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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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wartete Manuel darauf, dass ich etwas sagte. Es gab genügend Sachen, die ich gerne angesprochen hätte. Ich wusste aber nicht, wie und womit ich anfangen sollte.
    Als wir am Wasser von den Pferden abstiegen, fragte er, was ich auf dem Herzen hatte.
    „ Ich kenne dich gut genug, um zu sehen, dass dich was bedrückt. Hat es etwas damit zu tun, was mit Damien vorgefallen ist?“
    „ Wie bitte?!“, fuhr ich fassungslos zusammen. „Fängst du jetzt auch damit an?“
    „ Wieso, hat Yannick auch etwas gemerkt?“
    „ Was heißt hier
gemerkt
? Da gibt es nichts zu merken. Ich durfte mich aber in der Tat einem Verhör unterziehen. Bei Yannick kann ich das noch verstehen, aber bei dir? Ich habe keine Ahnung, was Aurelie dir erzählt hat, du kannst aber alles vergessen, denn sie hat keinen Schimmer davon, was überhaupt geschehen ist“, meinte ich gereizt.
    „ Aurelie hat gar nichts gesagt. Ich habe dein T-Shirt in seinem Zimmer gesehen. Als ich gefragt habe, ob es nicht deins wäre, meinte er nur, ich soll mich um meine Angelegenheiten kümmern. Dann hat er dran geschnüffelt und es in die Tasche gesteckt.“
    „ Und du hast es ihm nicht weggenommen?“
    „ Wieso? Hätte ich das tun sollen? Du gehörst mir nicht, Lilly.“
    „ Nein, wie wahr! Ich gehöre niemandem. Du hättest es ihm trotzdem wegnehmen können. Du hast doch nicht im Ernst geglaubt, ich hätte ihm mein T-Shirt als Souvenir dagelassen?“
    „ Was weiß ich?! Er hat dir das Leben gerettet, oder? Ich habe mir sagen lassen, sowas verstärkt die Bindung.“
    „ Wieso verstärken?! Dafür müsste es erstmal eine Bindung geben. Ich empfinde gar nichts für ihn. Ich habe ihn nicht einmal gespürt, als er mich stundenlang versorgt hat.“
    „ Vielleicht weil dein Körper auf Genesung konzentriert war. Ich würde aber wetten, dass du Damien nicht so schnell aus dem Kopf gehst.“
    „ Na prima! Das hat mir noch gefehlt!“
Ein dritter Verehrer
, hätte ich beinahe gesagt, hielt mich aber zurück. Ich wollte Manuel nicht kränken. „Gut, dass er in Brasilien lebt.“
    „ Wäre es zu indiskret zu fragen, wie er zu deinem T-Shirt gekommen ist?“
    „ Eigentlich bin ich dir keine Rechenschaft schuldig, ich möchte aber nicht, dass du falsche Schlüsse ziehst. Er hat mir den Weg zur Tür versperrt, und deshalb bin ich durch das Fenster geflogen. Das ist alles.“
    „ So ein Scheißkerl! Wenn der zurückkommt …“
    „… passiert gar nichts. Sollte er je zurückkommen, benimmst du dich, als ob nichts gewesen wäre. Wenigstens solange er mich nicht belästigt. Versprich es mir!“
    „ Nur wenn du mir versprichst, sofort Bescheid zu sagen, sobald er dich bedrängt.“
    „ Versprochen!“
    „ Was dachtest du, was Aurelie zu mir gesagt hat?
    „ Na ja, sie hat gesehen, wie er meine Klamotten, außer meinem T-Shirt, zur Veranda gebracht hat. Keine Ahnung, was in ihr vorgegangen ist, auf jeden Fall hat sie uns verdattert angeguckt.“
    „ Hätte sie etwas erzählt, hätte ich sofort geahnt, dass du dich verwandelt hast.“
    „ Manuel …“, fragte ich dann zögernd, „willst du immer noch mit uns nach Spanien?“
    „ Das hatte ich vor, Aurelie verbringt sowieso drei Wochen in Südfrankreich mit ihrem Vater. Aber keine Sorge, ich würde es verstehen, wenn du es vorziehst, Yannick mitzunehmen. Ehrlich gesagt habe ich damit gerechnet.“
    „ Darum geht es nicht. Ich kann wegen meiner Narbe keinen Strandurlaub mit meinem Vater machen.“
    „ Ist sie so groß?“
    „ Du hast ja die Verletzung gesehen, oder?“
    „ Zeigst du sie mir?“
    „ Spinnst du?! Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich hier und jetzt meine Hose runterlasse.“
    „ Entschuldige, es war kein Vorwand …“
    „ Vergiss es!“, unterbrach ich ihn, um uns weitere Peinlichkeiten zu ersparen. „Ich weiß, wie du es gemeint hast. Um auf den Urlaub zurückzukommen, ich bin mir sicher, dass mein Vater nichts dagegen hätte, dich mitzunehmen, auch wenn ich nicht dabei bin.“
    „ Mag sein, aber ohne dich habe ich keinen Bock drauf.“
    „ Kein Bock auf Sonne, Strand und Meer? Ich erkenne dich ja gar nicht.“
    „ Die Prioritäten ändern sich mit dem Alter.“
    „ Wie konnte ich das vergessen? Du bist ja schon so alt.“
    „ Fang nicht wieder damit an!“
    „ Du hast doch damit angefangen. Entschuldige!“ Ich versuchte, mein Lachen zu unterdrücken. „Es ist ein Spruch, der in der Regel aus dem Mund von älteren Leuten kommt.“
    „ Sehe ich zwar anders, ich werde aber nicht mit

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