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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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tun hat, sagte er schließlich. Ich dachte, nur die eine ist krank, nur die eine hat irgendwas.
    Caroline Middey schüttelte den Kopf.
    Was?, sagte er.
    Beide haben Wehen, sagte sie. Es geht los. Sie blickte finster über den Rasen. Mach Wasser heiß. Ich brauch welches für meine Instrumente, falls es dazu kommt. Und hast du ein paar Handtücher?
    Er schwieg, verwundert.
    Talmadge.
    Ja. Ein paar. Ich hab auch Decken.
    Die sind dann ruiniert.
    Egal.
    Vielleicht so was wie Tierdecken.
    Davon hab ich welche in der Scheune.
    Dann hol sie. Und Handtücher.
    Später in der Hütte goss er Wasser aus Eimern in einen Topf auf dem Herd, öffnete dann die Ofenklappe und schürte das Feuer. Die Tür zu dem Schlafzimmer, in dem die Mädchen lagen, war geschlossen. Ab und zu hörte er dort drinnen kurzes Gemurmel, doch meistens blieb alles still. So ging das also vonstatten, dachte er, so geräuschlos? Er beschloss, mehr Feuerholz aus der Scheune zu holen, doch als er auf die Veranda trat, sah er, dass neben der Tür bereits Kleinholz und Scheite aufgestapelt waren.
    Er setzte sich in den Birkenholzsessel, mit dem Hut über den Augen.
    Als er aufwachte – ihm war gar nicht bewusst gewesen, dass er geschlafen hatte –, war immer noch Nacht, pechschwarz und regungslos. Caroline Middey saß vor ihm auf den Verandastufen und rauchte eine süß riechende Zigarette. Die Laterne leuchtete still zwischen ihnen. Ein Hase erstarrte am Eingang zum Aprikosengarten, und seine Augen blitzten im Laternenlicht, bevor er in großen Sätzen davon hüpfte.
    Talmadge räusperte sich. Sind sie …
    Caroline sah über die Schulter zu ihm. Dann drehte sie sich wieder um und schnippte Asche über den Rand der Veranda.
    Fürs Erste geht es ihnen gut, sagte sie. Dann, ein paar Minuten später, mit einem weiteren kurzen Blick zu ihm: Willst du dich immer noch um sie kümmern, wenn das alles hier geschafft ist?
    Talmadge schaute auf das Feld, wo ein letztes Feuer in der Finsternis blinzelte und die Pferde sich langsam regten. Marodeure. Er antwortete nicht gleich.
    Wenn sie’s brauchen, würde ich ihnen schon helfen.
    Caroline Middey blickte stirnrunzelnd in die Dunkelheit. Brauchen werden sie’s sicher.
    Er sagte nichts.
    Nach einer Weile drückte sie ihre Zigarette aus, sagte: Also gut … und stand auf. Legte ihm im Vorbeigehen die Hand auf die Schulter und verschwand in der Hütte.
     
    Der Morgen war strahlend hell. Unten auf dem Feld grasten die Pferde, und die Männer pflückten Obst. Man sah sie abwechselnd zwischen den Blättern auftauchen und wieder verschwinden.
    Talmadge wartete auf der Veranda. Als Caroline Middey wieder herauskam, blinzelte sie mehrmals rasch im Sonnenlicht.
    Und?, fragte er.
    Sie blinzelte erneut. Aus ihrem Rock förderte sie eine Zigarette zutage, die sie zuvor gedreht hatte, steckte sie sich zwischen die Lippen und zündete sie mit einem Streichholz aus derselben Rocktasche an. Lief auf der Veranda herum, als wäre sie orientierungslos. Die Ältere bekommt ihrs heute Nacht, sagte sie. Aber die andere. Sie hielt inne, blickte über den Rasen. Das Baby der anderen ist gestorben. Oder eins davon. Ja, es waren zwei. Glaube ich jedenfalls. Sie hielt inne. Ja, das glaube ich. Wahrscheinlich hat sie eins schon vor ein paar Tagen zur Welt gebracht, aber der Rest ist noch drin. Entweder das, oder sie hat noch gar keins der Babys zur Welt gebracht. Ich hab sie das gefragt – ab wann sie es nicht mehr gespürt hat. Die arme Kleine weiß es nicht. Caroline Middey rauchte und lächelte dann, aber es sollte gar kein Lächeln sein. Und sie muss da trotzdem durch, muss das Ding aus sich raus bringen, was immer es ist. Aber ein lebendiges Baby ist es nicht, was immer es ist. Sie lächelte wieder dieses Lächeln, das gar keins war, rieb sich mit dem Handballen die Augen und rauchte weiter. Sie schaute über das leuchtend gelbe Feld. Herrgott, sagte sie.
    Talmadge wusste nicht, was er sagen sollte. Er schaute ebenfalls über das Feld. Was ist damit passiert?, fragte er schließlich.
    Ich weiß es nicht. Kurz darauf sagte sie: Vielleicht irre ich mich auch. Aber an ihrer Stimme hörte Talmadge, dass sie das nur um seinetwillen sagte.
    Wird sie … sterben?
    Caroline Middey sah ihn rasch an. Wer, das Mädchen?
    Talmadge schwieg.
    Das sind doch bloß kleine Mädchen, alle beide. Aber der Körper macht, was er machen muss, es sei denn, er schafft es einfach nicht. Sie wollte noch etwas sagen, ließ es dann aber sein. Sie rauchte und

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