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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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Nilpferdes oder die eines Elefanten schlüpfst, ist alles in Ordnung. Selbst meine Toleranz hat Grenzen.“
    „ Idiot!“
    „ Ich liebe dich auch.“ Was er sofort erneut mit einem innigen Kuss untermauern musste. „Nein im Ernst, es wäre vielleicht nicht so einfach, das Ganze zu akzeptieren, wenn du dich in ein hässliches Tier verwandeln würdest. Ich muss gestehen, dass ich eigentlich nicht auf Katzen stehe. Hätte ich ein Haustier, wäre das eher ein Hund. Aber Raubkatzen haben schon was. Ich finde sie wunderschön, fast majestätisch. Ich mag ihre Geschmeidigkeit, vor allem wenn sie sich ihrer Beute nähern. Ich muss eine Schwäche für Raubtiere haben. Vielleicht sollte ich mal meinem Psychologen einen Besuch abstatten.“
    „ Du gehst zum Psychologen?“
    Er lachte, küsste mich flüchtig und spielte mit meinem Haar.
    „ Nein, es war ein Witz. Hätte ich einen, würde ich ihm das auch nicht erzählen. Er würde wirklich meinen, ich habe nicht alle Tassen im Schrank.“
    „ Das kenne ich … Ich fühle mich wohl mit dir, ich finde deinen Humor beruhigend und entspannend.“
    „ Das freut mich, denn ich fühle mich auch sauwohl bei dir. Ob du eine Raubkatze oder ein Raubvogel bist, spielt für mich keine Rolle. Für mich bleibst du Lilly.“
    „ Dein Falke … sah er mir ähnlich?“
    „ Überhaupt nicht. Er war viel größer, viel schwerer. Es war vielleicht ein seltsames Gefühl, als du auf meinen Arm gekommen bist. Du warst so vorsichtig, ich habe dich kaum gespürt. Meiner hat bestimmt fünf Mal so viel gewogen. Ohne Schutz hätte ich ihm nie meinen Arm angeboten und schon gar nicht zur Landung. Wenn er zu einem geflogen kam, war es ratsam, fest auf den Füßen zu stehen … Eigentlich sah er mir ähnlich: schwarz und weiß. Eine Gemeinsamkeit hatte er aber auch mit dir: Er war ebenfalls ein Mischling. Ich muss eine Schwäche für Halbblute haben.“
    „ Hast du Bilder von ihm?“
    „ Ein ganzes Album. Er war eine Kreuzung zwischen einem weißen Gerfalken und einem Sakerfalken. Seine Flügelspannweite betrug einen Meter dreißig, was enorm ist. Er war wunderschön. Du hast ihn aber schon gesehen, ich trage ihn immer bei mir.“ Vor meinem inneren Auge sah ich seine Tätowierung. Der Vogel, den ich am Nachmittag im Spiegel vom Badezimmer gesehen hatte, sah dem prächtigen Raubvogel auf Yannicks Rücken überhaupt nicht ähnlich. Nach einer kurzen Pause fragte er zögerlich: „Lilly, hast du über meine Bitte nachgedacht?“
    „ Ob ich mich vor deinen Augen verwandeln kann?“, fragte ich zögernd. Sein hoffnungsvoller Blick verriet mir, dass ich richtig lag.
    „ Ich weiß nicht recht. Bisher hatte ich Angst, es könnte dich schockieren und ich würde dich verlieren …“
    „ Ganz im Gegenteil, ich glaube, es würde mich in jeder Hinsicht fesseln. Du würdest etwas mit mir teilen, was so intim, so sonderbar ist, dass es uns noch enger binden würde. Deine Befürchtungen sind völlig unbegründet. Ich bin fasziniert, Lilly. Fasziniert und verliebt.“
    Als er mich wollüstig am Hals küsste, fragte ich: „Ist das Faszination oder Begierde?“
    „ Beides“, gab er zu. „Ich muss gestehen, dass ich dich noch anziehender finde, seit ich akzeptiert habe, dass du kein normales Mädchen bist. Und, darf ich?“
    „ Mal sehen. Wer weiß, vielleicht kommt es früher, als du denkst … Und du behauptest, du wärst das Sexobjekt.“
    Ich versuchte, empört zu klingen. Er musste lachen und konterte: „Jedem sein Spielzeug.“
    Auf einmal war da kein Platz mehr für Worte …
     

    Nach dem Duschen zog ich meine eigenen Kleider an. Yannick lag immer noch im Bett mit seinem MP3-Player.
    „ Was hörst du? “
    „ The Pogues.“ Endlich eine Gruppe, die ich kannte. „Wir können etwas anderes hören, wenn du magst.“
    „ Nein, ich finde sie gut. Ich möchte nur schauen, was Manuel und meine Großmutter so treiben“, sagte ich mit einem bedrückten Lächeln.
    Unten angekommen merkte ich, dass Manuel sich ebenfalls umgezogen hatte. Es machte mich verlegen, denn mir wurde klar, dass er womöglich im Nebenzimmer gewesen war, als wir uns im Bett vergnügt hatten. Ich hoffte, er hatte nichts gehört.
    „ Wo ist Yannick?“, fragte er.
    „ Oben, er hört Musik.“
    „ Er hat eine Menge CDs.“
    „ Ja, die Musik ist eine seiner Leidenschaften.“
    „ Ist es das, was dir gefällt, seine CDs, sein Wagen, seine Motorräder?“
    „ Wie kannst du so etwas sagen? Ich habe gedacht, du kennst mich

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