Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
verletzt. Mama?«
»Ich bin hier.« Essie stand knapp hinter der offenen Tür, ihr Gesicht war grau. »Phoebe. Phoebe.«
Nun hatte sie die Veranda also auch verloren, dachte Phoebe und ging schnell ins Haus, um ihre Mutter zu umarmen. »Es geht mir gut. Wirklich.«
»Sie haben gesagt, dass es Schwierigkeiten gab, dass etwas Schlimmes passiert ist. Carly …«
»… geht es gut. Du weißt, dass es ihr gut geht. Sie schläft.«
»Und … und Carter und …«
»Mama. Mama. Du musst atmen, ganz ruhig atmen. Und jetzt sieh mich bitte an, und hör mir genau zu: Allen geht es gut. Carter und Josie und Carly. Dir und Ava. Und ich bin auch wieder da. Duncan ist da. Er hat mich nach Hause gefahren.«
Noch während sie das sagte, merkte Phoebe, dass ihre Mutter eine Panikattacke bekam. Ihr Atem ging kurz und stoßweise, sie rang mühsam nach Luft. Jetzt fing sie auch noch an zu zittern. Schweißperlen standen auf Essies Stirn.
»Ava.«
Gemeinsam ließen Phoebe und Ava Essie sanft auf den Boden gleiten, bevor ihre Beine nachgaben.
»Mama. Ich bin bei dir, Mama. Spürst du meine Hand?« Sie sah auf, als Duncan den Sofaüberwurf um Essies zitternde Schultern legte. »Spürst du meine Hände, Mama? Spürst du, wie ich dir die Arme reibe? Kannst du mich hören? Und jetzt tief durchatmen!«
Der Anfall ließ von Minute zu Minute nach, obwohl er ihnen endlos lange vorkam.
»So. Gut so.« Phoebe zog Essie an sich und strich ihr übers Haar. »Schön weiteratmen. Siehst du, so ist es gut.«
»Ich konnte einfach nicht anders. Es tut mir so leid, Phoebe.«
»Pssssst, es ist ja vorbei.«
»Hier, Essie, wie wär’s mit einem Schluck Wasser?«
Essie drehte sich um, als Duncan mit einem Glas Wasser neben ihr in die Hocke ging. »O Duncan, ist mir das peinlich!«
»Trinken Sie ein bisschen Wasser. Ich werde uns allen Tee machen.«
»Oh, aber …«
»Sie wollen mich doch jetzt nicht behandeln wie einen x-beliebigen Gast, Essie?«
Eine Träne lief über ihre Wange, als sie den Kopf schüttelte. »Phoebe, es tut mir so leid. Du sollst nicht nach Hause kommen und dir solche Sorgen um mich machen müssen. Du siehst so müde aus.«
»Wir sind alle müde. Und jetzt komm – Ava und ich helfen dir auf und setzen dich aufs Sofa.«
»Ava, du solltest in die Küche gehen und Tee machen. Der arme Mann. Was wird er nur von uns denken?«
»Mach dir mal wegen Duncan keine Sorgen.« Ava half Essie auf das Sofa. »Ist dir kalt?«
»Nein, jetzt geht es mir wieder gut. Ich …« Sie fuhr sich übers Gesicht und zog eine Grimasse wegen der vielen Schweißperlen. »Seht mich nur an! Ich hatte unglaubliche Hitzewallungen.«
»Ich hol dir ein kühles Tuch.«
»Ich kann einfach nichts dagegen tun«, sagte Essie zu Phoebe, sobald sie allein waren.
»Ich weiß.«
»Du denkst bestimmt, ich sollte die Medikamente nehmen. Aber die meiste Zeit geht es mir gut. Ich hab mir nur solche Sorgen gemacht. Wir haben uns beide Sorgen gemacht. Und wenn ich nicht weiß, dass du zu Hause in Sicherheit bist, bekomme ich diese Anfälle.«
Sie streckte die Hand aus und berührte Phoebes Gesicht. »Etwas Schlimmes ist passiert.«
»Ja, etwas sehr Schlimmes. Mama, ich habe hier eine von deinen Tabletten. Du solltest eine nehmen, ich möchte nicht, dass du dich noch mehr aufregst.«
»Es geht mir schon wieder gut. Du hast gesagt, dass Carly, Carter und Josie nichts passiert ist. Was ist mit Dave?«
»Dave geht es gut.«
»Gut. Das ist gut. Alles andere ist nicht so schlimm.«
Ava kehrte mit einem kleinen weißen Gefäß und einem feuchten Tuch zurück.
»Es ist besser, du setzt dich, Ava.«
Sie erzählte ihnen von Roy. Obwohl Essies Gesicht erneut leichenblass wurde, bekam sie keinen Anfall. Ava und sie saßen zusammen auf der Couch und hielten sich an den Händen fest. Duncan kam wortlos herein, reichte den Tee herum und setzte sich, während Phoebe ihren Bericht beendete.
Es war Essie, die aufstand, um sich auf die Lehne von Phoebes Sessel zu setzen. Sie legte ihrer Tochter den Arm um die Schultern, zog ihren Kopf an sich und strich ihr übers Haar.
»Oh, Mama.«
»Es tut mir so leid, mein Kleines. Es tut mir so leid. Wie furchtbar. Armer Roy. Armer Roy. Der Mann hat wirklich nichts getaugt, aber diesen Tod hat er nicht verdient.«
»Mama!«
»Leute, die sagen, dass man nicht schlecht über Tote reden soll, sind scheinheilig, mehr nicht. Denn was sie denken, ist etwas ganz anderes.«
Essie sah zu Duncan hinüber, der nur mühsam ein Grinsen
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