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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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du mir mit einer Räuberleiter helfen?“
    Er half mir auf ihren Rücken. Kaum auf der Kruppe der Stute, raste ich mit ihr im gestreckten Galopp davon. Als wir zurückkamen, schaute mich Manuel perplex an. Ich erklärte ihm, seine Mutter hätte mich gedrängt, es auszuprobieren.
    „ Danke für die Zweisamkeit! Die anderen kommen schon“, sagte er frustriert.
    „ Manu, ich bin jetzt zehn Tage nicht geritten.“
    „ Und ich … Zähle ich nicht?“
    „ Du wirst doch nicht auf ein Pferd eifersüchtig sein?“
    „ Hör bitte auf! Du weißt ganz genau, auf wen ich eifersüchtig bin. Von diesen zehn Tagen hast du gerade mal zwei halbe mit mir allein verbracht, und ich gehe davon aus, dass es nicht so schnell wieder vorkommen wird.“
    Schweigend zog ich an den Zügeln, um zu den anderen zu traben. Dass Aurelie sich neben Yannick hielt, überraschte mich keineswegs. Dieser lächelte mich an, als ich mich näherte.
    „ Du reitest ohne Sattel?“, stellte Marie fragend fest.
    „ Wie du siehst.“
    „ Wie die Mutter, so die Tochter“, fügte meine Großmutter hinzu.
    Da alle absaßen, ging ich mit Yannick ein wenig spazieren. Währenddessen setzte sich Aurelie auf den Boden neben Manuel. Ich hoffte, sie würde ihn ablenken. Sein Blick sollte mich aber eines Besseren belehren.
    Um der dicken Luft auf dem Rückweg zu entfliehen, ritt ich mit Yannick vor. An der Koppel angekommen, zeigte ich ihm, wie man ein Pferd striegelt. Wir waren gerade fertig, als die anderen eintrafen. Da meine Großmutter mich gebeten hatte, einkaufen zu gehen, fragte ich Manuel, ob er unsere Hilfe bräuchte. Er lehnte dankend ab. Also ging ich mit Yannick nach Hause.
     

    Wir begaben uns sofort ins Badezimmer, wo ich mich ausziehen wollte, um unter die Dusche zu gehen. Yannick bremste mich, er wollte zuerst einkaufen gehen und dann duschen. Wir sollten uns dabei ganz viel Zeit lassen. Seine leuchtenden Augen machten mich schwach. Ich hätte ihn am liebsten auf der Stelle ausgezogen, er drehte mir aber schnell den Rücken zu, um sich die Hände zu waschen.
    In der Küche stellte ich fest, dass die Haushaltskasse leer war. Zielstrebig marschierte ich ins Gästezimmer, um Geld aus Großmutters Portmonee herauszuholen. Yannick bestand jedoch darauf, für die Einkäufe aufzukommen.
    Als wir auf dem Parkplatz vom Supermarkt aus dem Wagen stiegen, starrte uns Melanie an.
    „ Wen glotzt sie so an, dich oder mich?“, fragte Yannick amüsiert.
    „ Uns. Sie geht mit meinem Ex.“
    „ Dann sollten wir sie nicht enttäuschen.“
    Gesagt, getan: Er küsste mich innig … und das auf offener Straße.
    „ Ich dachte, du wolltest dich unauffällig verhalten, und jetzt ziehst du so eine Show ab – in aller Öffentlichkeit.“
    „ Na ja, ich bin eben anpassungsfähig. Außerdem hatte ich nicht gerade den Eindruck, dass es dich gestört hätte.“
    „ Ertappt.“ Ungezügelt gab ich ihm seinen Kuss zurück.
    Und wie ich das genossen hatte! Und zum ersten Mal war ich glücklich darüber gewesen, in einer Luxuskarosse kutschiert zu werden. Mir war nicht entgangen, wie Melanie die Limousine voll Neid betrachtet hatte. Ich schämte mich fast für diesen Gedanken. Vor Manuel hatte ich noch behauptet, ich wäre nicht materialistisch veranlagt und nun koste ich die Missgunst einer ehemaligen Freundin aus. Es sah mir gar nicht ähnlich, und selbst wenn ich mir mildernde Umstände einräumte, war ich nicht gerade stolz auf mich.
    Wieder zu Hause erfuhren wir, dass mein Vater bald nach Hause kommen würde. Sollten wir zusammen duschen wollen, hieß das: jetzt oder nie. Ohne Zeit zu verlieren, eilten wir ins Badezimmer. Als Yannick die Tür abschließen wollte, wunderte er sich über das fehlende Schloss. Ich hängte ein Handtuch an die äußere Türklinke in der Hoffnung, dass selbst Marie die Botschaft begreifen würde: Besetzt.
    Dieses Duschen entpuppte sich als das längste und schönste meines bisherigen Lebens. Da Yannick mir keine Gelegenheit gelassen hatte, meine Haare zu bürsten, blieb ich länger im Bad, um den ganzen Knoten Einhalt zu gebieten. Als ich später mein Zimmer betrat, saß er mit nacktem Oberkörper auf der Bettkante, das Badetuch immer noch um seine Hüften gewickelt, der Gesichtsausdruck niedergeschlagen.
    „ Was hast du denn? Zieh dich an, mein Vater wird bald nach Hause kommen.“
    „ Er ist schon da.“
    „ Wie bitte?“
    „ Ich habe ihm bereits meine Aufwartung gemacht. Ich fürchte, ich hab's total vermasselt. Ich meine … das mit

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