Im Mond des Raben
die Geschichte zu Ende erzählt hatte, trat er zurück und nahm Pater Thomas’ Pergamente mit. Der Priester begann nun, über die Freuden und das Sakrament der Ehe zu sprechen. Seine Worte fielen wie ein warmer Frühlingsregen auf Sabrines ausgedörrtes Herz und verursachten ihr große Freude, aber auch einen tiefen Schmerz. Sie hatte nie auch nur daran gedacht, einen Gefährten zu haben, von einem Ehemann erst ganz zu schweigen.
Dass eine echte Bindung zwischen ihr und Barr bestand, ließ sich nun nicht länger leugnen, doch das änderte nicht ihre Zukunft. Das konnte es nicht, egal, wie sehr ihr Herz sich auch ein anderes Ende ersehnen mochte. Dieses Wissen der Unmöglichkeit schnitt ihr mit der ganzen Schärfe einer Hellebarde in die Seele.
Die Tatsache, dass sie solch starke Gefühle für einen Wolf empfand, müsste sie eigentlich erstaunen, doch seltsamerweise war sie kein bisschen erstaunt. Was nur ein weiterer Beweis dafür war, dass er ihr wahrer Seelengefährte war. Nur eine solche Bindung konnte ihre Abneigung gegen die Faol überwinden und das aufrichtige Verlangen in ihr wecken, mit einem von ihnen ihr Leben zu verbringen. Und egal, wie sehr sie auch wünschte, es sei anders, wuchs doch die Liebe in ihrem Herzen wie zarte Triebe in der warmen Frühlingssonne.
Und dennoch … Sie selbst würde niemals die Hauptperson bei einer solchen Zeremonie sein. Die für ihre Freundin gesprochenen Worte des Segens und der Verheißung gingen Sabrine jedoch so nahe, dass ihr die Tränen kamen. Und trotz der Qual, die ihr das Herz zerriss, waren es Tränen der Freude und nicht der Traurigkeit.
Sie hatte ihr Leben dem Schutze ihres Volkes geweiht, damit andere die Familie haben konnten, die Sabrine sich selbst versagen musste. Und vielleicht würde Verica in größerer Freiheit leben als diejenigen der Éan, die sich tief im Wald verbargen. Verica würde Kinder haben und sich dank Barr und Earc keine Sorgen machen müssen, dass die Kleinen von den Faol gejagt werden würden, die sich selbst als »Donegal-Familie« bezeichneten.
Barr würde das Böse innerhalb des Clans ausmerzen und damit vielleicht nicht nur die Gefahr für sein eigenes Rudel bannen, sondern womöglich sogar das Leben der von ihnen abgesondert lebenden Éan sicherer machen. Sabrine musste einfach glauben, dass er zumindest etwas für diejenigen verändern konnte, die zu beschützen und anzuführen er eingeschworen worden war.
Als die Gelübde abgelegt wurden, waren sie ebenso tiefgehend und allumfassend wie die Versprechen, die die Chrechten bei ihrem uralten Paarungsritual gaben. Ein kleiner Unterschied war höchstens, dass das Verhalten von Braut und Bräutigam dem Moment sowohl Feierlichkeit als auch Fröhlichkeit verlieh.
Denn trotz ihrer Verschiedenheiten waren Earc und Verica froh, ein Paar zu werden.
Als Verica gelobte, Earc zu gehorchen, musste Sabrine sich auf die Zunge beißen. Es lag nicht in der Natur der Chrechten, sich irgendjemandem zu unterwerfen, doch das wusste der Faol’sche Bräutigam wahrscheinlich schon. Er würde von Verica nie die Fügsamkeit erwarten, die der Schwur beinhaltete. Allerdings würde er als ihr Seelengefährte und zweiter Rudelführer auch bestimmt kein Ehemann sein, der über endlose Geduld verfügte.
In Sabrines Augen machte sie das zu einem starken Paar; dies war eine gute Verbindung, aus der Kinder für das Rudel und den Clan hervorgehen würden.
Der Priester segnete die Brautleute ein weiteres Mal und schloss dann: »Möge der Friede unseres Herrn und Vaters mit euch sein!«
Plötzlich wiederholten die Anwesenden um sie herum die Worte füreinander, ergriffen sich an den Händen und lächelten einander an. Sabrine fand das seltsam und hielt sich zurück, bis Barr ihre Hand ergriff. »Friede sei mit dir!«
Sie starrte ihn an. Friede war nicht gerade ihr vorrangigstes Gefühl, wenn sie in seiner Nähe war. Und doch rief seine Hand, die ihre umschloss, nun eine unerklärliche Freude in ihr hervor, die sie nicht ganz verbergen konnte.
Während ihre Gedanken ihr wieder durch den Kopf wirbelten und ihre widerstreitenden Gefühle sie verwirrten, blickte sie mit großen Augen zu Barr auf.
Ein langsames, wissendes Lächeln erschien auf seinen gut aussehenden Zügen, und er streichelte mit dem Daumen die Innenfläche ihrer Hand, bevor er sie wieder freigab. »Die richtige Antwort ist: Und auch mit dir .«
»Natürlich wünsche ich dir Frieden, ich fürchte nur, dass du als Laird dieses Clans noch weit
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