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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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einfachen Sattel. Ein Taschenmesser und ein Jagdmesser mit Lederscheide, die sie an ihrem Gürtel befestigen konnte. Er zeigte ihr auch, wie man die Messer reinigte. Es sei das Beste, sagte er, das größere Messer unter das Kissen zu legen, wenn sie schlafe. Damit Diebe es sich nicht holen könnten.

    Und so begleitete sie die Männer, zunächst nur zu den Auktionen und wieder zurück. So sollte es anfangen, meinte Talmadge, dann würden sie weitersehen. Vielleicht war sie es bald leid, dachte er, vielleicht wäre es nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte, und sie würde ihre ursprüngliche Idee aufgeben.
    Aber sie wurde es nicht leid.
    Clee und die anderen Männer nahmen sie mit in die Berge im Südosten, die bis weit nach Idaho hineinreichten, um dort die Pferde zu jagen, die sie bändigen und auf Auktionen verkaufen wollten. Als sie von der ersten Jagd zurückkam – sie waren in die Sawtooths geritten –, schien sich vollendet oder beinahe vollendet zu haben, was begonnen hatte, als sie mit dem Reitenlernen anfing: ihre Verwandlung von einer schwachen und ohnmächtigen in eine starke, kraftvolle Person. Ob das gut war oder nicht, vermochte Talmadge zunächst nicht zu sagen. Sie hatte noch ihren Kinderkörper – sie war klein und wie ein Junge gebaut –, doch ihr Geist war an einen anderen Ort weitergezogen. Es ging nicht darum, dass sie vorher im Wesentlichen ein Kind gewesen und nun erwachsen geworden war. Damit hatte es wenig zu tun: mit Kindheit und Erwachsensein. Vielmehr war sie an einen Ort weitergezogen, der von diesen beiden Stadien unabhängig war. War sie glücklich? Er konnte jedenfalls nicht sagen, dass sie
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glücklich war. Vielleicht war sie absorbiert – hatte ein entrücktes, ruhiges Glück gefunden (er hoffte es, glaubte aber nicht daran), und das war es vielleicht, was sie ablenkte, ja manchmal derart absorbierte, dass sie ihn gar nicht zu bemerken schien, wenn sie einen Raum betrat, in dem er sich aufhielt, oder in einer Baumreihe auftauchte, wo er gerade arbeitete, und er aufsah, um sie zu grüßen.
     
    Caroline Middey bemerkte, wie auch Talmadge sich veränderte. Die Sorge um das Mädchen war zu einer heimlichen Gewohnheit geworden, sie verzehrte ihn, obwohl er nicht gern darüber sprach. Sein charakteristischer Gesichtsausdruck distanzierten Gleichmuts war nervöser Unkonzentriertheit gewichen – an seinen Augen war abzulesen, dass er nicht an das dachte, was unmittelbar vor ihm war, sondern an das, was fehlte. Es war ein Ausdruck ständiger innerer Mutmaßungen: War das Mädchen in diesem Moment in Sicherheit? Hatte sie Angst? Wenn Caroline Middey sich jetzt mit ihm unterhielt, so wie sie sich ein Leben lang unterhalten hatten – Verandagespräche, ein oft abschweifendes, aber nachdenkliches Hin und Her –, trug er immer weniger dazu bei: Sein Schweigen war weder unausgesprochene Zustimmung, noch zeugte es davon, wie sehr er in ihren Austausch vertieft war, vielmehr bedeutete es, dass er ihr gar nicht zuhörte. Manchmal richtete er sich auf, während sie etwas sagte, so als bemerkte er eben erst, dass sie mit ihm sprach; dass außer ihm noch jemand auf der Veranda saß.
    Eine Zeit lang nahm seine Sorge angesichts Dellas Abwesenheit nicht ab, sondern immer weiter zu. Und er war praktisch nicht ansprechbar. Wie ein Mann in einem Traum.
    Sie ist nicht dein Eigentum, sagte Caroline Middey eines Abends schließlich.
    Was?
    Sie gehört dir nicht, Talmadge.
    Es schien grausam, das zu sagen, zugegeben. Aber war es das wirklich?, dachte sie. Das Mädchen war aus dem Nichts gekommen, um ihn und seine Güte auszunutzen, und Caroline Middey, die verstand, was das Mädchen durchlitten hatte, gab ihr an sich keine Schuld, doch dass Talmadge sich jetzt nach ihr sehnte – wenn es das war, was er tat –, fand sie lächerlich.
    Aber nein, das stimmte nicht. Sie durfte sein Benehmen nicht so einfach abstempeln. Er sehnte sich nicht nach Della. Er sorgte sich um sie. Natürlich erinnerte die Situation an Talmadges Schwester: In letzter Zeit, wenn Caroline Middey Talmadge beobachtete, war der Gedanke an seine Schwester nie weit.
    Elsbeth. Nach ihrem Verschwinden war Talmadge eine Zeit lang fast im Komazustand gewesen, und Caroline Middey war oft zur Plantage gefahren, um nach ihm zu sehen. Dafür zu sorgen, dass er aufstand, sich wusch und anzog. Sie hatte ihm die Haare gekämmt und sie geschnitten, wenn sie zu lang wurden. Ihm Mahlzeiten zubereitet, die vorhielten. Du brauchst nur

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