Im Licht der Sterne: Roman (German Edition)
Termin.«
»Ich möchte nicht, dass Sie jetzt an so etwas denken. Nell, Süße, Sie zittern ja.«
»Ich muss einfach nach Hause gehen.« Mit einem letzten ängstlichen Blick auf den Fernseher stürzte sie aus der Tür.
Sie zwang sich dazu, nicht zu rennen. Wer rannte, wurde von den Leuten bemerkt, die sich wunderten, Fragen stellten. Sich normal zu verhalten war lebenswichtig. So zu tun, als ob. Nichts tun, was Aufmerksamkeit erregt. Aber obgleich sie sich vornahm, langsam und gleichmäßig zu atmen, fing sie an zu keuchen und schnappte wie eine Ertrinkende nach Luft.
Glaubst du, dass ich dich gehen lasse?
Ihr brach der kalte Schweiß aus, und sie spürte, wie er ihr feucht runterrann, sie konnte ihre eigene Furcht riechen. Sie warf einen gehetzten Blick zurück, und im selben Augenblick, in dem sie ihre Haustür hinter sich zugeschlagen hatte, sprang die Übelkeit sie an wie ein wildes Tier.
Sie taumelte in ihr Badezimmer und musste sich schrecklich übergeben. Als sie nichts mehr in sich hatte, legte sie sich flach auf den Boden und wartete darauf, dass das Zittern nachließ.
Als sie wieder stehen konnte, zog sie sich aus, ließ ihre Kleidung einfach fallen und ging unter die Dusche. Sie duschte so heiß sie konnte, in der leisen Hoffnung, dass das heiße Wasser ihr inneres Eis zum Schmelzen bringen könnte.
Eingewickelt in ein Handtuch kroch sie in ihr Bett, zog sich die Decke über den Kopf und ließ sich ins Vergessen gleiten.
Diego tappte interessiert über die Bettdecke, streckte sich an ihrer Seite aus und lag dort still und lautlos wie ein Wächter.
Sie wusste nicht, wie lange sie geschlafen hatte, aber sie erwachte wie nach einer langen Krankheit, die ihren Körper schwer mitgenommen und einen empfindlichen Magen hinterlassen hatte. Sie war in Versuchung, sich einfach umzudrehen und weiter zu schlafen. Aber das würde nichts helfen.
Arbeit würde ihr gut tun, hatte ihr immer geholfen.
Sie setzte sich auf die Bettkante, testete wie eine alte Frau ihre Stabilität und Balance. Das Bild von Evans Gesicht stünde ihr wieder vor Augen, wenn sie es zuließe. Also schloss sie die Augen und ließ es zu.
Das war auch eine Art Test.
Sie konnte ihn betrachten, würde ihn betrachten. Sich an das erinnern, was war und was sich geändert hatte. Um mit dem umgehen zu können, was passiert war.
Sie hob den Kater auf ihren Schoß und streichelte ihn.
Sie war wieder weggelaufen. Nach beinahe einem Jahr hatte allein sein Gesicht auf einem Fernsehschirm sie dazu gebracht, blindlings zu flüchten. Hatte sie krank gemacht und jeden Millimeter ihrer hart erworbenen Rüstung zerfetzt, bis sie nur noch aus zitternder, bebender Panik bestand.
Weil sie es zugelassen hatte. Sie ließ es zu, dass er diese Macht über sie hatte. Niemand anders als sie selbst könnte das ändern. Sie hatte immerhin den Mut gehabt, wegzulaufen. Nun müsste sie den Mut finden, stehen zu bleiben.
Solange sie nicht ohne Furcht an ihn denken, seinen Namen aussprechen konnte, solange war sie nicht frei.
Sie stellte ihn sich vor, stellte sich vor, wie sie ihn durch ihren bloßen Willen vertrieb. »Evan Remington«, flüsterte sie. »Du kannst mich nicht mehr anfassen. Du kannst mir nicht mehr weh tun. Es gibt dich nicht mehr, und ich fange gerade ein neues Leben an.«
Die Anstrengung erschöpfte sie, aber sie setzte Diego ab und zwang sich dazu, aufzustehen und ein Sweatshirt und Shorts anzuziehen. Sie würde jetzt arbeiten, sie würde jetzt
ihr Menü entwerfen und alles durchkalkulieren. Es wurde höchste Zeit, in dem kleinen Schlafzimmer ein richtiges Büro einzurichten.
Wenn Gladys Macey einen Party-Koordinator wollte, dann sollte sie genau das bekommen.
Sie hatte den Ordner fallen gelassen, als sie ins Haus gestürzt war, und sammelte nun die herausgefallenen Notizen, Zeitschriftenartikel und sorgfältig abgeschriebenen Rezepte wieder ein. Sie trug alles in die Küche, ein bisschen überrascht, dass die Sonne immer noch schien.
Sie fühlte sich, als hätte sie Stunden geschlafen.
Die Küchenuhr sagte ihr, dass es gerade erst sechs war. Genug Zeit, dachte sie, das Macey-Büfett zu überdenken. Und genug Zeit, um sich eine kleine, übersichtliche Speisekarte und Service-Angebote auszudenken für das, was sie Schwester-Catering nennen würde.
Sie würde Mias Angebot betreffend des Computers annehmen und Handzettel und Visitenkarten entwerfen. Sie würde alles durchkalkulieren und eine ordentliche Buchführung installieren.
Keiner
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