Im Licht der roten Erde
wiedersehen möchten?«
»Ja.«
»Hat er nach seinem Auszug Kontakt zu Ihnen aufgenommen?«
»Nein.«
»Haben Sie damit gerechnet, dass er jemals zurückkommen würde?«
»Nein.«
»Dann war es also eine totale Überraschung für Sie, ihn in der fraglichen Nacht in Ihrem Apartment vorzufinden?«
»Ja.«
»Hatten Sie Angst?«
Barwon flüsterte Susan etwas zu, und diese Bewegung schien die Zeugin abzulenken. Sie warf einen verstohlenen Blick in seine Richtung, dann blickte sie wieder auf ihre Hände, die das Taschentuch zwirbelten. Sie hörte, wie der Staatsanwalt seine Frage wiederholte.
»Hatten Sie Angst, Mrs. Bisson?«
Shirley Bisson blickte auf, ein nervöses Zucken im Augenwinkel, das Gesicht angespannt. »Ja, ich hatte Angst.«
»Hat er versucht, Sie zum Geschlechtsverkehr mit ihm zu bewegen?«
»Ja.«
»Und Sie sind in die Küche gelaufen und haben ein Messer geholt?«
Susan sprang auf. »Einspruch! Sie beeinflussen die Klägerin.«
»Die Frage ist zulässig, bitte fahren Sie fort.«
»Warum? Warum haben Sie ein Messer geholt?«
»Um mich selbst zu schützen.«
»Wovor hatten Sie in diesem Moment Angst?«
»Dass er mich vergewaltigen könnte. Oder verletzen.«
»Ist er Ihnen gefolgt?«
»Ja.«
»Was hatte er an, als er die Küche betrat?«
»Er war nackt.« Bevor der Staatsanwalt die nächste Frage stellen konnte, fügte sie ein Detail hinzu, das für leises Gelächter im Saal sorgte. »Bis auf seine Socken. Er trug noch seine Socken.«
Der Staatsanwalt holte tief Luft. »Seine Socken. Gut. Was ist dann passiert?«
»Er hat versucht, mich zu packen, und ich habe mit dem Messer nach ihm gestochen. Ich wollte ihn wegjagen.«
»Ist Ihnen das gelungen?«
»Ja. Er ist aus der Wohnung gerannt.«
»Hat er vorher noch etwas gesagt?«
Wieder hielt sie inne und blickte auf ihre Hände. »Ich glaube, er hat geflucht.«
»Er hat Sie beschimpft?«
»Ja … ich denke schon.« Sie zögerte, dann sagte sie leise: »Ich kann mich nicht erinnern.«
Der Staatsanwalt zog eine Augenbraue hoch. »Was haben Sie dann getan?«
»Ich habe die Polizei angerufen und geschildert, was passiert ist.«
Susan machte sich die ganze Zeit über Notizen und behielt Shirley Bisson gleichzeitig so genau wie möglich im Blick. Sie analysierte jede noch so kleine Bewegung, jedes Zögern in ihren Antworten, jede Veränderung ihres Gesichtsausdrucks. Es war eine Erleichterung, als sie den Richter sagen hörte: »Sie können die Klägerin ins Kreuzverhör nehmen, Miss Massey.«
Jetzt waren eine andere Art von Aufmerksamkeit und andere Fertigkeiten gefordert, und sie genoss den Augenblick. Sie war überzeugt, dass Shirley Bisson nicht die Wahrheit sagte oder im besten Falle an einem sehr schlechten Gedächtnis litt. Ihre Aufgabe war es, sie dazu zu bringen, dass sie nervös wurde und sich selbst widersprach, Brüche in ihrer Aussage aufzuzeigen und so Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit zu säen.
Susan erhob sich und blickte Shirley Bisson an. Sie sah Sorge in deren Augen aufblitzen und sogar einen Anflug von Verlegenheit. Susan lächelte sie beruhigend an. »Ich kann mir vorstellen, wie unangenehm Ihnen all das ist.«
Der Richter blickte über seine Brillengläser. »Haben Sie spezielle Fragen an die Klägerin, Miss Massey?« In seiner Stimme schwang Tadel mit, doch Susan blieb unbeeindruckt. Es war ihr gelungen, die Zeugin zu verunsichern.
»Haben Sie Nigel Barwon geliebt?« Sie betonte das Wort »geliebt«. Die Wirkung auf Shirley Bisson war dramatisch. Sie rang nach Worten.
»Nun, haben Sie ihn geliebt? Haben Sie Nigel Barwon tief und innig geliebt?«, drängte Susan mit einer Stimme, die eine unverzügliche Antwort verlangte.
»Ja«, flüsterte Shirley. »Zu einem bestimmten Zeitpunkt schon. Ja.«
»Bitte sprechen Sie lauter, Mrs. Bisson«, schaltete sich der Richter ein.
»Und wie lange haben Sie in Ihrem Apartment in der Darling Point Road im Vorort Darling Point zusammengelebt?«
»Etwas über ein Jahr.«
»Und Sie und Nigel Barwon sind in jener Zeit gemeinsam bei öffentlichen und privaten Anlässen aufgetreten?«
»Ja.«
»Sie waren ein Liebespaar?«
»Ja.«
»Gab es während dieser Zeit des Zusammenlebens irgendwelche ernsthaften häuslichen Auseinandersetzungen, Handgreiflichkeiten oder sonstige Zwischenfälle?«
Sie überlegte einen Augenblick. »Nein. Nicht wirklich.«
»Dann hatten Sie also nie Anlass, sich von Mr. Barwon bedroht zu fühlen?«
»Zu jener Zeit nicht.«
»Selbst
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