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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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Papa wird mich nie gehen lassen!“
    „ Tja, er wird bestimmt nicht begeistert sein, wenn du mit einem Mann ankommst, der … wie alt ist er nochmal?“
    „ Fünfundzwanzig“, antwortete ich leise.
    „… wenn du also mit einem fünfundzwanzigjährigen Mann ankommst, der vermutlich unter eurem Dach schlafen soll.“
    „ Wenn es geht, ja. Das wäre schön.“
    „ Die Art, wie er dich anguckt, wird ihm nicht gefallen, seine Tätowierung am Arm auch nicht.“
    „ Die an seinem Rücken noch weniger.“
    „ Kannst du nicht etwas Positives erzählen?“
    „ Was weiß ich … Du magst ihn ja auch.“
    „ Ich sehe ihn mit den Augen einer Therianthropen und einer Großmutter, nicht mit denen eines Vaters. Ich fürchte, dass meine Argumente nicht ziehen werden, zumal man ihm nicht einmal die Wahrheit sagen kann. Erzähl mal, was macht Yannick denn so?“
    „ Er studiert.“
    „ Mit fünfundzwanzig ist das kein Makel. Was will er später werden?“
    „ Journalist.“
    „ Ein schöner Beruf. Und wie finanziert er sein Studium?“
    „ Er arbeitet als Model, deshalb wollte er nach Paris.“
    „ Und er ist zurückgekehrt, um dir zu helfen?“ Zur Antwort nickte ich bloß. „Dieser Yannick gefällt mir immer mehr. So schnell werden wir Paris nicht ansprechen, es interessiert mich aber trotzdem: Möchtest du wirklich mit ihm zusammenziehen?“
    „ Was für eine Frage!“
    „ Natürlich. Und wie stellst du dir euer Leben zu zweit vor?“
    „ Ich würde zur Schule gehen, er würde weiter studieren. Nichts Aufregendes, nur dass wir zusammen wären.“
    „ Das Leben ist manchmal schon seltsam. Hättest du mir vor einer Woche gesagt, dass du mit einem Lambert leben willst, hätte ich wahrscheinlich einen Herzinfarkt erlitten, und nun überlege ich mir, wie ich dir dabei helfen kann. Gut, dass mir erst heute Morgen bewusst wurde, wer er ist, ansonsten hätte er keinen Schritt über meine Türschwelle getan. Das war kein Zufall, dass ihr euch kennengelernt habt … sondern Schicksal.“
    „ Yannick meint das auch.“
    Mit einem Lächeln schoss sie hoch und ging zum Telefon, um Manons Mutter Bescheid zu sagen, dass wir Marie gleich abholen würden.
     

    In Anbetracht der langen Beine von Manuel ließ ich ihm den Platz auf dem Vordersitz einnehmen. Bald konnte ich aber feststellen, dass ein Lincoln auch hinten viel Raum bietet. Marie war enttäuscht darüber, dass wir unseren Urlaub so überstürzt abbrachen. Unter Eskorte fuhren wir zu Yannicks Wohnung. Während er das Haus mit seinem Bruder betrat, warteten wir im Wagen.
    Es überraschte mich nicht zu sehen, dass Jeremy ebenfalls mit einer Tasche herauskam. Yannick seinerseits trug einen Koffer für seine Bekleidung und noch einen kleineren – wahrscheinlich für CDs, denn er glich den, der sich bereits im Kofferraum befand. Unter seinem linken Arm war ein Fotoalbum eingeklemmt. Er reichte es mir beim Einsteigen.
    „ Pass auf! Deine Bilder sind vorne drin, nicht dass sie rausfallen.“
    Endlich konnte ich sie alle sehen. Ich hatte eine Vorliebe für das Foto, das Yannick bei sei hatte. Meine neugierige Schwester riss mir die Aufnahmen aus den Händen.
    „ Ist das ein echtes Tattoo?“, fragte sie, während sie das Bild von der Felswand begutachtete. Ich bejahte. „Tut das denn nicht weh?“, erkundigte sie sich bei Yannick.
    „ Es brennt ein bisschen“, erklärte er.
    Fassungslos betrachtete sie lange das Bild, bis sie schließlich zu der Erkenntnis kam, dass er spinnen musste.
    „ Danke! Deine Schwester hat auch schon sowas zu mir gesagt“, meinte er mit einem Lächeln in den Rückspiegel.
    Das Album war voll mit Bildern von Yannicks Falken. Er war wirklich ein Prachtexemplar gewesen. Schwarz und weiß, viel größer und majestätischer als der Falke, in den ich mich verwandelte.
    „ Das ist ja der Adler von deiner Tätowierung“, rief Marie, als sie die DIN A 4-Aufnahme zwischen meinen Händen entdeckte.
    „ Ja, das ist er“, stimmte Yannick zu, ohne sie zu korrigieren.
    Da niemand mehr sprach, ließ er sanfte Musik laufen.
    Nach einiger Zeit unterbrach meine Großmutter das Schweigen. „Du hast einen schönen Wagen.“
    „ Nicht mehr lange, ich habe vor, ihn zu verkaufen.“
    „ Wieso denn?“, fragte ich überrascht.
    „ Erstens ist er nicht sehr praktisch für eine Großstadt, zweitens wird er zu kostspielig sein, wenn ich in Zukunft ständig zwischen Paris und der Normandie pendeln muss, und drittens fällt er zu sehr auf.“
    „ Magst du nicht,

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