Im Licht des Blutmondes
sah ihren Cousin fragend an, der sie ernst musterte.
„Wir müssen mit dir darüber sprechen, wie wir mit Scarlett verfahren werden“, erklärte er ruhig. „Und auch über das, was wir in Bezug auf Anderson entschieden haben.“ Wut stieg in Fayn auf, und ihre Sicht verzerrte sich kurz unter einem heftigen roten Nebel.
„Ich will, dass sie brennen“, fauchte sie. „Beide.“ Zacharias nickte verhalten und seufzte dann, ehe er seinen Mund öffnete, und ihr mitteilte, welchen Entschluss sie getroffen hatten, während sie bei ihrem Bruder gewesen war.
Sie ließ sich Zacharias‘ Worte lange durch den Kopf gehen und befand schließlich, dass sie eine gute Lösung gefunden hatten. Doch das Problem, wie mit Scarlett zu verfahren war, blieb.
„Bist du einverstanden?“, fragte Zacharias, nachdem es eine Weile still geblieben war. Fayn sah ihn an, und nickte dann.
„Solange die kleine Hexe brennt, soll es mir recht sein“, antwortete sie. Für gewöhnlich empfand sie keine Lust daran, Menschen zu quälen. Doch sie wollte Genugtuung, und es war Scarletts Verrat gewesen, der ihren Bruder und Joleen in den Tod geführt hatte.
„Wenn dies dein Wunsch ist, werden wir es so machen“, erklärte Zacharias ungerührt. Fayn bekam mit, wie Joleen nach Zacharias‘ Hand griff und ihre Augen sich erschrocken weiteten.
„Einwände Joleen?“, fragte Fayn und sah das Mädchen an. Joleen sah sie lange aus ihren großen, grünen Augen an, dann seufzte sie plötzlich und schüttelte ihren Kopf.
„Nein“, antwortete Joleen und ihre Stimme klang überraschend fest. „Nein, es ist dein Wunsch und ich stimme dem voll und ganz zu.“
***
J OLEEN
Sie war noch eine Weile gemeinsam mit Zach und Fayn bei Nikolas geblieben, um Abschied von ihm zu nehmen. Zachs Nähe war eine große Hilfe, denn es fiel ihr schwerer, als sie erwartet hätte.
Nun stand sie gemeinsam mit Zach in der Eingangshalle und genoss seine Umarmung.
„Ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich mich heute ständig verabschieden muss“, wisperte sie traurig und erschauderte dann. Zach legte seine Arme fester um sie und sie spürte seine Lippen im Haar.
„Es ist nicht leicht“, erwiderte Zach verständnisvoll. „Es ist eine schwere Zeit für uns alle.“ Joleen sah ein, dass er Recht hatte. Nicht nur sie hatte geliebte Personen zu betrauern. Auch er hatte seinen Cousin verloren. Sie hob den Kopf und sah in seine ernsten, grauen Augen.
„Wie fühlst du dich?“, fragte sie ihn flüsternd. Zachs Lippen verzogen sich zu einem sanften Lächeln.
„Solange ich dich in meinen Armen halte, bin ich der glücklichste Vampir unter dem Mond“, erwiderte er. Doch Joleen wollte ihn nicht so einfach davonkommen lassen.
„Ich meine, wie geht es dir wegen Nikolas?“, präzisierte sie ihre Frage. Auch wenn es ihr immer noch schwer fiel, sich für längere Zeit zu konzentrieren, es war ihr wichtig, dass sie auch für Zach da war.
„Er wird mir sehr fehlen“, erwiderte Zach ernsthaft. „Wir haben viele Jahrhunderte gemeinsam gelebt. Er wird eine große Lücke hinterlassen.“ Joleen entfuhr ein Seufzen und drückte ihn fester an sich.
„Wir werden das gemeinsam schaffen“, beschloss sie leise und drückte ihre Lippen sanft auf seine Wange, ehe sie sie weiter zu seinem Ohr wandern ließ. „Ich bin für dich da.“
Sie rückte ein Stück von ihm ab, damit sie ihm in seine Augen sehen konnte. Er wirkte nun ruhiger, nicht mehr ganz so untröstlich. Er zog sie wieder an sich und küsste sie sanft auf die Stirn.
„Willst du nun zu Lucia?“, fragte er. Sofort rückte Lucia in Joleens Denken nach vorne. Sie nickte kurz und löste sich dann ganz von ihm. Immer noch war sie erstaunt darüber, wie warm sich Zach nun anfühlte. Sie dachte an ihre erste Berührung, nachdem sie aufgewacht war, schmeckte sein Blut erneut auf ihrer Zunge und unwillkürlich wurden ihre Reißzähne länger.
„Bist du hungrig?“, fragte Zach, der es sofort bemerkte. Joleen dachte kurz über seine Frage nach und schüttelte dann ihren Kopf.
„Nicht wirklich.“ Dann lächelte sie verlegen und wartete darauf, dass ihr das Blut in ihre Wangen schoss, doch ihr wurde klar, dass es nicht passieren würde. „Ich habe nur gerade daran gedacht, wie dein Blut geschmeckt hat“, gestand sie. Zach lachte leise, legte seinen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich.
Sie fanden Lucia in der Küche, wo sie mit einem Glas frisch gepresstem Orangensaft am Tisch saß und mit verträumtem
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