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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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wachsen sehen, Lilly. Aus meiner kleinen Tochter wurde über Nacht eine Frau. Durch deine Abreise konnte ich das irgendwie verdrängen, aber dann kamst du mit Yannick zurück. Das war ein Schock. Alles geht mir zu schnell. Gestern noch ein Kind und heute erinnerst du mich an deine Mutter. Wenn ich dich mit Yannick zusammen sehe, wird mir bewusst, dass ich dabei bin, dich zu verlieren, … dass ich bald allein mit Marie sein werde, und das macht mir Angst. Wäre deine Mutter an meiner Seite, würde mir das Loslassen sicher leichter fallen. Ich liebe dich, mein Spatz.“
    „ Ich liebe dich auch.“
    Ach du Schreck! Vorwürfe wären mir lieber gewesen als eine solche Offenbarung. Wie könnte ich ihn jetzt noch fragen, ob ich mit Yannick nach Paris ziehen durfte, nach allem, was er preisgegeben hatte? Unmöglich. Ich presste meine Schläfe gegen seine Brust, um meine Tränen zu verbergen. Ich wusste nicht einmal, was mich am meisten traf: sein Kummer oder die Tatsache, dass sich mein Schuljahr in Paris gerade in Luft aufgelöst hatte. Am Ende des Lieds bedankte er sich für den Tanz mit einem Kuss auf die Stirn. Zu meiner Überraschung befand sich Yannick neben uns, um ihn abzulösen. Ich hatte ihn nicht einmal kommen sehen.
    „ Alles okay?“, wollte er wissen.
    „ Nichts ist okay. Ich möchte mich hinsetzen.“
    „ Nicht jetzt. Am Tisch können wir nicht reden. Erzähle, was hat er gesagt?“
    „ Dass er mich liebt, dass er Angst hat, mich zu verlieren … und allein mit Marie dazustehen.“
    „ Es ist nun mal der Lauf der Dinge. Damit muss er sich abfinden.“
    „ Ich kann nicht mit dir nach Paris ziehen, nicht mehr. Ich war so egoistisch, dass ich nicht einmal an Marie gedacht habe. Sie ist gerade zehn, ich kann sie doch nicht allein lassen.“
    „ Für deine Schwester findet sich schon eine Lösung. Nehmen wir an, du machst die Schule hier fertig, spätestens in einem Jahr wirst du irgendwo hinziehen müssen, um zu studieren. Marie wird dann elf Jahre alt sein. Meinst du wirklich, das wird einen Unterschied machen? Dein Vater wird sie immer noch zu jung finden, um auf sich allein gestellt zu sein. Wie lange willst du hier bleiben, um Kindermädchen zu spielen?“
    „ So lange wie nötig.“ Währenddessen beobachtete ich, wie mein Vater das nächste Glas Whisky zu seinen Lippen führte. „Komm, lass uns zum Tisch gehen. Er guckt uns zu.“
    „ Ja und?! Lass ihn doch gucken! Ist es nicht das, was du vorhin zu mir gesagt hast? Er wird sich daran gewöhnen müssen. Hätte er was dagegen, hätte er nicht winken sollen, damit ich herkomme.“
    „ Er hat dich hierher gewinkt?"
    „ Natürlich. Du hast doch nicht wirklich gemeint, ich würde für den nächsten Tanz Schlange stehen, oder? Bei einem Manuel oder einem Damien hätte ich es vielleicht getan, aber doch nicht bei deinem Vater. Nicht heute und nicht in dieser Situation.“
    „ Er hat wieder angefangen zu trinken.“
    „ Ja und?! Lass ihn trinken! Du bist seine Tochter, nicht seine Mutter. Heute Nacht wird er in Morpheus Armen schlafen, morgen mit einem Kater aufwachen und diesen Exzess, den er hoffentlich nicht so schnell wiederholen wird, bereuen.“
    „ Du scheinst zu wissen, wovon du redest … Whisky?“
    „ Tequila“, lächelte er mich an. „Entspann dich jetzt, ich muss dich spüren. Für Marie werden wir eine Lösung finden, ich verspreche es dir. Lass uns erstmal die Woche in Paris genießen und dann sehen wir weiter.“
    Seine Lippen auf meiner Schläfe brachten mich nicht wie sonst zum Zittern, sie halfen mir aber, den Kopf freizubekommen.
    „ Ein schönes Lied“, stellte ich fest, obwohl ich wenig davon mitbekommen hatte.
    „ Honey Bee
von Madrugada. Du hast es auch auf deinem MP3.
    Als dann
No Other Way
von Paolo Nutini lief, schmolz ich regelrecht in seinen Armen und ließ mich wiegen, bis schnellere Musik ertönte.
     

    Mein Vater ging als Erster ins Bett. Ich sollte lieber sagen, dass er zu Bett gebracht wurde, und zwar von meiner Großmutter, die sich für alle Fälle von Philippe hatte begleiten lassen. Miguel und Marie folgten ihm schnell, als ob Manuels Vater nur auf diesen Aufbruch gewartet hätte, um sich zu verabschieden. Marie ging allerdings nicht ohne weitere Diskussion.
    Als Aurelie den Wunsch äußerte, nach Hause zu gehen, fragte ich Damien, ob er sie fahren könnte. Mir war aufgefallen, dass er nur Wasser getrunken hatte. Damien musste Anfang zwanzig sein, ich ging davon aus, dass er einen Führerschein besaß. Er

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