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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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fort.
    Talmadge starrte auf Michaelsons Rücken. Er hatte das Gefühl, als könnte er ihm seine Pläne zwischen den Schulterblättern ablesen. Erneut dachte er: Wozu war dieser Mann fähig?
    Ich bin bereit, sie zu kaufen, sagte Talmadge plötzlich. Ich kauf sie Ihnen ab, meine ich.
    Michaelson drehte sich erstaunt zu ihm um. Reden Sie mit mir?, fragte er. Ich bin sicher, dass Sie nicht mit mir reden.
    Wie viel?, fragte der mit dem bösen Gesicht, der jetzt irgendetwas – ein kleines Samenkorn? – zwischen den Backenzähnen kaute. Er beugte sich vor und spuckte es aus.
    Haltet alle mal die Klappe, sagte Michaelson. Merkt ihr nicht, dass ich was zu hören versuche? Er drehte sich wieder zum Feld um. Der Reaktion der beiden anderen Männer nach zu urteilen, war Michaelsons Benehmen – dieses Hin- und Herschwanken zwischen Trottel und Tyrann – nicht ungewöhnlich. Sie standen an verschiedenen Stellen des Rasens und tranken ihren Kaffee. Der Rothaarige schlenderte in den Aprikosengarten und tauchte wenig später, in eine Aprikose beißend, wieder auf.
    In dem Moment kamen zwei Gestalten in hellen Kleidern aus dem Canyon, schwebten aus der dunklen Öffnung auf sie zu.
    Gott im Himmel, sagte Michaelson. Halleluja. Halleluja. Dann machte er ein Geräusch, als knackte sein Kiefer. Der mit dem bösen Gesicht stellte seinen Kaffeebecher auf den Boden, holte sein Gewehr, das an der Veranda lehnte – Talmadge hatte es vorher gar nicht bemerkt –, und sprach den Rothaarigen an, der noch immer seine Aprikose aß: Was machst du? Hör auf damit.
    Die Mädchen verlangsamten mitten auf dem Feld den Schritt und blieben stehen. Um sie herum arbeiteten die Männer. Noch waren sie zu weit weg, um Michaelson deutlich erkennen zu können, doch sie mussten seine Pferde gesehen haben und dass die Männer sie ebenfalls beobachteten. Eins der Mädchen machte kehrt und ging zum Eingang des Canyons zurück, doch das andere kam nach kurzem Innehalten weiter auf sie zu.
    Michaelson winkte wie wild. Kann sie uns sehen?, fragte er. Seine Stimme war hoch, wie die von einem Kind. Sollen wir runterlaufen? Kommt sie her? Der mit dem bösen Gesicht kratzte sich am Hinterkopf.
    Talmadge ging los, zum Bach hinunter. Dummheit, es so weit kommen zu lassen. Wie könnten die Mädchen ihm das jemals verzeihen?
    Lauf, rief er dem Mädchen mit den Armen fuchtelnd zu. Geh zurück! Lauf weg!
    Doch das Mädchen – sie war schon halb über den Bach, ihren Rocksaum aus dem Wasser haltend – blieb nur stehen und beobachtete ihn. Es war, als spräche er eine andere Sprache.
    Weg da!, rief Michaelson ihm zu. Jane! Jane! Komm her! Er lachte wie ein Junge. Bei dem Geräusch lief es Talmadge kalt den Rücken hinunter. Da bist du ja! Jane!
    Das Mädchen ging an Talmadge vorbei und stapfte den Hang hinauf. Talmadge folgte ihr, schwach vor Unentschlossenheit. Jetzt war Michaelson bei ihr, drückte sie an sich. Sie wirkte wie eine Flickenpuppe in seinen Armen. Jane, sagte er, halb Vorwurf, halb Schluchzer. Talmadge blieb ein paar Schritte hinter ihnen stehen, ratlos, was das alles zu bedeuten hatte, was er tun sollte.
    Nach einer Weile lösten sich Michaelson und das Mädchen voneinander, und ohne einen der anderen Männer anzusehen, ging sie durch den Garten auf die Veranda und verschwand in der Hütte.
    Talmadge starrte auf den Rasen. Versuchte, sich einen Reim auf das Geschehen zu machen, darauf, was eben zwischen Michaelson und dem Mädchen stattgefunden hatte, doch vergebens. Was lief hier ab? Michaelson wartete vor den Verandastufen – anscheinend fehlte nicht viel, und er hätte sich vor Freude die Hände gerieben. Der mit dem bösen Gesicht schaute in die Pflaumenbäume und wirkte gelangweilter denn je, der Rothaarige war nirgends zu sehen. Dann entdeckte Talmadge ihn am Bachufer, wo er sich gerade bückte, einen Findling aufhob und ihn betrachtete.
    Jetzt trat Jane wieder auf die Veranda und kam die Stufen herunter. Ging über den Rasen, an Michaelson und dem anderen Mann vorbei, dann an Talmadge. Michaelson machte Anstalten, ihr zu folgen, aber sie hob eine Hand, und er blieb stehen.
    Ich komm gleich wieder.
    Wo …
    Ich komm gleich wieder – und schon lief sie mit großen Schritten den Hang hinunter. Der Rothaarige hob grüßend die Hand, doch sie reagierte nicht. Sie sahen alle zu, wie sie zuerst den Bach überquerte und dann das Feld und schließlich im Canyon verschwand.
    Der mit dem bösen Gesicht stieß einen leisen, schläfrigen Pfiff aus.

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