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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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und sah, wie der Leopard seine Zunge in meine Wunde presste. Ich knurrte ihn an, er sollte damit aufhören. Unbeeindruckt machte er einfach weiter. Als ich versuchte, mein Bein wegzuziehen, knurrte er zurück. Obwohl seine Augen geradeaus auf meine Verletzung gerichtet waren, konnte ich seinen mahnenden Blick auf mir spüren. Eine Katze hatte ein verdammt großes Sichtfeld. Mit protestierender Kehle ließ ich meinen Kopf wieder schwer auf den Boden fallen. Seine Zunge brannte wie Feuer. Ich fragte mich, wie lange ich diese Tortur noch ertragen musste. Jegliches Zeitgefühl war verflogen. Hin und wieder fühlte ich mich wie weggetreten und dann vernahm ich erneut, was um mich herum geschah. Mal weg, mal wieder da … Aber nie ganz, … wie in einem Wachkoma.
    Ein schwarzer Panther lief nervös um mich rum. Laurence wahrscheinlich. Sie war wunderschön! Was für ein blöder Gedanke in meiner Lage. Yannick war auch da! Er versuchte den Leopard von mir wegzuzerren. Miguel hielt ihn aber zurück: „Lass ihn machen. Der Junge weiß, was er tut.“
    Irgendjemand hatte eine Schubkarre geholt. Manuel. Ich erkannte seine Beine.
    „ Dafür ist es noch zu früh. Sie kann erst transportiert werden, wenn die Blutung gestillt ist“, hörte ich hinter meinem Rücken. Es war Philippes Stimme.
    Er hatte also seine menschliche Gestalt wieder angenommen. War denn alles vorbei? Hatten alle Wölfe die Flucht ergriffen? Gab es Tote? Wie ging es meiner Großmutter? Und Anna? Die Worte, die an meine Ohren drangen, wurden wieder undeutlich …
    Jemand fasste mich an den Schultern. Manuel. Ich erkannte seinen Geruch, ehe ich die Augen öffnete. Er war über mich gebeugt, als wollte er mich tragen. Anscheinend war ich nun transportfähig. Ich musste wieder das Bewusstsein verloren haben. Philippe hob mein Hinterteil, was unerträgliche Schmerzen auslöste. Aber nur für den Bruchteil einer Sekunde – und dann: nichts als Schwärze.
    Als ich zu mir kam, lag ich in der Scheune auf dem Heu. Als Erstes nahm ich den Geruch von dem Leoparden wahr, der mich verteidigt hatte. Er lag reglos bei mir, den Kopf dicht an meinem Schenkel. Sobald er merkte, dass ich das Bewusstsein wieder erlangt hatte, stand er auf. Ich spürte, wie eine Hand mich streichelte, und wollte den Kopf heben. Sie hinderte mich zärtlich, aber bestimmt daran.
    „ Streng dich nicht unnötig an.“ – Yannick!
    Er kam mit seinem Kopf ganz nah und drückte einen Kuss auf den meinen, kraulte dabei meinen Hals. Als der Leopard wieder anfing, meine Wunde zu lecken, ließ er ihn gewähren.
    „ Lilly! Endlich, du bist wieder bei uns.“ Philippe betrat gerade die Scheune. „Du hast uns vielleicht einen Schreck eingejagt.“ Er bückte sich, um meine Nase anzufassen. „Gut! Das Fieber ist gesunken. Hat sie schon das Bein bewegt?“ Die Frage war an Yannick gerichtet.
    „ Nein, sie ist gerade eben aufgewacht.“
    Als gehorchte Damien in seinem Leofell einem unausgesprochenen Befehl, machte er seinem Vater Platz. Dieser untersuchte mein Bein, bewegte es leicht, fragte, ob ich Schmerzen hatte. Ich sollte mit den Augen blinzeln. Konnte er in seiner menschlichen Gestalt meinen Blick nicht deuten? Wie auch immer. Sicher war sicher. Einmal für Ja, zweimal für Nein. Ich tat beides.
    „ Was soll das heißen? Ja oder nein?“
    „ Das ist typisch Lilly“, erklärte Yannick mit einem Lächeln. „Wahrscheinlich hat sie Schmerzen, sie sind aber erträglich.“
    Volltreffer. Ich schloss kurz die Augenlider.
    „ Versuch das Bein zu bewegen. Nicht viel, nur ein paar Zentimeter. Ich möchte wissen, ob ein Nerv verletzt wurde.“
    Philippes Augen strahlten, als ich mich rührte.
    „ Tut es mehr weh als vorhin?“
    Meine Augen bejahten.
    „ Es wird wieder, du bist auf dem richtigen Weg.“ Mit einem Lächeln fuhr er mit seiner Hand durch mein Fell und stand auf. „Du darfst dich erst zurückverwandeln, wenn du völlig genesen bist. Wenn du hässliche Narben vermeiden willst, solltest du warten, bis die Wunde ganz verheilt ist. Eliane wird dir sagen, wann es soweit ist. Sie wird sich mit Anna abwechseln, um nach dir zu sehen.“ Gott sei Dank, ihnen war nichts passiert. „Wir müssen jetzt los.“
    Damien fauchte, er sei anderer Auffassung, und ließ sich neben meinen Schenkel plumpsen.
    „ Ich möchte dich daran erinnern, dass du einen Zug nehmen musst. Wir bringen dich jetzt zum Bahnhof.“
    Philippes Ton war eisig. Das schien den Leoparden aber nicht zu kümmern, der riss sein Maul auf,

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