Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
haben seine Frau verhört.«
»Was ich will, spielt hier überhaupt keine Rolle. Das Verhör hat er einzig und allein seinem bisherigen Verhalten zu verdanken. Und ich hätte ihn auch nicht vor seiner Familie und den Nachbarn aufs Revier schaffen lassen, wenn er nicht auf Detective Sykes losgegangen wäre. Oder kennen Sie diesen Teil des Berichts nicht?« Sie legte den Kopf schräg. »Wollen Sie, dass ich Ihnen eine Kopie zuschicke?«
»Wenn man ihn provoziert hat …«
»Als sein Vater dürfen Sie ihn entschuldigen, so lange Sie wollen. Aber wenn Sie in Uniform hierherkommen, repräsentieren Sie auch dieses Revier. Und das sollten Sie eigentlich wissen. Aber wie ich sehe, beschweren Sie sich nicht, dass ich auch die Geliebte Ihres Sohnes verhören ließ, um sein Alibi für den fraglichen Zeitpunkt bestätigen zu lassen. Oder aber haben Sie den Teil des Berichts nicht zu lesen bekommen?«
Sie sah, wie ihn diese Bemerkung traf. Überraschung und Enttäuschung zeichneten sich kurz auf seinem Gesicht ab. Dann wurde sein Blick wieder ausdruckslos. »Wir haben einen Deal gemacht, Lieutenant MacNamara. Wenn Sie meinen Sohn weiterhin belästigen, werde ich mich offiziell bei der Staatsanwaltschaft, beim Polizeichef und beim Bürgermeister beschweren.«
»Sie haben das Recht, sich zu beschweren, wo Sie wollen, Sergeant.« Heiße Wut stieg in ihr auf. »Aber bevor Sie das tun, möchte ich Ihnen noch sagen, dass Ihr Sohn, statt sich ganz normal zu Hause befragen zu lassen oder darum zu bitten, dass die Befragung woanders stattfindet, zwei meiner Kollegen verbal angegriffen, bedroht und einen davon tätlich angegriffen hat. Ich könnte dafür sorgen, dass seine Bewährung kassiert wird und er im Georgia-Staatsgefängnis einsitzen muss.«
Sie ließ ihre Worte auf ihn wirken. Dann stütze sie sich mit beiden Handflächen auf ihren Schreibtisch und beugte sich vor.
»Ach ja, und noch etwas, Sergeant Meeks. Ehrlich gesagt, könnte ich mir gar nichts Schöneres vorstellen. Aber im Moment möchte ich Ihnen vorschlagen, dass Sie, anstatt in mein Büro zu kommen und sich wichtig zu machen oder zu versuchen, mir mit ihren Angel- und Golfkumpanen Angst einzujagen, lieber dafür sorgen, dass Ihr Sohn professionelle Hilfe bekommt. Denn die Art, wie er mit Wut umgeht, schadet ihm eindeutig.«
»Wenn Sie glauben, Sie können ihm diesen Mord in die Schuhe schieben …«
»Das tue ich gar nicht. Was das anbelangt, hat er sich als unschuldig erwiesen. Und nachdem wir seine Unschuld festgestellt haben – obwohl er zweifellos einen ungesunden Hass auf mich hat -, können wir die Spuren im Mordfall Roy Squire weiterverfolgen. Und wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen, werde ich genau das tun.«
»Sie hätten ihn nicht in Handschellen aus seinem eigenen Haus schleifen müssen.«
Er klang mittlerweile erschöpft, und ihr ging es auch nicht anders. Wut gibt einem Kraft, aber wenn sie der Erschöpfung weicht, verwandelt sie sich schnell in Bitterkeit.
»Nein, und das hätte ich auch nicht getan, wenn er nicht Detective Alberta neben vielen anderen schmeichelhaften Dingen als verfickte Fotze bezeichnet und Detective Sykes angegriffen hätte, und zwar mit der Drohung, ihn grün und blau zu schlagen. Er wollte sich auch auf Lieutenant Alberta stürzen, also sahen sich die Polizisten gezwungen, ihn unschädlich zu machen. Soweit ich weiß, ist Ihr Sohn siebenundzwanzig Jahre alt. Ich kann nur hoffen, dass meine Tochter in zwanzig Jahren den Mumm hat, für sich selbst einzustehen und nicht erwartet, dass ich das für sie tue.«
Entnervt öffnete Phoebe die Tür. »Nur, um mit dem Säbel zu rasseln, brauchen Sie nicht mehr zu mir zu kommen. Das nächste Mal wenden Sie sich direkt an das Büro für interne Angelegenheiten, den Polizeichef, den Bürgermeister oder an den Gouverneur von Georgia höchstpersönlich, wenn es denn sein muss. Aber wagen Sie es nicht, noch einmal herzukommen, um sich wegen Ihres erbärmlichen Sohnes bei mir aufzuspielen.«
Sie verließ den Konferenzraum. »Detective Sykes? Würden Sie jetzt bitte mitkommen?«
»Ja, Ma’am.« Sykes stand von seinem Schreibtisch auf und machte sich nicht die Mühe, ein gehässiges Grinsen zu unterdrücken, als er zu Sergeant Meeks hinübersah. Dann verließ er hinter Phoebe das Gebäude.
Als Erstes knöpften sie sich den am weitesten zurückliegenden Fall vor. Damals war sie noch Special Agent MacNamara gewesen, frisch aus Quantico. Wenige Wochen später hatte sie Roy
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