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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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dem guten Eindruck.“
    „ Autsch! Was hat er denn gesagt?“
    „ Nichts. Was hätte er schon sagen sollen? Doch: Er wollte wissen, wo du bist. Als ich meinte ‚im Badezimmer‘, ist er wortlos runtergegangen. Du hättest seinen Blick sehen sollen.“
    „ Das klingt gar nicht gut. Komm, zieh dich an. Irgendwann müssen wir da durch. Er wird dich schon nicht beißen. Schließlich hat ER keine langen Zähne.“
    Ich hatte das in einem heiteren Ton gesagt, um ihn aufzumuntern, dabei war mein Unbehagen mindestens so groß wie seins.
    Um Zeit zu schinden, gingen wir noch in den Abstellraum Getränke holen, ehe wir uns meinem Vater stellten. Er war gerade mit meiner Großmutter auf der Terrasse. Ihre Stimmen drangen durch das gekippte Küchenfenster zu uns.
    „ Sie scheinen zu vergessen, dass Sie auch sechs Jahre älter waren als Ariane.“
    „ Das kann man nicht vergleichen. Ariane war eine Frau … Lilly ist noch ein Kind. Ich finde ihn zu … zu reif für sie. Und Sie sollten seine Tätowierungen sehen.“
    „ Ich kenne sie, es sind richtige Kunstwerke. Mal im Ernst, Eric, machen Sie die Augen auf, Lilly ist kein Kind mehr. Wissen Sie, dass Sie mich an Jean erinnern. Sie sind gerade dabei, den gleichen Fehler wie Ihr Schwiegervater zu machen. Er konnte Ariane auch nicht loslassen. Davon abgesehen war sie nicht viel älter als Lilly heute. Seien Sie ehrlich: Glauben Sie wirklich, es hätte einen Unterschied gemacht, wenn Sie Ariane zwei oder drei Jahre früher kennengelernt hätten?“
    „ Vermutlich … nicht“, gab er zögernd zu.
    „ Wenn ich Lilly und Yannick sehe, muss ich an Sie und Ariane vor zwanzig Jahren denken. Er ist ein guter Junge. Geben Sie ihm eine Chance.“
    „ Ich glaube, das ist der richtige Moment, um auf der Bildfläche zu erscheinen“, flüsterte ich. „Was magst du trinken?“
    Er entschied sich für ein Bier, ich für ein Ginger Ale. Mit meinem schönsten Lächeln gewappnet ging ich in Begleitung meines Freundes auf die Terrasse, um meinen Vater zu begrüßen.
    „ Hallo Papa!“, sagte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich glaube, ich muss dir Yannick nicht mehr vorstellen.“
    „ Nein, wir hatten bereits das Vergnügen“, bestätigte er und musterte ihn dabei von Kopf bis Fuß.
    „ Sie haben ein schönes Haus“, fing Yannick an, um ein Gespräch in Gang zu bringen.
    „ Danke! Und Sie? Wo leben Sie?“
    „ In Paris.“
    „ Oh! Ich dachte, Sie kommen aus dem Jura.“
    „ Ich bin dort aufgewachsen und verbringe viel Zeit in den Hautes-Combes, wenn ich Urlaub habe. So kann ich der Großstadt entfliehen.“
    „ Und was machen Sie so in Paris?“
    „ Studieren. Ich habe zwar schon einen Master in Journalismus, ich möchte mich aber weiterbilden.“
    „ Wie sind denn die Berufsperspektiven heutzutage?“
    „ Mittelmäßig, wie überall, schätze ich. Ehrlich gesagt, hatte ich eigentlich noch keine Möglichkeit gehabt, zu suchen. Ich habe gerade ein Jahr in New York verbracht, ich gebe mir ein zusätzliches Jahr, um mich zu orientieren.“
    „ Was ist das für eine Weiterbildung?“, wollte mein Vater noch wissen.
    Langsam aber sicher fand ich ihn peinlich.
    „ Glaubst du nicht, dass du übertreibst?“, schritt ich ein.
    „ Wieso? Ich durchlöchere ihn nicht mit Fragen, weil er dein Freund ist. Es interessiert mich wirklich. Hattest du nicht selbst vor einem Jahr davon gesprochen, Journalistin zu werden?“
    „ Klar, aber auch mal Architektin und Tierärztin. Homöopathie hat mich ebenfalls eine Zeitlang gereizt. Lass mich erstmal das Abi machen, und dann werden wir schon sehen.“
    „ Eben nicht! Dir bleibt nur noch ein Jahr. Meinst du nicht, es wäre langsam Zeit, dir Gedanken darüber zu machen, was du anschließend tun willst?“, erwiderte er in einem nicht eben freundlichen Ton.
    „ Dein Vater hat Recht. Ich habe auch ein Jahr auf den Bänken einer Uni verloren, weil ich unschlüssig war. Wenn du dir sicher bist, dass du Journalismus studieren willst, wäre es sinnvoll, dich so früh wie möglich um einen guten Studienplatz zu bemühen.“
    Der Verräter. Jetzt verbündete er sich mit meinem Vater und fiel mir in den Rücken, als ob eine Moralpredigt nicht genug wäre.
    „ Erlaubt ihr?! … Noch habe ich Ferien“, erwiderte ich gereizt und stand auf.
    Ich hatte wahrhaftig keine Lust, mir das länger anzuhören. Kochend vor Wut lief ich zur Schaukel in der Hoffnung, mich durch das Schwingen abreagieren zu können.
    Mein Vater rief schroff meinen Namen,

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