Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
mit aufs Revier mitnehmen, einen Bericht schreiben und wieder zu Hause sein, bevor irgendjemand hier etwas davon mitbekam. Sie würde Sykes bitten, einen Blick darauf zu werfen. Er war zuverlässig und intelligent. Wenn jemand die Spur der Puppe zurückverfolgen konnte, dann er.
Niemand, niemand würde ihre Familie in Angst und Schrecken versetzen.
Während sie schlaflos im Dunkeln dalag, wusste sie, dass sie den Wecker nicht brauchen würde. Sie fragte sich, wo wohl Arnie Meeks gegen Viertel nach drei gewesen war.
Es hatte ihn schon mit Befriedigung erfüllt zu sehen, wie in ihrem piekfeinen Haus plötzlich die Lichter angingen. Eines nach dem anderen. Er hatte genug gesehen, bevor er in den Park rannte, zwischen die Bäume, hinein in die Dunkelheit.
Aber was noch viel schöner gewesen war – eine Art Belohnung sozusagen -, war der Anblick, als sie die Tür aufgemacht und das kleine Geschenk hochgehoben hatte. Allein das war die Mühe wert gewesen, dass sie herausgekommen war, um sein Geschenk aufzuheben.
Aber das ist erst das Vorspiel, du Schlampe, dachte er, während er nach Hause fuhr. Nur eine kleine Provokation vorab.
Er war noch lange nicht fertig mit Phoebe MacNamara.
Sie hätte die Verabredung am liebsten abgesagt, aber dann hätte sie dem Vorfall von letzter Nacht noch mehr Bedeutung beigemessen. Außerdem hätte sie dann zig Fragen von ihrer Mutter, ja sogar von Carly beantworten müssen. Das hatte sie schon heute Morgen tun müssen, da sie länger gebraucht hatte als gedacht, um das Beweismaterial abzuliefern und den Bericht zu schreiben. Immerhin war sie so schlau gewesen, sich einen Jogginganzug anzuziehen. So hatte sie wenigstens die Ausrede – obwohl es natürlich eigentlich eine Lüge war -, im Park joggen gewesen zu sein.
Am Nachmittag hatte sie sich dann mit Carly die Füße platt gelaufen. Der Kampf um den Kauf des »süßesten Outfits überhaupt« hatte ihre Geduld auf eine harte Probe gestellt, sodass sie und ihre Tochter nicht gerade ein Herz und eine Seele waren, als sie nach Hause kamen. Carly verschwand sofort schmollend in ihrem Zimmer, während sich Phoebe mit einem breitkrempigen Sonnenhut auf eine der Gartenliegen fallen ließ.
Und jetzt würde sie sich auch noch zum Abendessen ausführen lassen müssen, dachte sie, während sie gedanklich ihren Kleiderschrank durchforstete. Schließlich entschied sie sich für ihr universales schwarzes Kleid. Wenn es für Hochzeiten, Beerdigungen und die ein oder andere Cocktailparty taugte, taugte es auch für eine Einladung zum Abendessen.
Phoebe öffnete selbst die Tür, als es klingelte.
»Hallo, Duncan.«
»Wow! Hallo, Phoebe.«
Sie trat einen Schritt zurück und hob fragend die Brauen, als sie das Gebinde aus rosa Rosen entdeckte, das er in der Hand hielt. »Du hast mir doch schon Blumen geschickt – sie sind wirklich herrlich.«
»Freut mich, dass sie dir gefallen haben. Die hier sind allerdings gar nicht für dich.« Er sah sich im Foyer um. »Schönes Haus.«
»Danke.«
»Phoebe, willst du den Mann nicht hereinbitten und mir vorstellen?« Essie betrat das Foyer und lächelte Duncan an. »Ich bin Essie MacNamara, Phoebes Mutter.«
»Ma’am.« Er nahm die Hand, die sie ihm reichte. »Das klingt jetzt abgedroschen, aber irgendwann muss ich es ja doch sagen: Jetzt weiß ich auch, von wem Phoebe ihr fantastisches Aussehen geerbt hat.«
»Danke, sehr erfreut. Bitte kommen Sie doch ins Wohnzimmer. Mein Sohn und seine Frau sind zwar nicht da, aber ich möchte Sie gern dem Rest der Familie vorstellen. Ava, das ist Phoebes Freund Duncan.«
»Freut mich, Sie kennenzulernen.«
»Phoebe hat gar nicht erwähnt, wie viele schöne Frauen es in Ihrer Familie gibt. Aber dich hat sie schon erwähnt.« Er lächelte Carly an. »Ich hab mich für Rosa entschieden.« Er hielt ihr den Blumenstrauß hin.
Essie schmolz bereits dahin. »Carly, das ist Mr. Swift. Und ich glaube, das sind die ersten Rosen, die du von einem Herrenbesuch bekommst.«
Aus dem schmollenden Kind wurde im Nu eine schüchterne junge Dame. »Sind die für mich?«
»Außer, du hasst Rosa.«
»Ich liebe Rosa.« Sie wurde beinahe genauso rot wie die Blütenknospen, die er ihr reichte. »Danke. Darf ich mir selbst eine Vase aussuchen, Gran? Darf ich?«
»Natürlich. Mr. Swift, darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
»Duncan. Ich …«
»Wir sollten jetzt los«, schaltete Phoebe sich ein. »Das Getue hier ist ja kaum auszuhalten.« Sie griff nach dem
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