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Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)

Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)

Titel: Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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atmete tief ein. »Er muss verhört werden, und wir müssen herausfinden, wo er sich zur Tatzeit aufgehalten hat. Aber das war er nicht. Er war ein miserabler Polizist, er ist zweifellos gewaltbereit und ein Riesenarschloch. Aber er ist kein Killer. Wenn das stimmt, was mir dieser Cooper heute Nacht erzählt hat, hat er schon mindestens zweimal gemordet. Und zwar auf kaltblütigste Weise. Meeks handelt aus Wut, plant kurzfristig, ohne an die Konsequenzen zu denken.«
    »Vielleicht tut das ja jemand für ihn. Mit oder ohne sein Wissen.«
    »Vielleicht. Aber ich glaube, das ist etwas ganz Persönliches. Du hast mir wehgetan, also tue ich dir auch weh, aber noch tausendmal schlimmer. Es muss irgendetwas geben, das ich getan oder nicht getan habe. Jemanden, den ich nicht gerettet habe.«
    Als sie die Augen schloss und ihre Finger gegen die Lider presste, sah sie nur Roy vor sich. Sie ließ die Hände in den Schoß fallen. »Etwas, wo ich versagt, beruflich versagt habe, und wovon er persönlich betroffen war. Wen habe ich verloren, Dave? Wann? Wie? Ich muss meine Akten noch mal durchgehen, bis weit in die Vergangenheit. Ich muss mir alle Geiseln oder Geiselnehmer, alle Polizisten oder Passanten, alle, die verletzt oder getötet wurden, als ich Verhandlerin war, ansehen. Es ist bestimmt eine Frau«, fügte sie hinzu.
    »Warum?«
    »Weil er Gary Cooper ist. Weil Roy an das Grab einer Frau gekettet war. Wir dürfen niemand außer Acht lassen, trotzdem glaube ich, dass es eine Frau war. Er weiß oder hat gelernt, wie man mit Waffen und Sprengstoff umgeht.
    Vielleicht hat er eine Ausbildung beim Militär oder bei der Polizei absolviert. Oder aber er hat sich das alles selbst beigebracht. Denn das war sorgfältig geplant. Das mit Roy war keine spontane Idee, keine Tat im Affekt.«
    Sie schlug mit der Faust auf ihren Oberschenkel. »Ich konnte ihn nicht hören. Wie sollte ich da zuhören und auf ihn eingehen? Wie sollte ich ihn von seiner Tat abbringen, wenn ich nicht mal seine Stimme hören konnte, seinen Tonfall, die Gefühle, die darin mitschwingen?«
    »Phoebe, dich trifft keine Schuld.«
    »Warum hat er dann die Bombe gezündet? Habe ich ihm eine falsche Frage gestellt, die falsche Taktik verfolgt? Er nimmt sich die Zeit, macht sich die Mühe, ja geht das Risiko ein, Roy da rauszuschaffen, mich herzubefehlen, nur um alles zu beenden? Ich muss mir das Band anhören, ich muss rausfinden, was ich gesagt – oder nicht gesagt habe. Was hat ihn dazu gebracht, das Ganze zu beenden?«
    Er ließ den Schreibtischstuhl kreisen, bis sie sich ins Gesicht sahen.
    »Du weißt, dass das keine gute Idee ist.«
    »Unter normalen Umständen wäre das sicherlich keine gute Idee. Aber das waren keine normalen Umstände. Diesmal ging es um mich.«
    »Was du gesagt oder nicht gesagt hast, muss nicht die Lösung sein.«
    »Nein, das stimmt nicht. Er hat zwei Menschen umgebracht, wegen ihrer Verbindung zu mir. Und ich muss wissen, warum. Wir müssen eine Antwort auf diese Frage finden, Dave, denn warum soll er sich mit zweien zufrieden geben? Er war vor meinem Haus.« Sie schloss erneut die Augen. »Demnächst kommt ein anderer dran, den ich liebe.«
    »Er wird nicht mal in seine Nähe kommen.«
    »Nicht, wenn wir herausbekommen, wer es ist, ihn finden und ihn davon abhalten. Ich … ich muss Roys Verlobte verständigen. Und ich muss Carly Bescheid sagen. Irgendwie muss ich es ihr sagen.«
    »Du musst jetzt vor allem nach Hause gehen und ein bisschen schlafen. Nimm dir etwas Zeit, Phoebe. Vielleicht solltest du auch mit einem Psychologen über all das reden.«
    »Das beste Mittel gegen falsche Schuldgefühle besteht für einen Verhandler darin, sich in die Arbeit zu stürzen, sich fortzubilden und in Übung zu bleiben.« Sie rang sich die Andeutung eines Lächelns ab. »Ein sehr kluger Mann sagt das immer wieder.«
    »Vielleicht habe ich durchaus so etwas gesagt, aber im Moment brauchst du vor allem etwas Schlaf. Wir reden später weiter.«
    Nachdem sie Daves Büro verlassen hatte, ging sie sofort auf die Damentoilette und übergab sich heftig, bis sie schweißnass war und ihre Augen tränten. Als sie fertig war, lehnte sie sich gegen die Klotür, um wieder zu Atem zu kommen. Sie weinte nicht. Das hier ging tiefer als alles, was sich mit Tränen wegschwemmen lässt. Sie setzte sich einfach auf den Boden und wartete, bis es vorbei war.
    Dann erhob sie sich und ging zum Waschbecken, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen und den Mund

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