Im Licht der roten Erde
nachdem Ihre Beziehung auseinandergegangen war, haben Sie nie Sorge gehabt, er könne Ihnen Schaden zufügen?«
»Ich denke nicht …«
»Dann haben Sie also zu keinem Zeitpunkt befürchtet, er könne Ihnen etwas antun. Waren Sie damit einverstanden, getrennte Wege zu gehen, als er Ihnen mitteilte, er wolle nach Westaustralien zurückkehren, um nach der Familie seiner Mutter zu suchen?«
»Nun, auf gewisse Weise … ich …«
»Beantworten Sie einfach die Frage.«
»Ich schätze schon.«
»Bedeutet das ja?«
Shirley Bisson nickte, und der Richter, der sich Notizen machte, wandte sich ihr zu. »Bitte geben Sie eine vernehmbare Antwort, Mrs. Bisson.«
»Ja.«
»Als Nigel Barwon ausgezogen ist, haben Sie ihm gestattet, all seine Habseligkeiten mitzunehmen, einschließlich der vielen Geschenke, die Sie ihm gemacht haben?«
»Ja.«
»Sie haben ihm sogar mehrere Tage Zeit gegeben, seine Sachen auszuräumen, und ihm gestattet, seinen eigenen Schlüssel zu benutzen. Ist das richtig?«
»Ja.«
»Haben Sie den Schlüssel je zurückverlangt?«
»Ich habe vergessen, dass …«
»Beantworten Sie bitte einfach die Frage, ja oder nein«, fiel ihr Susan schnell ins Wort.
»Nein, ich habe den Schlüssel nicht zurückverlangt.«
»Haben Sie in jener fraglichen Nacht nackt geschlafen?«
Wieder war die Frau verlegen und zögerte einen Augenblick. »Ja.«
»Obwohl nicht viel Licht im Schlafzimmer war, haben Sie ihn sofort erkannt, als er hereingekommen ist?«
»Ja.«
»Hätten Sie nicht Barwon erkannt, wären Sie vermutlich richtig erschrocken.«
»Ja, das wäre ich wohl.«
»Sie haben also eine gewisse Erleichterung verspürt, als Sie Barwon erkannten?«
Die Klägerin warf dem Staatsanwalt einen raschen Blick zu, beinahe als würde sie ihn um Hilfe bitten. Dann stotterte sie: »Ja, aber ich war immer noch … erschrocken.«
»Waren Sie wütend?«
»Ja.«
»Ach«, sagte Susan betont. »Wütend und erschrocken. Waren Sie eher wütend als erschrocken?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Shirley, offensichtlich durcheinander. »Ich weiß es nicht.«
»Aber Sie sind nicht sofort in die Küche gerannt, mein Mandant hat sich auf Ihr Bett gesetzt, und Sie haben miteinander geredet, ist das richtig?«
»Ja.«
»Sind Sie unter der Decke hervorgekommen?«
»Ja.«
»Dann saßen Sie also da, nackt, auf dem Bett, und unterhielten sich mit Ihrem Ex-Liebhaber, richtig?«
»Ich weiß nicht, ob man das ›unterhalten‹ nennen kann. Wir haben gestritten.«
»Gestritten? Worüber?«
»Er wollte mit mir schlafen.«
»Er hat Sie darum gebeten?«
»Nun … mehr oder weniger.«
»Mehr oder weniger …«, wiederholte Susan und beugte sich nach unten, um sich – unnötigerweise – einen Vermerk auf ihrem Notizblock zu machen.
Dann blickte sie Shirley einen Augenblick schweigend an, bis sie spürte, dass der richtige Zeitpunkt gekommen war. »Mein Mandant hat Sie geküsst?«
»Ja.«
»Mehrere Male?«
»Ja.«
»Und Sie sind sofort in die Küche gelaufen?«
»Nein. Erst etwas später.«
»Wann?«
»Als er anfing, seine Kleidung abzulegen.«
»Wie lange hat es gedauert, bis Sie aus dem Schlafzimmer gerannt sind?«
»Ich weiß es nicht.«
»Eine Minute, zwei Minuten, drei Minuten, fünf Minuten … Sie müssen doch irgendeine Vorstellung haben.«
»Nein. Ich hatte mein Zeitgefühl verloren.«
Wieder notierte Susan bedächtig etwas auf ihrem Block und wiederholte langsam die Worte der Klägerin … »Nein. Ich hatte mein Zeitgefühl verloren.«
»Lassen Sie mich Ihre Angaben zusammenfassen, Mrs. Bisson, und sagen Sie mir, ob ich mir das richtige Bild mache. Sie beide saßen auf dem Bett, Sie waren nackt, und Sie haben sich geküsst, bis Sie Ihr Zeitgefühl verloren haben. Als mein Mandant anfing, sich auszuziehen, sind Sie in die Küche gerannt. Ist das richtig?«
Der Staatsanwalt sprang auf. »Einspruch.«
»Einspruch stattgegeben«, sagte der Richter. »Irgendwelche weiteren Fragen, Miss Massey?«
»Nein, Euer Ehren.«
»Möchten Sie die Klägerin erneut vernehmen, Herr Staatsanwalt?«
»Nein, Sir, die Staatsanwaltschaft hat keine weiteren Fragen.«
»Nun, Miss Massey«, sagte der Richter, »meines Erachtens handelt es sich um einen glaubhaft gemachten Sachverhalt, möchten Sie weitere Zeugen aufrufen?«
»Ja, Sir, ich rufe Nigel Barwon in den Zeugenstand.«
Sie schleuste ihn durch seine Version der Geschichte, dass er ein paar Gläser getrunken und sich einsam gefühlt habe, und da er
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