegenüber jederzeit freundlich gesinnt. Er hatte nie die Absicht, Shirley Bisson zu erschrecken oder ihr gar Schaden zuzufügen, dennoch hat er sein Bedauern über sein Handeln zum Ausdruck gebracht. Außerdem hat er sich in den vergangenen Monaten seit ihrer Trennung stets von ihr ferngehalten.«
Der Staatsanwalt hatte in seinem Resümee nach allen Kräften versucht, Barwon als Verbrecher erster Güte darzustellen, doch Susan hatte den Vorfall herabgespielt, auf die labile psychische Verfassung des Opfers hingewiesen und den Spieß umgedreht: Zu guter Letzt war ihrem Mandanten Gewalt angetan worden, nicht der Klägerin.
Susan und der Staatsanwalt erhoben sich, als der Richter seine Brille zurechtrückte und das Wort an sie richtete. »Um im vorliegenden Fall ein Urteil im Sinne der Anklage sprechen zu können, muss ich über jeden rechtlichen Zweifel erhaben sein. Nachdem mir die Beweisführung vorgetragen wurde und ich die Gelegenheit hatte, sowohl die Klägerin als auch den Angeklagten im Kreuzverhör zu erleben, spüre ich jedoch Zweifel, und diese Zweifel gehen zugunsten des Angeklagten, so dass ich die Klage abweise.«
Barwon stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und lächelte Susan an.
Alle standen auf und deuteten eine Verbeugung vor der Richterbank an, bevor sie sich umdrehten und den Gerichtssaal verließen.
Barwon und Susan traten als Erste aus dem Gebäude, doch an der Tür zögerte Barwon und wartete auf Shirley. Einen Augenblick lang blickten sie einander an, dann sagte er leise: »Ich hatte nie die Absicht, dich zu verletzen.«
»Ich auch nicht.«
»Viel Glück, Shirley.«
»Ich hoffe, du findest deine Familie.«
Sie wandte sich ab, als die Fotografen und Reporter anfingen, sich um Barwon zu scharen.
Sogleich war Beth neben ihm, hakte ihn unter und führte ihn zu Susan, ohne auf die Fragen der Reporter einzugehen, die den ehemaligen Fernsehmoderator dazu drängten, ein Statement abzugeben. »Lassen Sie uns feiern«, sagte sie. »Mir nach zum nächsten Coffeeshop.«
[home]
Ardjani
E r setzte sich mit gekreuzten Beinen vor das Lagerfeuer der vergangenen Nacht und bröselte trockenes Gras auf die schwach glimmenden Kohlen unter der heißen Asche. Sie fingen Feuer, und er blies behutsam,
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