Im Licht des Mondes: Roman (German Edition)
hat mich heute Morgen angerufen«, berichtete er.
»Aha.«
»Aha«, wiederholte Sam beißend. »Er ist unzufrieden mit meinen Unternehmungen. Das war mehr als deutlich. Ich würde zu viel Zeit und Geld in das Hotel stecken.«
»Es ist dein Hotel.«
»Das habe ich ihm auch gesagt. Mein Hotel, meine Zeit und mein Geld.« Sam rammte seine Hände in die Hosentaschen. »Ich hätte es mir genauso gut sparen können. Er sagte mir, dass meine finanziellen und beruflichen Entscheidungen unüberlegt wären und mir schadeten. Er ist sauer, dass ich meine Wohnung in New York verkauft habe, ärgert sich darüber, dass ich so viel Geld in die Renovierung des Hotels stecke, und es stört ihn, dass ich nicht persönlich an der Vorstandssitzung im Juni teilgenommen, sondern nur meine Vorschläge geschickt habe.«
Weil sie Mitleid mit ihm hatte, stand Mia auf und massierte seine verspannten Schultern. »Es tut mir leid. Es ist schwer, mit elterlicher Ablehnung umzugehen. Es ist gleichgültig, wie alt wir sind, es tut weh, wenn sie einen nicht verstehen.«
»Das Magick Inn ist unsere erste und älteste Immobilie. Er hat herausgefunden, wie ich sie ihm abgeluchst habe. Jetzt will er mir diesen Knochen unbedingt wieder entreißen.«
»Und du wirst ihn ganz bestimmt nicht wieder aus den Zähnen lassen.«
Er warf ihr einen zornigen Blick über die Schulter zu. »Verdammt richtig. Er hätte es schon vor Jahren an Fremde verkauft, wenn er nicht verpflichtet gewesen wäre, es in der Familie zu halten. Er hat es mir nur zu gern überlassen, aber jetzt hat er realisiert, dass ich beabsichtige, etwas Richtiges daraus zu machen, und das irritiert ihn. Es ist ein Stachel in seinem Fleisch. So wie ich.«
»Sam.« Sie legte kurz ihre Wange an seine Schulter. Und ganz kurz war sie wieder sechzehn und tröstete ihren unglücklichen und traurigen Liebsten. »Manchmal muss man einfach einen Schritt zurückgehen und die Dinge akzeptieren, wie sie sind.«
»Die Dinge akzeptieren, wie sie sind«, stimmte er zu und wandte sich um. »Das heißt, dass weder er noch meine Mutter jemals akzeptiert haben, was ich bin. Es wurde nicht einmal diskutiert – als wäre ich einfach irgendein Störfaktor.« Wütend, sowohl über die Tatsache, dass er sich wieder in diese Stimmung hatte versetzen lassen, als auch über den Anlass selbst, schlenderte er den Gartenpfad entlang, zu einer Laube, überwuchert von wildem Wein. »Es ist in seinem Blut ebenso wie in meinem.« Er sah, dass sie etwas sagen wollte, und unterbrach sich. »Was? Sag es bitte.«
»Nun gut. Es ist für ihn nicht das Gleiche. Du respektierst deine Gabe, du feierst sie. Für ihn ist sie eine … nun, eine lästige, unverdiente Zumutung. Er steht damit nicht
allein. Und weil das so ist, hast du mehr – bist mehr –, als er jemals sein oder haben wird.«
»Er schämt sich ihrer. Und meiner.«
»Ja.« Ihr Herz verkrampfte sich vor Mitleid. »Ich weiß. Es tut dir weh. Das hat es immer getan. Du kannst nicht ändern, was er fühlt oder denkt. Du kannst nur ändern, was du fühlst.«
»Gehst du so mit deiner Familie um?«
Sie brauchte einen Moment, bis sie die Erkenntnis durchfuhr, dass er ihre Eltern meinte und nicht Lulu oder Ripley und Nell. »Ich habe dich stets um etwas beneidet. Schlicht um die Tatsache, dass deine Eltern das Interesse und die Energie hatten, dich voranzutreiben. Auch wenn das bedeutete, dass sie dich in die falsche Richtung trieben. Wir haben uns nie gezankt.«
Sie drehte sich um und betrachtete das Haus, das sie liebte. »Sie haben nie bemerkt – oder nie lange –, wenn ich ärgerlich war. Mein Aufmucken war absolut verschwendet an sie. Und an irgendeinem Punkt habe ich begriffen, dass ihr Desinteresse nicht persönlich gemeint war.«
»Oh, ich bitte dich!«
Sie musste beinahe lachen über seinen Ausbruch. »Es war gesünder und praktischer, und ganz sicher auch bequemer alles in allem. Was hätte es für einen Sinn gehabt, wenn mir das Herz deswegen gebrochen wäre, und sie hätten es nicht einmal bemerkt? Oder wenn sie es bemerkt hätten, es sie nicht gestört hätte? Sie sind keine schlechten Menschen, nur schlechte Eltern. Ich bin, was ich bin, weil sie so waren, wie sie waren. Das genügt mir.«
»Du warst immer vernünftig«, sagte er nach einer Weile. »Ich wusste nie, ob ich das bewundern sollte oder ob es mich störte. Ich weiß es immer noch nicht.«
»Du warst immer niedergeschlagen.« Sie setzte sich auf eine Bank neben der Laube.
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