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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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Della und Dellas ungeborene Kinder. Alle sahen zu: Es war wie eine Zeremonie.
    Hier, sagte Talmadge und gab dem Mann den letzten Schein.
    Der faltete das Geld und steckte es in seine Brusttasche. Grimmig verzog er den Mund.
    Ist mir ein Vergnügen, sagte er.
    Talmadge zögerte. Woher weiß ich, dass Sie nicht wiederkommen?
    Der Mann sah ihn an.
    Ich meine, ich will nicht, dass
er
noch mal herkommt. Und nach ihnen schaut.
    Michaelson warf ihnen einen Blick zu, schien aber nicht zu begreifen, dass sie über ihn sprachen.
    Der andere grinste.
    Der? Der wird sich an nix mehr erinnern.
    Er hat sich schon mal dran erinnert.
    Dann werde ich’s ihm erklären. In Ordnung?
    Talmadge antwortete ihm nicht. Er würde es genug sein lassen, es so hinnehmen müssen; ihm blieb nichts anderes übrig.
    Jane wurde vom Pferd losgeschnallt, und Talmadge trug sie in die Hütte und legte sie auf das Bett, das sie mit Della teilte. Deckte sie zu bis unter das Kinn. Wieder war da dieses Gefühl, die Erinnerung an ihre Lebendigkeit, an ihren Kampf in der Nacht der Geburt. Und nun lag sie regungslos da. Nicht mehr fähig, Wärme oder Kälte zu spüren oder irgendeinen Stoff auf ihrer Haut.
    Er bedeckte sein Gesicht mit den Händen und verharrte einen Moment lang so, bevor er wieder hinausging.
    Michaelson und die Männer stiegen auf ihre Pferde und ritten langsam auf den oberen Wald zu. Bevor sie dort waren, begegneten sie Caroline Middey mit Maultier und Wagen. Der mit dem bösen Gesicht tippte sich an den Hut, und Caroline Middey nickte kurz. Vor der Hütte angekommen, stieg sie vom Wagen und fragte Talmadge, der schon auf sie wartete: Wer war das?
     
    Wo ist das Kind?, rief Caroline Middey. Oh, wo ist das Kind?
     
    Talmadge kehrte allein in den Canyon zurück. Als er sich der oberen Hütte näherte, hörte er die Schreie, schwach, aber immer lauter werdend. Trotzdem musste er noch eine Weile suchen. Die Mädchen hatten das Kind hinter der Hütte in eine Mulde gelegt und es mit Blättern und Zweigen zugedeckt. Wie war es möglich, dass es den ganzen Nachmittag nicht geschrien hatte? Oder hatten sie es nur bei all dem anderen Lärm nicht gehört? Ein Segen, dachte er jetzt. Er ging in die Hocke und nahm es hoch, pflückte die Schmutzstückchen von ihm ab und barg es unter seiner Jacke, nah bei seiner Achsel und seinem Herzen, wo es warm war. So trug er die Kleine durch den Canyon und die Obstgärten und über das Feld – wo die Arbeiter, die sich am Waldrand ihr Essen zubereitet hatten, zu ihm aufblickten – bis zur Hütte.
    Caroline Middey untersuchte die Kleine und wusch sie dann, Tränen in den Augen und Gott dankend, in einem Becken mit warmem Wasser. Dann verließ Talmadge die Hütte, während Caroline Middey dem Mädchen half, das Kind zu stillen. Er wusste nicht, wie lange er fortblieb; er ging einfach immer weiter zwischen den Aprikosenbäumen auf und ab. Ohne etwas zu sehen, erschöpft. Taub. Wenig später legten sie sich alle schlafen, obwohl es gerade erst dunkel geworden war. Caroline Middey schlief bei Della im Schlafzimmer der Mädchen – Janes Leichnam hatten sie, gesäubert und für die Beerdigung am nächsten Tag vorbereitet, in den Setzlingsschuppen gelegt –, und Talmadge nahm das Baby zu sich ins Bett. Sie hatten ihm noch keinen Namen gegeben, dachte er, aus flachem Schlaf hochschreckend. Er hatte Jane erst am Tag zuvor gefragt, ob sie schon wisse, wie sie es nennen wolle – er meinte, es sei nicht gut für das Kind, zu lange ohne Namen zu bleiben –, doch Jane hatte das Gesicht abgewandt und ihm nicht geantwortet. Irgendwie hatte seine Frage sie gekränkt.
    Wenn die Kleine in der Nacht weinte, gab er ihr seinen Finger zum Saugen. Ihre zarten Geräusche und ihr Wimmern weckten ihn immer wieder aus tiefstem Schlaf.

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    II
    Talmadge hatte vierzig Jahre lang ohne außergewöhnliche Begebenheiten auf der Plantage gelebt, von schlechtem Wetter oder gartenbaulichen Vorkommnissen abgesehen. Und nun dies. Tod auf seiner Plantage. Die Schreie des Säuglings klangen jetzt anders für ihn. Mittags ging er zwischen den Aprikosenbäumen entlang, in der Hitze und dem Licht blinzelnd, desorientiert, bis Caroline Middey ihn zum Essen rief.
     
    Wie sollen wir sie nennen?, fragte Caroline Middey, das schlafende Kind neben sich auf dem Sofa. Caroline Middey strickte. Sie hatten gerade zu Abend gegessen. Della saß am Küchentisch, während Talmadge am Herd stand und Wasser kochte.
    Es war zwei Wochen her, dass sie Jane

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