Im Licht des Mondes: Roman (German Edition)
über die Schulter zu.
»Ich weiß. Ich bin froh darüber.«
»Vielleicht hast du doch etwas Verstand in deinem Erbsenhirn.« Mit einem kirschroten Kessel füllte sie Wasser in die Kaffeemaschine. »Wie auch immer, nachdem sie die Insel verlassen hatten, hat Mia mich gefragt, ob ich bei ihr leben wollte. Genug Platz war da. Aber ich mag mein Haus, und sie mag gern allein sein.«
Sie betrachtete ihn, während die Kaffeemaschine gurgelte und zischte. »Du willst sie überreden, dich bei ihr wohnen zu lassen.«
»Äh … darüber habe ich eigentlich noch nicht nachgedacht.«
»Hast dich nicht sehr geändert. Immer drei Schritte zurück, wenn’s drauf ankommt.«
»Und worauf kommt es an?«
»Dieses Mädchen«, sagte sie und bohrte ihm ihren Finger in die Brust, »mein Mädchen, möchte heiraten. Und sie möchte Kinder haben. Sie möchte einen Mann, mit dem sie ihr ganzes Leben teilen kann, mit dem sie durch dick und dünn gehen kann, und keinen, der blass wird, wenn das Wort Heirat auch nur erwähnt wird. So wie du gerade.«
»Heirat ist nicht die einzige ernsthafte Verbindung …«
»Glaubst du wirklich, dass du ihr diesen Bockmist verkaufen kannst, oder dir selber?«
»Viele Leute haben langjährige Beziehungen ohne legale Zeremonie. Mia und ich sind nicht gerade konservativ.«
Lulus schräger Blick gab ihm wieder das Gefühl, ein
Teenager zu sein, der Mia etwas zu spät nach Hause brachte. »Jedenfalls habe ich darüber noch nicht viel nachgedacht. Im Moment kann sie es nicht mal ertragen, wenn ich ihr sage, dass ich sie liebe.«
»Das ist eine nette Rede. Alles nur heiße Luft, hört sich aber gut an.«
»Was ist so wichtig an einer Heirat?«, fragte er. »Du bist zum Beispiel geschieden.«
»Da hast du mich erwischt.« Erheitert holte sie zwei witzige gelbe Becher aus dem Schrank. »Komische Sache das Leben. Es gibt einfach für nichts eine Garantie. Du musst für alles bezahlen. Du musst ihn schwarz trinken. Meine Milch ist schlecht geworden.«
»Ja.« Wieder total deprimiert, nahm Sam seinen Becher. »Meine auch.«
18
Sie hatte die Absicht, sich zu erholen, beim Shopping zu entspannen, sich einen faulen Tag in einem Wellness-Center zu gönnen. Sie hatte die Absicht, drei Tage und drei Nächte lang so wenig wie möglich nachzudenken. Sich auf ihr eigenes seelisches und körperliches Wohlbefinden zu konzentrieren.
Sie hatte nicht die Absicht, ihre Zeit damit zu verschwenden, sich Eintritt zu der staatlichen Institution zu verschaffen, in der Evan Remington einsaß.
Aber da sie es getan hatte, fiel es ihr nicht schwer, diesen Entschluss zu rationalisieren. Die Zeit war knapp geworden. Wenn das Schicksal sie zu Remington führte, würde sie dem Pfad folgen. Sie war nicht wirklich in Gefahr, und es gab die – wenn auch nur kleine – Möglichkeit, dass ihr Besuch sich positiv auswirken könnte.
Es war für sie keine Frage, dass es ihr gelänge, einen Besuchstermin bei ihm zu bekommen. Da waren Kräfte am Werk, die sich über die lächerlichen Sicherheitsmaßnahmen der Bürokratie hinwegsetzten. Und sie war ein Teil davon.
Sie sah ihn durch die dicke, extra verstärkte Sicherheitsscheibe an. Mia nahm genau wie er das Telefon in die Hand, durch das sie sich verständigen konnten.
»Mr Remington. Erinnern Sie sich an mich?«
»Hure.« Er stieß es lächelnd hervor.
»Ja, ich sehe, Sie tun es. Und die Monate hier drinnen haben Ihre Einstellung nicht verändert.«
»Ich bin bald draußen.«
»Ist es das, was er Ihnen erzählt?« Sie beugte sich ein wenig vor und behielt Remington genau im Auge. »Er lügt.«
Seine Wange begann nervös zu zucken. »Ich bin bald draußen«, wiederholte er. »Und du bist bald tot.«
»Wir haben ihn zweimal besiegt. Und erst vor wenigen Nächten ist er vor mir geflohen.« Jetzt lächelte sie. »Mit eingeklemmtem Schwanz. Hat er Ihnen das erzählt?«
»Ich weiß, was passieren wird. Ich habe es gesehen. Ich weiß, dass ihr alle schreien werdet. Kannst du es sehen?«
Einen Moment lang konnte sie es, reflektiert von dem Glas zwischen ihnen. Der schwarz kochende Sturm, die zuckenden Blitze, der brüllende Wirbelwind, als die See sich öffnete wie ein hungriges Maul und die ganze Insel verschluckte. »Er zeigt Ihnen seinen Wunsch, aber nicht die Realität.«
»Ich bekomme Helen.« Seine Stimme nahm einen verträumten Ton an wie bei einem Kind, das Verse repetiert. »Sie wird zu mir zurückkriechen. Sie wird für ihren Ungehorsam bezahlen, für ihren
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