Im Licht der Sterne: Roman (German Edition)
nicht.
Die Dunkelheit wurde von einem schwachen Licht gemildert. Über den ganzen Horizont erstreckte sich ein nadeldünner und heller Lichtschwaden, und im Westen war der Himmel rosa getüncht. Es war Ebbe, und der Sand war dunkel, feucht und schön kühl unter ihren Füßen. Die Wellen hatten ihn geformt, und Wasservögel mit Stelzenbeinen und langen Schnäbeln pickten nach ihrem Abendbrot.
Es gab noch mehr Strandspaziergänger. Meistens Pärchen, wie Nell bemerkte. Hand in Hand oder Arm in Arm. Als Vorsichtsmaßnahme steckte sie die eine Hand in ihre Hosentasche und hielt, nachdem sie ihre Schuhe ausgezogen und ihre Hose hochgekrempelt hatte, die Sandaletten in der anderen.
Hier und da waren Holzpaletten und angeschwemmtes Holz aufgeschichtet für die Sonnenwend-Lagerfeuer. Sie grübelte, wie es wohl wäre, in der Nähe der Flammen zu sitzen, mit einer Gruppe von Freunden. Sich zu unterhalten, zu lachen.
»Ich habe Sie noch nie reingehen sehen.«
»Reingehen?«
»Ins Wasser«, erklärte Zack.
Sie besaß keinen Badeanzug, wollte das ihm gegenüber aber nicht zugeben. »Ich bin gewatet, ab und zu.«
»Können Sie nicht schwimmen?«
»Natürlich kann ich schwimmen.«
»Dann los.«
Er ergriff sie so schnell, dass ihr die Schuhe aus der Hand fielen und ihr Herz fast stehen blieb. Sie konnte weder atmen, geschweige denn schreien. Bevor sie von Panik überschwemmt wurde, war sie schon im Wasser.
Zack lachte, stellte sich schützend vor sie und eine reinrollende Welle. Sie verlor trotzdem den Halt unter ihren Füßen, glitt weg, überschlug sich, aber er umfasste einfach ihre Taille und richtete sie wieder auf.
»Man kann nicht auf den Drei Schwestern leben, ohne getauft worden zu sein.« Er warf sein nasses Haar zurück und zog sie weiter nach draußen.
»Es ist kalt.«
»Heilsam«, korrigierte er sie. »Ihr Blut ist noch zu dünn. Hier kommt eine ziemlich große. Halten Sie sich lieber an mir fest.«
»Ich möchte nicht …« Was auch immer sie wollte oder nicht, die See hatte ihre eigenen Vorstellungen. Die Welle traf sie, hob sie von den Füßen. Ihre Beine wickelten sich um seine, und sie hatte Salz in den Augen.
»Idiot.« Aber sie musste lachen. Die Luft war kühl, und sie tauchte wieder bis zum Hals unter. »Ein Sheriff sollte mehr Verstand haben, als voll bekleidet im Ozean zu toben.«
»Ich hätte mich ausgezogen, aber dafür kennen wir uns noch nicht lange genug.« Er legte sich auf den Rücken, ließ sich treiben. »Die ersten Sterne kommen heraus. Nichts ist schöner. Nichts auf der Welt könnte schöner sein. Komm, Nell.«
Die See schaukelte sie, sie fühlte sich schwerelos, als sie beobachtete, wie sich das Licht am Himmel veränderte. Je dunkler es wurde, desto mehr Sterne wurden lebendig.
»Es stimmt, es gibt nichts Schöneres. Aber es ist immer noch kalt.«
»Nur ein Winter auf der Insel, und das Blut ist dick genug.« Er nahm ihre Hand, eine ruhige Verbindung, als sie
eine Armlänge voneinander entfernt auf dem Meer drifteten. »Ich war nie länger als drei Monate hintereinander nicht auf der Insel – und zwar, als ich auf dem College war. Nach drei Jahren konnte ich es nicht mehr aushalten. Ich wusste sowieso, was ich wollte. Und das habe ich auch gekriegt.«
Die sanfte Bewegung des Wassers, der Anblick des Himmels. Der ruhige Strom seiner Stimme, die aus der Dunkelheit kam.
»Es hat was mit Zauberei zu tun, nicht wahr?« Sie seufzte, fühlte sich wunderbar leicht, als die kühle, feuchte Brise ihr Gesicht streichelte. »Zu wissen, was man will – es einfach zu wissen. Und es zu bekommen.«
»Zauberei schadet nicht. Arbeit hilft. Und Geduld und jede Menge anderer Dinge.«
»Ich weiß jetzt, was ich will, und ich werde es bekommen.« Sie schloss ihre Augen, während sie dahinschaukelte »Für mich ist es Zauberei.«
»Die Insel hatte noch nie Mangel an dieser Art von Dingen. Kommt wahrscheinlich daher, dass sie von Hexen gegründet wurde, nehme ich an.«
Sie öffnete so abrupt ihre Augen, dass ihr Körperreflex sie unter Wasser gezogen hätte, wenn er ihre Bewegung nicht abgefangen hätte. »Glauben Sie an solche Dinge?«
»Warum sollte ich das nicht? Die Dinge sind, wie sie sind, ob man daran glaubt oder nicht. Letzte Nacht waren Lichter am Himmel, und es waren keine Sterne. Man kann es betrachten, wie man will, aber sie waren trotzdem da.«
Er suchte wieder Halt mit seinen Füßen und hob sie empor, bis sie ihm gegenüberstand, im hüfthohen Wasser. Es war tiefe Nacht
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