Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
unschuldige, hilflose Opfer.«
»Du bist also Polizistin geworden«, sagte er, »weil du es dir zur Aufgabe gemacht hast, die Unschuldigen und die Hilflosen zu schützen, so wie andere einst nicht beschützt wurden.«
Sie wollte etwas sagen, dann atmete sie nur tief durch. »Man braucht kein Superheld zu sein, um auf Three Sisters Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten.«
»Aber darum geht es nicht, nicht wahr? Du betätigst dich als Beschützerin, Mia sorgt für Information und Bildung – mit ihren Büchern –, und Nell sorgt für Nahrung. Ihr alle habt es euch zur Aufgabe gemacht, zu tun, was ihr könnt, um alte Wunden zu heilen. Um für einen Ausgleich zu sorgen.«
»Das ist alles ein bisschen zu hoch für mich.«
Mac lächelte, strich ihr sanft mit der Hand übers Haar, bevor er sich bückte, um Kabel einzustöpseln.
Seine Geste – so schlicht und doch so liebevoll – bewirkte, dass sich jeder Muskel in ihrem Körper entspannte.
»Bist du schon einmal hypnotisiert worden?«
Genauso wie seine Frage bewirkte, dass sich ihre sämtlichen Muskeln abrupt wieder verkrampften. »Nein. Wieso?«
Er warf ihr einen Blick zu. Flüchtig, beiläufig. »Ich würde es gerne mal versuchen. Ich bin ausgebildeter Hypnotiseur und als solcher zugelassen.«
»Du hast diesen Mumpitz aber nicht bei Nell ausprobiert, oder?«
»Den Ausdruck ›Mumpitz‹ will ich überhört haben. Nein, ich habe bei Nell keine Hypnose angewandt. Ich wollte es
nicht übertreiben. Aber wir beide, du und ich, haben eine andere Beziehung und – das denke ich doch zumindest – ein ganz anderes Vertrauensverhältnis. Ich würde nichts tun, was dir in irgendeiner Weise schaden oder wehtun könnte.«
»Das weiß ich. Außerdem schätze ich, dass es bei mir wahrscheinlich sowieso nicht funktionieren würde«, erwiderte Ripley.
»Das ist ein Teil dessen, was ich gerne herausfinden würde. Es ist ein simpler Vorgang, der auf Entspannungstechniken beruht, und absolut ungefährlich.«
»Ich habe keine Angst …«
»Gut. Warum legst du dich nicht einfach hin?«
»Moment, warte mal.« Ripley fühlte Panik in sich aufwallen. »Wieso kannst du nicht einfach die gleichen Tests mit mir machen, die du vorhin mit Nell gemacht hast?«
»Das werde ich auch tun. Ich möchte aber gerne noch ein paar zusätzliche Tests machen, wenn du dazu bereit bist. Zuerst einmal interessiert es mich, herauszufinden, ob dich deine Gabe mehr oder weniger empfänglich für Hypnose macht als andere Menschen. Und ob du – wenn man dich hypnotisieren kann – auch in diesem Zustand noch in der Lage bist, deine besonderen Kräfte zu demonstrieren.«
»Ist dir schon mal der Gedanke gekommen, dass ich in diesem Zustand vielleicht nicht mehr die absolute Kontrolle über meine Kräfte haben könnte?«
Mac nickte abgelenkt, während er Ripley sanft auf das Bett zurückdrückte. »Das wäre interessant, nicht?«
»Interessant? Herrgott noch mal! Du erinnerst dich doch sicher noch, wie Mia eines deiner kleinen Spielzeuge in Rauch hat aufgehen lassen, als sie sich nur ein kleines bisschen auf den Schlips getreten fühlte.«
»Das war cool! Aber sie hat ihre Kräfte nicht gebraucht, um mich zu verletzen«, erinnerte er sie. »Und das wirst du auch nicht tun. Ich werde dich jetzt einfach an das EKG-Gerät
und die anderen Apparate anschließen, okay? Ich habe dir ja schon erklärt, wofür sie sind.«
»Ja, ja.«
»Du müsstest aber deinen Pullover ausziehen.«
Ripley warf einen Blick auf die Videokamera, grinste süffisant. »Du und deine beknackten Kollegen, ihr zieht euch diese Videos wohl bei so genannten Herrenabenden rein, was?«
»Aber sicher. Es geht doch nichts über ein Video von einer halb nackten Frau, wenn man sich mal von öder, ermüdender Laborarbeit entspannen will.« Er küsste Ripley auf die Stirn, bevor er die erste Elektrode an ihrem Kopf anbrachte. »Aber dieses Band hier werden die anderen nicht zu sehen bekommen. Das werde ich in meiner privaten Schatzkammer aufbewahren.«
»Perversling.«
»Heißen Dank. Wird es dir auch nicht zu kalt ohne den Pullover?«
»Nein, nein, mir geht’s gut.«
Er begann seine Testreihe genauso, wie er es auch bei Nell gemacht hatte. Stellte Ripley zuerst ein paar beiläufige, unverfängliche Fragen, während er ihre Vitalsymptome überwachte und aufzeichnete. Die Messwerte veränderten sich leicht, als er sie bat, einen kleinen, einfachen Zauber zu praktizieren. Ängstlichkeit, dachte er. Ihr war offensichtlich nicht
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