Im Mond des Raben
davon entfernt bist.« Und auch als männlicher Chrechte, dessen wahre Seelengefährtin keine andere Wahl haben würde, als ihn viel eher zu verlassen, als es beiden recht sein würde.
Seine Augen verrieten, dass er ihre Gedanken gelesen hatte, und trotzdem lächelte er noch breiter. »Du bist eine einzigartige Frau, meine kleine Kriegerin-Prinzessin.« Die letzten Worte sagte er in sehr gedämpftem Ton, doch Sabrine hörte sie trotzdem.
Ihr Vater hatte sie früher »seine kleine Prinzessin« genannt. Die Emotionen, die in ihr aufstiegen, als Barr sie an jene glücklichen Zeiten vor der Ermordung ihrer Eltern erinnerte, drohten Sabrine zu ersticken.
Barr berührte sie am Ansatz ihres Rückens, auf eine Art und Weise, die besitzergreifend und zugleich auch tröstlich war. Die Zukunft ist nicht so düster, wie du glaubst , ließ er sie über ihre geistige Verbindung wissen.
Die anderen Anwesenden ließen sich wieder auf ihren ursprünglichen Plätzen nieder, doch Barr stand jetzt neben Sabrine statt neben Earc. Auch seine Hand blieb auf ihrem Rücken liegen, und Sabrine konnte die prüfenden Blicke vieler, die in ihrer Nähe saßen, sehen.
Pater Thomas und Padraig teilten nun das Abendmahl aus. Von den Menschen, die unter den Éan lebten, hatte Sabrine davon gehört, es selbst aber noch nie gesehen. Das Gefühl der Verbindung mit dem Übersinnlichen während des Rituals war ebenso stark wie bei dem Kult, den die Chrechten praktizierten. Es hätte sie eigentlich nicht überraschen dürfen, doch das tat es.
Nachdem alle von dem Brot gegessen und aus dem Kelch getrunken hatten, beteten der Clan und der Priester alle gemeinsam in dieser seltsamen Sprache, die Barr Latein genannt hatte.
Pater Thomas erklärte Earc und Verica noch einmal ausdrücklich zu Mann und Frau.
Danach zerstreuten sich alle, doch einige, die Sabrine vom Morgen wiedererkannte, strebten auf den Wald zu, statt sich zu ihren Häusern zu begeben. Sie nahmen nicht den direkten Weg, wie Sabrine bemerkte, aber ihr Ziel war völlig eindeutig.
Sie wandte sich Barr zu. Wird noch eine Chrechte-Zeremonie stattfinden? , fragte sie ihn in Gedanken.
Die Möglichkeit, so mit ihm zu kommunizieren, ohne sich sorgen zu müssen, dass andere mithörten, bot eine erstaunliche Freiheit. Und trotz ihrer eigenen ähnlich gearteten Fähigkeiten, die sie innerhalb ihres Clans einsetzen konnte, war es für sie nichts Selbstverständliches.
Aye.
Aber die heiligen Quellen sind eine Tagesreise entfernt.
Es gibt ein paar näher liegende Höhlen, die der Clan benutzt.
Warum?
Barr zuckte mit den Schultern. Rowland hat vieles im Clan geändert, aber was zählt, ist die ehrliche Absicht der Teilnehmer an der Zeremonie, und nicht der Ort, an dem sie vorgenommen wird.
Vielleicht für die Faol. Doch für die Éan liegt Macht in den Höhlen der heiligen Quellen. Es war nicht nur der Clach Gealach Gra , der Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Volljährigkeitszeremonie hatte.
Wie meinst du das?
Aber Sabrine schüttelte den Kopf, weil sie das Thema nicht weiter verfolgen wollte.
Barr stand allein, als das letzte Geheul der Chrechte-Paarungszeremonie verstummte. Er hätte Sabrine gern bei sich gehabt, doch sie hatte sich geweigert mitzukommen und gesagt, ihre Chrechte-Natur würde für ihre Feinde wahrscheinlich erkennbar werden, falls sie ihn begleitete. Barr dagegen war der Meinung, sie hätte dieses Geheimnis ohnehin schon gelüftet, als sie Earc gerettet hatte und während der Feuerbestattung Rowlands bei ihm geblieben war.
Wie auch immer die Éan leben mochten, eins stand fest: Sabrine war so an ihre Rolle als Kriegerin gewöhnt, dass ihr nicht einmal bewusst gewesen war, dass sie nicht inmitten eines traditionellen Clans in diese Rolle schlüpfen konnte, ohne ihre seltsame Herkunft zu verraten. Nicht einmal ein Highland-Clan war es gewöhnt, dass Frauen sich wie Männer kleideten und Schwerter trugen.
Barr hatte es allerdings gefallen. Es hatte ihn sogar richtig heiß gemacht. Und zu wissen, dass sie sich in Gefahr gebracht hatte, um Earc zu retten, hatte Barr vor lauter Angst um sie sogar seine Arroganz vergessen lassen. Diese Frau würde schwer zu beschützen sein, und obwohl ihm dieses Wissen Sorge bereitete, faszinierte es ihn auch.
Er hatte Geschichten von Kriegerinnen unter den Chrechten längst vergangener Zeiten gehört, aber nie gedacht, selbst einmal einer zu begegnen. Im Grunde hatte er auch nicht geglaubt, dass es überhaupt noch welche gab.
Seine
Weitere Kostenlose Bücher