Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
verschloss ihren Mund mit seinen Lippen. Plötzlich konnte sie keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ihr wurde ganz warm, und sie bekam Herzklopfen.
Sie spürte, wie ihr Körper seit Langem wieder einmal nachgab.
Ihr wurde doch tatsächlich schwindelig, bevor er sich zurückzog, und sie ertappte sich dabei, wie hypnotisiert in seine Augen zu starren. »Ach, was soll’s«, sagte sie.
Er schenkte ihr wieder dieses Grinsen. »Ich hol dich so gegen sieben ab. Gute Nacht, Phoebe.«
»Ja, gute Nacht.« Sie schaffte es gerade noch, die Haustür aufzusperren, und als sie sich noch einmal umsah, stand er auf dem Bürgersteig und grinste sie noch immer an. »Gute Nacht«, sagte sie erneut.
Als sie im Haus stand, schloss sie hinter sich ab, machte das Verandalicht aus und wunderte sich, in welche Situation sie sich da gebracht hatte.
4
Sie hatte die oberste Treppenstufe kaum erreicht, als ihre Mutter und Ava mit einem großen, erwartungsvollen Lächeln aus dem Fernsehzimmer kamen.
»Und?«, fragte Essie. »Wie war’s?«
»Es war schön. Wir haben nur was zusammen getrunken.« Doch als Phoebe auf ihr Zimmer ging, erinnerte sie sich wieder daran, wie sie bei diesem Gutenachtkuss beinahe in Ohnmacht gefallen war.
Hinter ihrem Rücken sahen sich Essie und Ava kurz an und nahmen die Verfolgung auf.
»Und, wie ist er so? Über was habt ihr geredet? Komm schon, Phoebe.«
Ava faltete die Hände wie zu einem Gebet. »Erzähl uns alten Jungfern etwas Schönes.«
»Wir haben ein Bier in seinem wirklich netten Pub getrunken. Ich habe es genossen. Und jetzt möchte ich ein bisschen Gymnastik machen.«
Wieder wurden bedeutungsvolle Blicke getauscht, während Phoebe zu ihrer Kommode ging, um sich etwas Bequemes anzuziehen.
»Worüber habt ihr geredet?«
Phoebe warf ihrer Mutter im Spiegel einen kurzen Blick zu und zuckte die Achseln. Sie begann sich umzuziehen. Sie lebte schon so lange in einem Frauenhaushalt, dass sie ihre Nacktheit nicht kümmerte.
»Über dies und das. Er war mal Barmann und Taxifahrer.«
»Hmmm. Er ist also selbstständig?«
»So kann man es auch nennen.«
»Wo wohnt er?«, drängte Ava. »In der Stadt?«
»Ich habe nicht danach gefragt.«
»Also wirklich, Phoebe.« Essie verdrehte die Augen. »Warum denn nicht?«
»Es hat sich einfach nicht ergeben.« Phoebe griff nach einem Haargummi in der kleinen silbernen Schale auf der Kommode und machte sich einen Pferdeschwanz.
»Was ist mit seiner Familie?«, fragte Essie. »Wer sind seine Verwandten, seine …«
»Darüber haben wir auch nicht gesprochen. Ich wurde gewissermaßen abgelenkt.«
»Weil er charmant war!«, rief Essie.
»Er war – ist – sehr charmant. Aber ich war ziemlich abgelenkt, als er mir erzählte, dass er vor einigen Jahren im Lotto gewonnen hat, und zwar – halt dich fest – 138 Millionen.«
Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer und schaute automatisch noch zu Carly hinein, bevor sie in den dritten Stock hinunterging.
Sie hatte das ehemalige Dienstmädchenzimmer in einen kleinen Fitnessraum verwandelt. Ein Luxus, ja, aber auf diese Weise sparte sich Phoebe den Mitgliedsbeitrag für das Sportstudio. Außerdem konnte sie so auch frühmorgens oder spätabends trainieren, wenn Carly schon im Bett war. Durch ihre Arbeit war sie ohnehin häufig nicht zu Hause, da musste sie nicht auch noch Zeit im Sportstudio verbringen.
So war es nicht nur bequemer, sondern auch billiger, weil ihre Mutter und Ava den Fitnessraum ebenfalls benutzten – zumindest war das ihre Rechtfertigung für die Ausgaben.
Phoebe lächelte in sich hinein, als sie den Crosstrainer einstellte und mit dem Training begann. Ihre Mutter und Ava standen bereits mit offenen Mündern in der Tür.
»Sagtest du Millionen ?«, fragte Essie.
»Ja, genau.«
»Jetzt erinnere ich mich. Ich kann mich an die Geschichte erinnern.« Ava legte die Hand aufs Herz. »Der Taxifahrer, der über Nacht zum Millionär wurde. Ein Typ von hier. Mit einem einzigen Lottoschein. Also der ist das?«
»Genau der.«
»Puh. Ich glaube, ich muss mich mal kurz hinsetzen.« Essie ließ sich direkt auf den Boden plumpsen. »Er ist nicht bloß reich, ja nicht mal bloß wohlhabend. Ich weiß gar nicht, wie man so was nennt.«
»Einen Glückspilz?«, schlug Phoebe vor.
»Das kann man wohl sagen.« Ava leistete Essie auf dem Boden Gesellschaft. »Er hat dich auf ein Bier eingeladen.«
Amüsiert stellte Phoebe den nächsten Schwierigkeitsgrad ein. »Ja. Und danach hat er mich in seinem
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