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Im Namen der Engel

Im Namen der Engel

Titel: Im Namen der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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Licht, dessen Schönheit sie zu Tränen rührte.
    Sowohl das Feuer als auch das Licht kündigten die Toten an. Leichen stiegen aus der Tiefe des Meeres auf und fielen vom Himmel, der mit dunklen Wolken überzogen war. Lautlos umkreisten sie sie, während ihre Finger über Brees Wangen glitten und ihr Haar ihre Hände streifte. Sie fielen wie Blätter in einem herbstlichen Wald. Und wieder und wieder tauchte sie, um sie zu retten, doch jedes Mal entglitten ihr die Leichen, während die gesichtslose Frau mit dem schwarzen Haar rief: »Bree!«
    Diesen Albtraum hatte sie schon seit Jahren nicht mehr gehabt.
    Und jetzt stellte er sich wieder ein? Nach all den Jahren? In diesem gemütlichen Bett, wo sie sich so sicher fühlte?
    Bree erschauderte in panischer Angst und zog sich die Steppdecke fester um die Schultern. Als sie sehr jung und Antonia noch ein Kleinkind gewesen war, war ihre Mutter, wenn sie diesen Traum gehabt hatte, nachts immer zu ihr gekommen, um ihr heißen süßen Tee zu bringen und beruhigend auf sie einzureden. Doch nachdem sie zwölf Jahre alt geworden war, war der Traum verschwunden, für immer, wie sie gedacht hatte.
    Und jetzt war er wieder da.
    »Na, das ist ja seltsam«, sagte sie laut. Nachdem sie ihren Morgenmantel angezogen hatte, starrte sie in den Spiegel der Kommode. Zwischen ihren Augenbrauen hatte sich eine tiefe Falte gebildet, ihre Unterlippe zitterte. Und hinter ihr, über ihre Schulter blickend, war … was? Sie fuhr herum, doch alles, was sie sah, war das Himmelbett mit dem zerwühlten Bettzeug, waren die über den Teppich verstreuten Kissen. »Zu viele merkwürdige Dinge auf einmal«, sagte sie laut. »Also reiß dich zusammen, Beaufort. Und verkneif dir in Zukunft das dritte Glas Wein.« Sie strich sich mit den Händen durchs Haar und zog fest daran.
    Dann ging sie in die Küche, um sich eine Tasse starken Kaffee zu kochen. Sie half Sascha dabei, in den Garten zu humpeln und ins Haus zurückzukehren. Anschließend zog sie eine Trainingshose an, um am Fluss entlangzujoggen, was sie so entspannte, dass sie, als sie zurückkam, die Erinnerung an den Albtraum dorthin zurückgedrängt hatte, wo sie hingehörte, nämlich in ihre Kindheit. Sie würde das Ganze vergessen. Vollkommen.
    Sie füllte eine Dose Hundefutter in Saschas Napf, kippte für sich selbst zwei Becher Joghurt in eine Schüssel, fügte noch eine große Handvoll Sugar Crisp hinzu und setzte sich an den Küchentisch. Dann verzehrten die beiden in einträchtigem Schweigen ihr Essen. Sascha war als Erster fertig. Er kam zum Tisch gehumpelt und sah mit einem Gesichtsausdruck zu ihr hoch, der deutlich besagte: Und was jetzt?
    Bree erwiderte seinen Blick. »Jetzt geht’s an die Arbeit. Vermutlich willst du weiterhin Hundefutter haben, aber das gibt’s nicht umsonst.«
    Sie beschloss, die erste halbe Stunde ihres Arbeitstages mit Telefonaten zu verbringen, um Termine für die Einstellungsgespräche auszumachen. Den Rest des Vormittags würde sie dazu nutzen, Büromöbel und Büromaterialien zu kaufen.
    Die Kandidaten, die sie ausgesucht hatte, waren beide zu Hause. Ronald Parchese war auf rührende Weise darauf erpicht, seinen Job als Schaufensterdekorateur bei Dillard’s zugunsten der nüchternen Atmosphäre einer Anwaltskanzlei aufzugeben. (»Mein Name wird Par-chayzay ausgesprochen«, erklärte er in ernstem Ton, »wie das Brettspiel, nur aristokratischer.«) Rosa Lucheta teilte ihr ziemlich zaghaft mit, dass sie Abendkurse für juris tische Hilfskräfte absolviert habe und ihr die Aufregungen des juristischen Lebens fehlten. Bree machte mit beiden für Mittwochnachmittag Termine im Büro in der Angelus Street aus, da sie davon ausging, dass die Räume bis dahin zumindest teilweise eingerichtet waren. Sie hinterließ eine Nachricht auf Professor Cianquinos Anrufbeantworter und dankte ihm für das Geschenk. Außerdem schlug sie vor, ihn zum Lunch einzuladen, sobald er sich freimachen konnte, und zwar in einem Restaurant seiner Wahl. Dann setzte sie sich an ihren Computer, schrieb einen höflichen Standardbrief an die anderen, die auf ihre Anzeige reagiert hatten, und adressierte die Umschläge. Anschließend duschte sie sich und zog eines der eleganten Kostüme an, die ihre Arbeitsuniform darstellten. Um neun Uhr setzte sie sich hin, um eine zweite Tasse Kaffee zu trinken. Sie hatte schon eine Menge erledigt.
    »Bloß dass ich immer noch nicht weiß, was ich mit dir machen soll, Sascha.«
    Als sie seinen Namen aussprach, sah

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