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Im Namen der Engel

Im Namen der Engel

Titel: Im Namen der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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Second Hand Rows gesegnet hatte. Die wenigen Büromöbel, die ihr Onkel ihr hinterlassen hatte, waren in einem Lager untergebracht, während die Büroräume renoviert wurden. Sie hatte vor, seinen Schreibtisch und auch den Schreibtischstuhl selbst zu benutzen. Doch sie brauchte noch Möbel für ihre Hilfskraft. »Ich würde mit dem Einzug gern morgen früh beginnen. Außerdem habe ich für morgen Nachmittag ein paar Einstellungsgespräche angesetzt.«
    »Wird schön sein, wieder lebendige Menschen hier zu haben«, sagte Lavinia.
    »Dann gehe ich mal.« Sie beugte sich nach unten und strich Sascha sanft über den Kopf. Er ließ sich mit einem wohligen Seufzer gegen die zweite Stufe fallen. Zwischen seinen Ohren lugte einer der in leuchtenden Farben gemal ten Renaissance-Engel mit silbrig-goldenen Haarflechten hervor.
    »Der beschützt ihn«, stellte Lavinia fest und meinte die gemalte Figur. »Sieh zu, dass du schnell gesund wirst, Hund, damit er uns wieder alle beschützen kann.«
    »Ich komme vor sechs zurück, um ihn abzuholen«, versprach Bree. »Inzwischen können Sie sich ja mit dem Engel um ihn kümmern.«
    Während sie die Stufen vor der Haustür hinunterging, lächelte sie über die etwas verrückten Vorstellungen der alten Frau, entzückt darüber, dass der Tag so gut anfing.
    Was Second Hand Rows betraf, so hatte ihre Hauswirtin recht gehabt. Bree fand dort ein nicht allzu abgenutztes Ledersofa plus Sessel, eine alte Truhe, auf der man Zeitschriften ablegen konnte – für die zahlreichen wartenden Klienten – sowie einen großen Eichentisch, der nur geringfügige Altersflecken aufwies. »Den haben wir abgestaubt, als die alte Bücherei drüben in der Hudson Street geschlossen wurde«, erklärte der Kassierer. »Tische von dieser Größe gibt es heute gar nicht mehr. Muss mindestens dreieinhalb Meter lang sein.« Mit einer geschickten Bewegung der Zunge verlagerte er seinen Zahnstocher vom linken in den rechten Mundwinkel. »Kann ich sonst noch was für Sie tun?«
    »Haben Sie vielleicht einen Schreibtisch?«, fragte Bree.
    Er schüttelte den Kopf. Er war groß und dürr und hatte die eingefallene Brust eines Rauchers. Sein T-Shirt war so verblichen, dass Bree kaum das Grateful-Dead-Logo darauf erkennen konnte. Auf seinem rechten Ärmel klebte ein Zettel, auf dem stand: HALLO, ICH BIN HENRY. »Die sind uns gerade ausgegangen.«
    Bree holte ihre Kreditkarte aus der Tasche. »Dann würde ich gern zahlen, Henry.«
    Er nickte, gab die auf den Schildchen stehenden Preise in die Kasse ein und zog ihre Karte durchs Lesegerät.
    »Wäre es möglich, dass Sie mir diese Sachen liefern?«
    »Lieferung-frei-Haus-bei-großen-Gegenständen-wennder-Bestimmungsort-weniger-als-fünfzehn-Kilometervom-Geschäft-entfernt-ist«, ratterte Henry herunter. Offenbar hatte er das schon oft gesagt. »Richten Sie sich Ihre neue Wohnung ein oder was?«
    »Oder was«, erwiderte Bree. »Ein Büro. In einem wunderbaren alten Haus auf dem Friedhof in der Angelus Street. Ich bin gerade dabei, mich hier als Rechtsanwältin niederzulassen.«
    Er starrte sie an. »Ach was. Angelus Street, sagen Sie. Hat Mrs. Mather Sie hergeschickt?«
    »Kennen Sie das Haus? Das ist das kleine alte Gebäude direkt auf dem Friedhof. Irgendwie seltsam, dort eine Anwaltskanzlei einzurichten, dachte ich, aber andererseits liegt es in der Nähe vom Market Hill, und die Miete ist auch erschwinglich. Ich modle das Wohnzimmer zum Warteraum für Klienten um. Es hat Holzdielen, einen Kamin und Wandvertäfelung. Wird alles ganz professionell.«
    » Mich brauchen Sie nicht davon zu überzeugen, meine Dame.«
    Bree lächelte ihn an und stieß ein kurzes Lachen aus. »Sie haben völlig recht. Ich bin, glaube ich, ein bisschen unsicher. Meine Klienten muss ich überzeugen. Falls ich welche bekomme«, fügte sie besorgt hinzu.
    »Angelus Street, ja? Da habe ich etwas, das Sie sich ansehen sollten.« Er latschte in den hinteren Teil des Ladens, wo haufenweise Kisten, Kleiderständer, Töpfe, Pfannen und Geschirr standen. Nachdem er dort eine Weile herumgekramt hatte, kam er mit einem Bild in den Händen zurück. Er hielt es so, dass Bree nur die Rückseite aus Pappe zu sehen bekam. Der Rahmen war ziemlich groß und maß etwa einen Meter im Quadrat. Bree holte tief Luft und bereitete sich darauf vor, sich ebenso charmant wie unerbittlich zu weigern, sich ein Bild mit Clownsgesichtern, Elvis in schwarzem Samt oder Poker spielenden Hunden andrehen zu lassen.
    Henry drehte

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