Im Licht von Apfelbäumen | Roman
über dem Rasen, den manche Gegenstände absorbierten, andere zurückwarfen. Geräusche auf den Holzbohlen der Hütte und der Veranda. Und darüber wie darunter die Schreie des Kindes, die in den Bäumen hingen und von allen Seiten gleichzeitig zu kommen schienen. War das ein Trost? Es war alles neu – die Gesellschaft, die Geräusche –, doch zugleich hatte er das Gefühl, als gehe es schon seit Langem so. Er war, dachte er – und die Erkenntnis erschütterte ihn –, glücklich.
Della lag neben Jane, die zur Wand gedreht schlief. Die Zimmertür stand offen, und Talmadge und Caroline Middey saßen im vorderen Raum und unterhielten sich. Sie hatten die Tür aus Freundlichkeit aufgelassen, denn die Mädchen durften nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr rausgehen. Sie sollten in der Hütte bleiben, sich ausruhen. Bei offener Tür war das vielleicht weniger schlimm. Eine Stunde zuvor hatte Caroline Middey Della untersucht und die Naht mit Salbe eingerieben. Della sollte still liegen und sich nicht bewegen.
Was ist, wenn die Naht reißt?, hatte Della sie gefragt.
Das wäre unangenehm, sagte Caroline Middey. Außerdem könne sich die Wunde infizieren. Und was war infizieren?, hätte Della gern gewusst, aber sie hatte nicht gefragt.
Jane?, flüsterte Della jetzt, doch Jane antwortete nicht.
Die Nachtluft kam durch die Hüttentür und über die Schwelle des vorderen Zimmers in das Schlafzimmer bis zu ihr. Sie konnte die Dunkelheit jenseits der Veranda sehen. Die Luft war kühl auf ihrem Gesicht, beinahe sogar kalt. Della konnte die zitternden Blätter hören, aber nicht sehen.
Wieder war da das Gemurmel der beiden Erwachsenen, dann und wann durchbrochen von ein paar lauter gesprochenen Wörtern oder von Talmadges Räuspern. Lange Schweigephasen. Ein Seufzen, ein einzelner Satz. Talmadge ging durchs Zimmer, um das Feuer im Herd zu schüren. Sie hörte das Geräusch der entfachten Hitze und dann das Quietschen, als die Ofentür geschlossen wurde. Talmadge räusperte sich, kehrte zu seinem Platz zurück.
Della richtete sich auf, stellte die Füße auf den Boden. Es spannte dort, wo die Naht war, und juckte wie verrückt, und sie wollte gleichzeitig lachen und weinen. Sie stand auf und ging in das andere Zimmer. Talmadge und Caroline Middey hielten im Reden inne und wandten sich ihr zu.
Was ist denn, Liebes?, fragte Caroline Middey.
Della stand neben dem Tisch. Sie wollte sich etwas holen. Hatte sie geschlafen? War dies alles ein Traum?
Della?
Sie ging dorthin, wo sie saßen. Zwischen ihnen lag das schlafende Kind, bäuchlings auf einer gefalteten Decke. Ein monsterartiges Etwas. Della konnte noch immer nicht fassen, dass es aus Jane herausgekommen war. Niemand hatte ihnen gesagt, wie das genau funktionieren würde. Und doch hatte Jane es irgendwie gewusst. Sie seien gesegnet, hatte sie gesagt; sie würden sich selbst zur Welt bringen. Sie selbst wären es, die sie zur Welt bringen würden, nur besser. Deshalb müssten sie und Della sich so bemühen, ihre Kinder zu beschützen. Indem sie die Kinder beschützten (das hatte Jane ihr immer wieder aufs Neue erklärt), würden Jane und Della auch sich selber retten …
Della nahm das Kind linkisch hoch und legte es sich an die Schulter. Das zarte Schnuffeln, das warme Gewicht. Schsch, sagte Della und stieß das Kind an. Schsch. Talmadge und Caroline Middey beobachteten sie schweigend. Wachsam. Sie drehte sich um, trat durch die offene Tür und schaute in die Nacht, machte dann wieder kehrt und stellte sich vor den Ofen. Eine stetige, durchdringende Wärme ging von ihm aus. Mit einer Hand nahm sie den Lederhandschuh, fasste damit den Griff an und öffnete die Tür.
Was machst du da, Liebes?, fragte Caroline Middey jetzt, und beide, sie und Talmadge, standen auf. Aber sie kamen nicht zu ihr, noch nicht.
Was möchtest du?, fragte Caroline Middey. Wir holen es dir. Hast du Hunger? Frierst du?
Jane tauchte in der Schlafzimmertür auf, die Augen klein vom Schlaf. Sie blickte zu Della und durch die offene Tür in die Nacht hinaus. Dann ging sie zum Ofen, nahm Della, die ihr nur kurz Widerstand leistete, das Kind ab und schlurfte wieder ins Schlafzimmer. Machte die Tür hinter sich zu.
Della stand mit leeren Armen da und starrte in die orange leuchtende Hitze.
Caroline Middey kam und schloss die Ofentür. Sie legte Della die Hand auf die Schulter. Sie versuchten noch ein paar Minuten, mit ihr zu reden, doch dann gab Caroline Middey ihr einen Becher mit ein wenig
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