Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
Vom Netzwerk:
besser.“
    Als er merkte, dass ich gegen die Tränen kämpfte, wollte er mich in die Arme nehmen, ich entzog mich aber. „Lass mich! Ich glaube, du hattest Recht neulich: Er hat mich mit seinen Augen rumgekriegt … Nur mit seinen Augen, mehr war gar nicht nötig.“
Vielleicht ein bisschen Hartnäckigkeit.
„Hör auf, dich zu quälen und nach irgendwelchen Erklärungen zu suchen. Es gibt nichts zu verstehen, es ist einfach so gekommen. Ich habe es nicht gewollt, ich bin aber froh, dass es passiert ist, weil wir ohnehin keine Zukunft miteinander haben. Und du weißt ganz genau, dass es nichts mit deinem Alter zu tun hat und noch weniger mit dem, was er hat und du nicht. Also hör bitte auf!“
    Jetzt war ich diejenige, die frische Luft brauchte. Nachdem ich meine Tränen abgewischt hatte, begab ich mich zur Haustür. In diesem Zustand wollte ich weder meiner Großmutter noch Yannick über den Weg laufen. Leider rannte ich meiner Oma regelrecht in die Arme, als ich rauswollte. Ich wich ihrem Blick aus und setzte mich auf die Bank vor dem Haus.
    Wäre ich bloß bei Yannick geblieben. Ich nahm mir vor, wieder zu ihm zurückzugehen, sobald ich mich wieder gefangen hatte. Er kam mir aber zuvor und setzte sich zu mir.
    „ Habt ihr euch gestritten?“
    „ Mehr oder weniger.“
    „ Ich glaube, deine Großmutter knöpft ihn sich gerade vor. Magst du etwas Langsameres hören?“
    Lächelnd wedelte er mit seinem MP3-Player. Ich nickte und schmiegte mich an ihn. Er gab mir einen Hörer, behielt den anderen und kündigte an: „
Devil’s Road
von The Walkabouts. Sie könnten dir gefallen.“
    Das taten sie. Als das Album zu Ende war, wollte ich wieder rein, denn allmählich wurde mir kalt.
    „ Ich möchte noch ein bisschen draußen bleiben, man kann einfach besser sehen, ob jemand kommt ... Obwohl, sollten sie sich von hinten heranschleichen, könnten sie uns trotzdem überraschen. Geh ruhig rein, wenn dir kalt ist, ich komme nach. Wir müssen uns sowieso noch mit den anderen über die Nachtwache unterhalten.“
    Ehe ich das Haus betrat, warf ich einen Blick zurück: Yannick nahm gerade sein Handy aus der Tasche.
    Kaum betrat ich das Wohnzimmer, stand meine Großmutter auf, zum Kochen, wie sie meinte. Da ich nicht die geringste Lust verspürte, mich allein mit Manuel in einem Raum zu befinden, bot ich ihr hastig meine Hilfe an.
    „ Danke, noch brauche ich dich nicht. Ich glaube aber, dass Manuel mit dir reden will.“
    Na toll! Gerade das hatte ich vermeiden wollen.
    „ Richtig. Ich möchte mich für vorhin entschuldigen“, meinte er kleinlaut.
    „ Weil sie dich darum gebeten hat?“
    „ Nein. Eigentlich wollte ich es vorhin bereits tun, schon vergessen?“
    „ Das ist zu einfach, Manuel. Zuerst wirfst du mir Sachen an den Kopf und dann willst du mich trösten. Nein, danke!“
    „ Lass mir ein bisschen Zeit, um damit klarzukommen, dass es zwischen uns nichts geben kann.“
    „ Es gibt etwas zwischen uns, nur dass wir kein Paar sein können. Nichts und niemand, nicht einmal Yannick kann das zerstören, was uns verbindet. Der Einzige, der das könnte, bist du mit deinem Verhalten.“
    Da Yannick reinplatzte, hatte Manuel keine Möglichkeit, etwas hinzuzufügen. Ich nahm die Gelegenheit wahr, um den Raum zu verlassen. Als ich an Yannick vorbeilief, der gerade eine Schachtel auf das Sideboard legte, küsste ich ihn zum ersten Mal in Manuels Gegenwart auf den Mund. Nichts Inniges, aber immerhin ein Anfang. Ich war fest entschlossen, Manuel nicht mehr zu schonen. Weg mit den Samthandschuhen!
    „ Habt ihr schon über die Wache gesprochen?“, wollte Yannick wissen.
    „ Nein, ich dachte, das machen wir, wenn alle zusammen sind“, antwortete ich.
    „ Ich möchte das Haus erkunden, bist du dabei?“, hörte ich ihn noch Manuel fragen.
    Als ich die Küche betrat, lief mir sofort das Wasser im Mund zusammen. Der Braten mit Pflaumen und Safran, der vor sich hinschmorte, duftete köstlich. Meine Großmutter war zugleich überrascht und erfreut zu erfahren, dass die Jungs sich das Haus gemeinsam anschauten, um die Bewachung zu organisieren.
    Während ich später den Tisch deckte, stellte ich fest, dass die beiden in ihrem Element waren. Ein Außenstehender hätte sicherlich gemeint, die zwei funkten auf derselben Wellenlänge. Vielleicht taten sie das, wenn auch nur für einen flüchtigen Augenblick. Um diese zerbrechliche Idylle nicht zu stören, verzog ich mich leise in die Küche. Aus lauter Langeweile betrachtete ich die

Weitere Kostenlose Bücher