Im Morgengrauen
mir vertrauen … nicht Manuel, aber mir. Er wollte die Zeit nutzen, um ein bisschen Musik zu hören. Ich versicherte ihm, dass ich ihn liebte.
Manuel hatte bereits Aquila aus ihrer Box geholt und war dabei, sie zu satteln, als ich kam. Und das, obwohl ich gar nicht bestätigt hatte, dass ich ihn begleiten würde. Paco stand schon reitfertig neben ihnen. Manuels Gesicht strahlte, als er mich kommen sah. Das Lächeln, das ich zwei Wochen zuvor noch so unwiderstehlich fand, fing langsam an, mich zu nerven. Seine Selbstsicherheit und Unverfrorenheit wurden allmählich unerträglich. Er spielte mit mir und was tat ich? Ich ließ es zu, wie Yannick sehr zu recht bemerkt hatte.
„ Erklär mir mal, Manuel, woran liegt das? Ich verlasse gut gelaunt das Haus, ich habe noch kein Wort mit dir gewechselt – und allein dein Anblick geht mir schon auf die Nerven.“
„ Guten Morgen, Lilly.
Guten Morgen, Manuel
. Hast du gut geschlafen?
Sehr gut, danke – und selbst
?“, sprach er einen Wunschdialog aus, während ich mich näherte.
Als ich vor ihm stehen blieb, drückte er mir einen Kuss auf die Stirn. Ich holte meine Begrüßung mit einem knappen „Guten Morgen“ nach.
„ Sag nicht, du bist wegen gestern Abend noch sauer?“
„ Doch, bin ich.“
„ Ich hätte nie gedacht, dass du so nachtragend bist.“
„ Ich bin nicht nachtragend, ich bin müde. Müde, dass du mich ständig aufziehst. Müde, dass du mit mir spielst. Müde, dass du nicht akzeptieren kannst, dass ich den passenden Schuh gefunden habe. Es sei denn …“, besänftigte ich mich und lächelte ihn an.
„ Wer weiß?“
Strahlend und mit funkelnden Augen stieg er auf Paco.
Kaum war mein Zorn beschwichtigt, schon schaffte er es wieder, mich auf die Palme zu bringen. Aquila riss mir die Karotte aus der Hand, ich musste warten, bis sie ihre Leckerei runtergeschlungen hatte, um ihn einzuholen.
„ Noch etwas, was mich bei dir wahnsinnig macht: Du deutest etwas an und lässt mich dann einfach stehen, damit ich dir hinterherrenne.“
„ Ja und? Es klappt ja!“
„ Sei dir deiner selbst nicht so sicher. Deine Arroganz geht mir momentan so auf den Geist. Irgendwann wirst du es schaffen, mich ganz loszuwerden … Vielleicht viel schneller, als dir lieb ist.“
„ Was soll das heißen?“, sein Lächeln verschwand augenblicklich.
„ Nichts. Vergiss es! Eigentlich wolltest DU mir etwas erzählen.“
„ Nachher. Wie war’s mit meiner Mutter gestern Abend?“
„ Du tust es schon wieder!“, sagte ich genervt.
„ Was denn?“
„ Tu nicht so, als wüsstest du nicht, wovon ich rede. Du lässt mich seit gestern Abend zappeln und hast schon wieder die Frechheit, das Thema zu wechseln.“
„ Ach, nun hab Dich nicht so! Gestern hattest du andere Sorgen, außerdem waren wir nicht allein.“
Nun waren wir das und er ließ mich weiterhin im Dunkeln tappen. Er brachte vor, er möge nicht auf dem Pferderücken darüber sprechen, und bat mich um ein bisschen Geduld. Am Fluss würde er mir alles verraten. Also sprachen wir über Anna.
Ich berichtete ihm von der unverhofften Wandlung seiner Mutter. Manuel schien sich wirklich darüber zu freuen. Überrascht war er allerdings nicht, sie hatten sie schließlich zu dritt bearbeitet.
„ Wie zu dritt?“, fragte ich überrascht.
„ Oma, Laurence und ich.“
„ Du?“, mein Erstaunen stieg ins Unermessliche.
„ Ja, ich. Das haut dich um, was? … Dass ausgerechnet ich mich für Yannick einsetze.“
„ Ich muss zugeben, dass mich das verwundert. Woher der Sinneswandel?“
„ Tja, ich habe nicht vergessen, dass ich ihm vielleicht mein Leben verdanke … Außerdem hasse ich es, dich weinen zu sehen.“
„ Das ist die erste nette Sache, die du heute Morgen zu mir sagst.“
„ Wenn es nach mir ginge, würde ich den lieben langen Tag nette Sachen zu dir sagen. Du willst sie aber gar nicht hören.“
Es war wieder mal Zeit, das Thema zu wechseln. Ich wunderte mich, dass Laurence und Anna erneut miteinander telefoniert hatten. Anna hatte es mit keiner Silbe erwähnt. Ich war zugegebenermaßen ein wenig enttäuscht, denn meine Tante hatte sich nicht, wie versprochen, bei uns gemeldet. Na ja, wenigstens schien SIE keinen Einwand gegen mein Verhältnis mit einem Lambert zu haben.
Schweigend trabten wir eine Weile nebeneinander, als Manuel mich mit einem verschmitzten Lächeln anschaute und meinte: „Du hattest Recht, das Heu in unserem Alter ist gefährlich“ und weg war er … auf und davon im
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