Im Licht der Sterne: Roman (German Edition)
während er die Teller aufnahm und ihr die Tür aufhielt. »Ich habe die feste Absicht, Sie wieder zu berühren. Noch oft. Vielleicht könnten Sie sich langsam mit dem Gedanken vertraut machen.«
»Ich mag nicht manipuliert werden.«
»Etwas in der Art hatte ich auch nicht im Sinn.« Er ging zum Tisch, setzte die Kuchenteller ab und nahm Platz. »Obgleich gegenseitige Manipulation auch zu durchaus befriedigenden Ergebnissen führen kann. Ich hinterlasse keine Zeichen, Nell. Ich benutze bei Frauen meine Hände nicht auf solche Weise.«
Sie senkte ihren Blick so tief, dass nicht einmal die Kerze ihre Augen beleuchten konnte. »Ich werde nicht darüber sprechen.«
»Ich habe auch nicht darum gebeten. Ich spreche von mir und Ihnen und darüber, wie sich die Dinge jetzt entwickeln.«
»Die Dinge entwickeln sich nicht – überhaupt nicht.«
»Aber das werden sie tun.« Er nahm eine Gabel voll Kuchen und probierte ihn. »Gott, Weib, wenn Sie diesen hier öffentlich anbieten, werden Sie innerhalb von sechs Monaten Millionärin sein.«
»Ich brauche nicht reich zu sein.«
»Verstehe.« Er beobachtete sie, aß dabei weiter. »So habe ich das auch nicht gemeint. Sehen Sie, einige Männer suchen eine Frau, die sich duckt, sich beherrschen lässt, was auch immer.« Er zuckte mit den Schultern, spießte eine dicke Erdbeere auf. »Ich frage mich, warum. Das wird doch ganz schnell für beide Parteien langweilig. Keine Funken mehr, wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Ich brauche auch keine Funken.«
»Jeder Mensch braucht welche. Natürlich kann man es auch übertreiben, was dann zu Ermüdungserscheinungen führt.« Er warf ihr ein leichtes Lächeln zu, und etwas sagte ihr, dass er ein Mann war, der immer wieder Funken entfachen könnte und von dem eine Frau nicht so bald genug hätte.
»Wenn es nicht ab und zu funkt«, fuhr er fort, »vermisst man das dadurch entstehende Feuerwerk. Wenn Sie ohne Gewürze kochen, kommt dabei etwas heraus, was man zwar essen kann, was aber nicht schmeckt.«
»Das ist sehr clever. Aber es gibt Menschen, die gesünder leben mit einer strengen Diät.«
»Mein Großonkel Frank.« Zack gestikulierte mit seiner Gabel, bevor er sie wieder in seinen Kuchen versenkte. »Magengeschwüre. Einige behaupten, die hätte er durch pure
Boshaftigkeit bekommen, aber das ist schwer zu beweisen. Er war ein dickköpfiger, geiziger Yankee. Nie verheiratet gewesen. Er zog es vor, statt einer Frau seine Kassenbücher mit ins Bett zu nehmen. Er wurde achtundneunzig.«
»Und die Moral dieser Geschichte?«
»Oh, ich dachte dabei nicht an Moral. Nur an Großonkel Frank. Wir gingen jeden dritten Sonntag zu meiner Großmutter zum Mittagessen, als ich ein kleiner Junge war. Sie machte den verdammt besten Rinderbraten – den mit den kleinen Kartoffeln und Karotten drumherum, wissen Sie? Meine Mutter hat leider nicht Grans Talent geerbt, was vor allem den Rinderbraten angeht. Egal, jedenfalls war es so, dass wir alle uns auf den Braten stürzten und uns die Bäuche vollschlugen, während Großonkel Frank daneben saß und Reispudding aß. Ich habe mich höllisch vor diesem Mann gefürchtet. Noch immer kann ich keine Schüssel mit Reispudding anschauen, ohne sofort mit Zittern anzufangen.«
Es musste Zauberei sein, beschloss sie gerade, dass man sich derartig wohl fühlte in seiner Gesellschaft. »Ich glaube, dass Sie schrecklich übertreiben.«
»Nicht ein einziges Wort. Sie können ihn sich ansehen in der Registratur unserer Methodistenkirche. Francis Morris Bigelow. Gran hat einen Ripley geheiratet, war aber eine geborene Bigelow und Franks ältere Schwester. Sie hat noch ihren hundertsten Geburtstag erlebt. Wir leben alle lange in unserer Familie, deshalb gründen die meisten auch erst Mitte dreißig eine Familie.«
»Aha.« Da er seinen Kuchen vertilgt hatte, schob Nell ihm ihren rüber und war nicht im Mindesten überrascht, dass er ihn kommentarlos akzeptierte. »Ich habe immer gedacht, dass New England Yankees schweigsame Menschen sind. Eher vom Stamme der Einsilbigen.«
»In unserer Familie mögen wir uns gern unterhalten. Ripley kann kurz angebunden sein, aber sie hält von der
menschlichen Rasse insgesamt nicht übermäßig viel. Nell, dieses war das beste Essen, das ich hatte, seit dem Sonntagsrinderbraten meiner Gran.«
»Das ist das ultimative Kompliment.«
»Wir können es nur noch krönen durch einen Strandspaziergang.«
Ihr fiel kein Grund ein, nein zu sagen. Vielleicht wollte sie es auch gar
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