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Im Mond des Raben

Im Mond des Raben

Titel: Im Mond des Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Monroe
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offensichtlich.
    Und ob du sicher wärst! Diese Pfeile waren für mich bestimmt.
    Möglich. Barr war nicht bei allen Clan-Mitgliedern beliebt, besonders nicht, nachdem er Earc erlaubt hatte, Rowland zum Duell zu fordern.
    Die Menschen unter den Donegals hatten geglaubt, es sei die gedankenlose Herausforderung eines Kriegers, und waren sogar noch empörter über den Kampf zwischen dem viel jüngeren Earc und ihrem früheren Laird gewesen als die Chrechten. Denn obwohl Rowland ein schlechter Anführer gewesen war, hatte er trotz allem noch zum Clan gehört.
    Trotzdem glaubte Sabrine nicht, dass die Pfeile ganz allein für Barr bestimmt gewesen waren. Ihre Gefühle mussten ihm ihre Gedanken verraten haben, denn er fluchte wieder heftig.
    Ich wäre in deinem Clan niemals sicher.
    Das wärst du sehr wohl, verdammt noch mal!
    So wie jetzt gerade?
    Ganz genau. Das Knurren seines Wolfes war so tief, dass sie die Worte kaum verstehen konnte.
    Du wirst nicht immer da sein, um mich zu Boden zu werfen und vor einem Pfeil zu schützen.
    Doch, das werde ich.
    Was könnte sie einer solchen Uneinsichtigkeit entgegensetzen?
    Sie wussten beide, dass der Angriff zweifelsohne ihnen beiden gegolten hatte; Sabrine war sich nur nicht sicher, was der Grund dafür war. Hatte es etwas damit zu tun, dass sie so offenkundig Barrs Gefährtin war? Oder hatte jemand ihre Éan-Natur entdeckt und wollte sie deshalb töten? Aber im Grunde genommen spielte das auch keine Rolle.
    Bei den Donegals zu bleiben wäre unaussprechlich dumm, und sie war keine Närrin. Ungeachtet dessen, was ihr Herz auch wollte.
    Bleib auf dem Baum!
    Und was hast du derweil vor?
    Ich versuche, eine Witterung oder Spuren zu finden.
    Seit dem Tag, an dem sie sich begegnet waren, war Sabrine nicht mehr in ihrer Rabengestalt gewesen, und es fühlte sich so wundervoll an, dass sie zustimmte.
    Sabrine nutzte die Zeit, um zwischen den Ästen herumzuhüpfen und den Wald aus jedem Blickwinkel zu betrachten. Sie konnte jedoch absolut nichts Ungewöhnliches entdecken.
    Immer wieder wurde ihr Blick vom Himmel angezogen, und ihr Verlangen zu fliegen war wie ein dumpfer Schmerz in ihrer Brust. Sabrine probierte vorsichtig ihren Flügel aus, streckte ihn und zog ihn wieder an, aber sie musste sich eingestehen, dass er noch nicht kräftig genug zum Fliegen war. Ein einsamer Adler kreiste in der Ferne, zu weit von dem Territorium ihrer Leute entfernt, um ein Éan zu sein. Doch allein schon das edle Tier zu sehen weckte eine ganz anders geartete Qual in Sabrine.
    Die Qual des Heimwehs. Sie wollte wieder unter ihren Leuten sein, und wenn es auch nur die Krieger ihrer Gruppe waren, die den Auftrag hatten, die anderen zu beschützen.
    Sabrine wollte ihren Bruder vor seiner Volljährigkeitszeremonie sehen. Sie wollte ihn umarmen, wie sie es nicht mehr getan hatte, seit sie getrennt worden waren, als sie ihre Ausbildung zur Kriegerin begonnen hatte.
    Sie hatte so viel verloren – zuerst ihre Eltern und dann aus eigenem Entschluss den Rest ihrer Familie –, als sie sie verlassen hatte, um sich Kriegern anzuschließen. Und diese Männer und Frauen hatten es nie geschafft, den Platz ihrer Familie einzunehmen.
    Und jetzt gab sie Barr auf, und ihr Herz schrie vor Zorn über die Ungerechtigkeit. Eine Bindung wahrer Seelengefährten sollte niemals aufgegeben werden. Doch Sabrine glaubte, genauso wenig eine Wahl zu haben wie an dem Tag, an dem sie ihren Eid als Beschützerin der Éan geleistet hatte.
    Alles in ihr verkrampfte sich von einer seelischen Qual, von der sie gehofft hatte, sie niemals wieder zu empfinden.
    Seit sie ihre Verbindung mit Barr eingegangen war, vermisste sie ihre Familie mit einer schmerzlichen Sehnsucht, die sie längst begraben geglaubt hatte.
    Erinnerungen, die Sabrine so tief zu vergraben versucht hatte, dass sie nie wieder ans Licht kommen würden, stiegen jetzt plötzlich in ihr auf und erstickten sie mit alten Emotionen, die sich mit den neuen vermischten. Sie sah wieder ihre Mutter, die sie die heilenden Gesänge lehrte, wenn sie sie abends in den Schlaf sang. Ihren Vater, der ihren Bruder hochhielt, als der Junge gerade geboren war, um ihrem Volk seinen zukünftigen Prinzen vorzustellen. Die ersten Schritte ihres Bruders, die ihn nicht zu seiner Mutter trugen, sondern zu Sabrine. Sie war sein Liebling gewesen, und sie hatte ihn im Stich gelassen.
    Die unausweichliche Qual, die dieses Wissen in ihrer Seele weckte, verschlug ihrem Vogel so jäh den Atem, dass sie fast von

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