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Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)

Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)

Titel: Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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zu ihr hoch.
    Es wird nicht brennen.
    Bree starrte es voller Groll an. Dann ließ sie sich auf das Sofa fallen und rieb sich die Stirn. Sie hasste dieses Bild. Dann warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr. Ihr erstes Einstellungsgespräch war erst in einer Stunde fällig. Wenn sie wollte, konnte sie hier sitzen bleiben und Däumchen drehen.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, erhob sie sich und rannte leichtfüßig die farbenfrohe Treppe in den ersten Stock hinauf. Lavinia schien ja etwas über das entsetz liche Bild zu wissen. Das bildete sie sich doch nicht alles nur ein. Das konnte nicht sein.
    Auf dem Treppenabsatz war es ziemlich finster, da es hier weder ein Fenster noch eine Deckenlampe gab. Lavinias Tür lag im Halbdunkel.
    Sie wurde von gemalten Engeln eingerahmt und war in makellosem Weiß gestrichen, das zart schimmerte. Nachdem Bree kurz gezögert hatte, klopfte sie an.
    Von drinnen war ein leises, schleifendes Geräusch zu hören, als glitte etwas Großes, Gefiedertes über den Boden. Die Tür öffnete sich, und Lavinia stand vor ihr, in ein helles, silbriges Licht getaucht. Sie war in ein durchscheinendes Tuch gehüllt, ihre dunkle Haut schien zu leuchten. »Das ist ja ein unerwarteter Besuch, mein Kind!«
    »Tut mir leid, wenn ich Sie störe«, entschuldigte sich Bree, »aber ich hätte ein paar Fragen.«
    »Sie stören mich gar nicht«, erwiderte Lavinia gelassen. »Kommen Sie doch herein und nehmen Sie einen Augenblick Platz.«
    Zögernd trat Bree ein. Für den Bruchteil einer Sekunde kam ihr die erste Etage größer vor, als sie erwartet hatte. Wesentlich größer. Ein samtiger grauer Nebel lag über dem Fußboden. Die Decke war unendlich hoch. Eine Wandlampe gab gedämpftes, mondartiges Licht von sich, das sanft auf allerlei große und kleine Gestalten fiel.
    »Einige meiner Kleinen«, sagte Lavinia mit flüsternder Stimme. »Sie wissen doch sicher, was ein Lemure ist? Davon habe ich ein paar. Und das hier sind Babyeulen, die ihre Mama verloren haben.«
    Auf der Lehne eines Schaukelstuhls hockte ein Lemure mit geringeltem Schwanz und starrte sie aus riesigen goldgelben Augen an. Bree starrte geistesabwesend zurück. Das gesamte Apartment schien in einem langsamen, schläfrigen Rhythmus auf und ab zu schaukeln. Und der Stuhl schaukelte mit. Der Lemure gab ein Schnurren von sich. Bree schwankte leicht hin und her, als stünde sie auf dem Deck eines Schiffes.
    Das Schaukeln, das mondartige Licht, der Duft fremdartiger Blumen – all dies machte Bree schwindlig. Sie schloss die Augen und öffnete sie sogleich wieder.
    Die in mondartiges Licht getauchte Szene war verschwunden, hatte sich wie Nebel in der Sonne ver flüchtigt. Lavinia stand auf den Kiefernholzdielen eines kleinen schäbigen Raums, der normal beleuchtet wurde und nach Lavendel und Rosen roch. Sie zog sich den Pullover um die knochigen Schultern zurecht und lächelte Bree freundlich an.
    Der Schaukelstuhl war jedoch noch da, bewegte sich wild hin und her, als sei gerade eben etwas in aller Eile aufgesprungen und habe sich dabei vom Stuhl abgestoßen. An der Lehne haftete ein Büschel weichen grauen Fells.
    Bree presste sich die Hände gegen die Ohren und atme te tief durch. »Bitte lassen Sie sich nicht von Ihrer Arbeit abhalten. Ich habe … unten auch noch eine Menge zu tun. Was ich Sie fragen wollte … das hat auch noch bis später Zeit.«
    Sie ging nach unten, wesentlich langsameren Schrittes als vorhin beim Nachobengehen. Sascha wartete am Fuß der Treppe auf sie, mit hochgestellten Ohren und sanft wedelndem Schwanz.
    »Das«, stellte Bree einigermaßen ratlos fest, »war äußerst verwirrend. Lemuren? Babyeulen? Wie kommen mir diese Dinge bloß in den Kopf, Sascha?«
    Sascha gähnte, trottete ins Wohnzimmer zurück und legte sich schlafen.
    Bree massierte sich die Schläfen. Sie brauchte mehr Schlaf. Sie musste diese Albträume loswerden. Bevor sie von zu Hause aufgebrochen war, hatte sie einen Packen ungeöffneter Post in ihre Aktentasche gestopft; die würde sie jetzt in Angriff nehmen, vor ihrem ersten Termin. In dem unbehaglichen Bewusstsein, dass das bedrohliche Gemälde an der Wand hing, setzte sie sich, um die noch ungelesenen Ausgaben des ABA Journal durchzusehen.
    Einige Zeit später riss sie ein höfliches Klopfen an der Haustür aus der Lektüre eines ärgerlichen Artikels, der die Reform des Deliktsrechts kritisierte. Bree stand auf und nahm sich vor, Mrs. Mather – oder eher Lavinia – zu fragen, ob man

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