Im Licht der Sterne: Roman (German Edition)
schimmern – sie hatte stets das Schwert bevorzugt.
Sie nickte bestätigend, als Mia die Kerzen mit einem Streichholz entzündete. Als sie gerade ihren Mund öffnete, um eine Frage zu stellen, bedeutete Mia ihr mit einem Blick, ruhig zu sein.
Fein, mach es nur auf deine Weise – wie gewöhnlich, dachte Ripley und behielt ihren Kommentar für sich.
»Erde, Wind, Feuer, Wasser, Elemente hört den Ruf eurer Töchter. Während der Mond am Himmel steht, in den magischen Kreis hineinweht.«
Den Kopf zurückgeworfen, die Arme erhoben, wartete Mia. Und der Wind erhob sich singend, die Kerzenflammen standen aufrecht, trotz des summenden Luftzugs. Unter ihren Füßen bebte die Erde leicht, und in ihrem Hexenkessel begann eine durchsichtige Flüssigkeit zu brodeln.
Als Mia ihre Arme senkte, erstarb alles auf der Stelle und war wie vorher.
Nell hatte atemlos staunend zugeschaut. Während der vergangenen Monate hatte sie Fantastisches gesehen, getan und erzählt bekommen. Aber eine derartig lebendige Demonstration hatte sie bisher noch nicht erlebt.
»Die Macht wartet«, sagte Mia zu ihr und streckte eine Hand aus.
Als Nell sie ergriff, war Mias Haut warm, nahezu heiß.
»Sie wartet in dir. Deine Verbindung ist die Luft, und sie anzurufen fällt dir leicht. Aber es sind vier. Heute Nacht musst du das Feuer rufen.«
»Für Samhain, ja. Aber wir haben gar kein Holz.«
Für einen Augenblick huschte ein Lächeln über Mias Gesicht, als sie zurücktrat. »Wir brauchen keins. Konzentrier dich. Öffne dein Bewusstsein. Dieses Feuer brennt nicht. Dieses
Feuer schadet nicht. Es ist ein Licht in dunkler Nacht und brennt allein durch Zauberkraft. Wenn du seine goldene Flamme schaffst, kennst du deine Stärke und deine Macht. Und einmal begonnen, allem Schaden entronnen.«
»Es ist zu früh für sie«, kommentierte Ripley, die außerhalb des Kreises stand.
»Still. Misch dich nicht ein. Sieh mich an, Nell. Du kannst mir vertrauen und dir selbst.« Ihre Augen waren tiefe dunkle Teiche, voller Geheimnisse. »Beobachte. Sieh hin.«
»Ihr müsst es ja wissen«, murmelte Ripley und trat noch einen Schritt zurück, nur für alle Fälle.
Mia öffnete ihre Hände, leere Hände. Spreizte ihre Finger. Sie bewegte sie, streckte ihre Arme weit aus, als wollte sie etwas ergreifen. Da war ein blauer Funke, wie Elektrizität. Dann noch einer, ein Dutzend, dann unzählige. Sie knisterten wie Feuer auf Wasser, färbten die Luft im Kreis saphirblau. Und da, wo vorher nackte Erde war, erhob sich eine helle, goldene Feuersäule.
Nell knickten ohne jede Vorwarnung einfach die Beine weg, und es gab ein dumpfes Geräusch, als ihr Kopf auf dem Boden aufschlug. Sie war unfähig, auch nur einen einzigen ihrer wirren Gedanken, die ihr durch den Kopf schossen, zu äußern, es hatte ihr schlicht die Sprache verschlagen.
»Ich hab’s dir ja gesagt.« Ripley seufzte, schüttelte den Kopf.
»Still!« Mia wendete sich ab vom Feuer und streckte Nell ihre Hand hin, um ihr hochzuhelfen. »Du hast mich schon oft zaubern sehen, kleine Schwester. Du hast selber schon gezaubert.«
»Aber nicht so.«
»Es gehört zu den Grundkenntnissen.«
»Grundkenntnisse.« Sie schaffte es mit einiger Mühe zu lachen. »Mia, wirklich. Du hast Feuer gemacht. Aus absolut nichts.«
»Was sie meint ist, man kann es vergleichen mit verlorener Unschuld. Es ist eine Art Schock«, sprang Ripley ihr erklärend zur Seite. »Es ist möglicherweise weniger erfreulich, als du beim ersten Mal hier vermutet hast, aber nach einer Weile gewöhnst du dich daran.«
»So ungefähr.« Mia lächelte beinahe.
»Jedem werden irgendwann die Augen geöffnet.«
»Und häufig auf sehr unschöne Weise«, fügte Mia hinzu. »Konzentrier dich, Nell. Du weißt, wie. Öffne dich. Stell es dir vor, sammle deine Kräfte. Entzünde dein Feuer.«
»Ich kann es wahrscheinlich …«
Mia unterbrach sie mit erhobener Hand. »Wie willst du es wissen, bevor du es nicht ausprobiert hast? Konzentrier dich.« Sie trat hinter Nell, legte ihre Hände auf ihre Schultern. »In dir ist Licht und Hitze und Energie. Du weißt es. Füge es zusammen. Fühle es. Es ist wie ein Klingeln im Bauch, das sich zum Herzen erhebt. Es breitet sich aus, erfüllt dich.«
Sachte legte sie ihre Hände unter Nells Arme und hob sie an. »Es fließt unter deiner Haut wie ein Fluss, fließt durch deine Arme in deine Fingerspitzen. Lass es kommen. Jetzt.«
Während sie arbeiteten, beobachte Ripley sie. Es lag etwas sehr Schönes
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