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Im Namen der Gerechtigkeit - Roman

Im Namen der Gerechtigkeit - Roman

Titel: Im Namen der Gerechtigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagel & Kimche AG
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Salvatori. «Mailand kotzt mich an. Ich arbeite erst seit vier Jahren hier und kann jetzt schon nicht mehr. Wie hält man das bloß aus? Jaja, ich weiß, man schlägt sich so durch. Aber das ist es ja gerade. Mailand ist eine Stadt, die man nur durchquert. Ich habe sie noch nicht verstanden, und vor allem kenne ich sie nicht. Ich fahre immer bloß unter ihr durch, unter dieser verfluchten Stadt. Ich wohne in Piola, nehme die grüne Linie, dann die rote, steige morgens in San Babila aus und fahre abends denselben Weg zurück. Kannst du mir vielleicht sagen, wo zum Teufel ich wohne?»
    «In Piola.»
    «Ja, schönen Dank auch.»
    «Du kannst ja abends einen Spaziergang machen, wenn dir so viel daran liegt.»
    «Bloß nicht. Wohin denn auch? Außerdem ist es im Winter zu kalt und im Sommer zu heiß.»
    «Na ja, im Moment ist es doch ganz angenehm.»
    «Ach, wie soll ich dir das bloß erklären. Es ist eine Frage des Tempos, der Gangart.» Doni lächelte breit. «Der Belohnung.»
    «Mailand ist eine geizige Stadt. Du musst sie bitten, um etwas zu bekommen.»
    «Aber so kenne ich das nicht. Ich bin es gewohnt, dass eine Stadt mir entgegenkommt, und nicht, dass ich auf den Knien rutschen und mir jedes Stückchen Frieden erkämpfen muss. Vielleicht liegt es daran, dass ich aus dem Süden bin, ganz dem Klischee entsprechend, was weiß ich. Doch wie dem auch sei, um hier zu leben, ist man dringend auf die Hilfe Gottes angewiesen.»
    «Amen», sagte Doni und nahm noch einen Schluck Ökobier. Es war kühl und stark. Er spürte die Entspannung in seinem Mund und einen angenehmen Schmerz an den Kinnbacken.
    Salvatori sah ihn an und lachte auf.
    «Amen», wiederholte er. «Und Ehre sei Gott in der Höh’.»
    Doch als Doni aus dem Restaurant trat, sah er, wie an der Kreuzung mit der Via Conservatorio ein Lichtstrahl die Palazzi teilte. In diesem Augenblick herrschte eine unnatürliche Stille, eine im Kontrast festgeschriebene Schönheit: Salvatoris entkräftete Theorie und das unversehens aufstrahlende Mailand.
    Doni erinnerte sich an den Heimweg zu seinen Eltern, den er als junger Mann nach den Juravorlesungen genommen hatte. Durch diese Straßen war er gegangen, die Via Sottocorno hinauf und dann weiter auf dem Corso Indipendenza bis zum Piazzale Susa, wo sein Vater von den Ersparnissen des Großvaters eine Dreizimmerwohnung gekauft hatte. Manchmal hatte er in einer Bar auf dem Corso haltgemacht, um ein Tramezzino zu essen, oder er war nach Norden abgebogen, um sich auf dem Corso Buenos Aires einen Film anzusehen. Nichts Schwindelerregendes – nur die Sanftheit einer Pause.
    Salvatori ging ein paar Schritte vor ihm. Doni blieb kurz stehen, um nochmals das Licht zu betrachten. Der Strahl war in einen diffusen Glanz zerfallen, der alles umfing: die Zweige voller Knospen, die Hauswände, die Fensterbretter. Der April schien eher ein Körper als ein Monat zu sein.
    Ein Kind schnellte auf den kleinen Brunnen vor der Kirche San Pietro in Gessate zu. Ein eleganter, alter Mann klemmte sich seine Zeitung unter den Arm und sandte pfeifend einige Töne in die Luft.
    Doni spürte einen leichten Rausch und ordnete ihn als ein Vergnügen ein, das er schon eine Weile nicht mehr gehabt hatte – eine kurze, spontane Anwandlung, die wahrscheinlich auf das Bier zurückzuführen war: Er war quicklebendig.
    Den Nachmittag verbrachte er im Serverraum, um mit den Technikern ein Problem zu klären. (Zu seinem Leidwesen hatte man ihn zum Computerverantwortlichen der Oberstaatsanwaltschaft gemacht.) Eine Sekretärin hatte versehentlich einen Teil der Datenbank gelöscht, was sie jedoch unausgesetzt bestritt. In Tränen aufgelöst, saß sie auf ihrem Stuhl und schüttelte Kopf und Zeigefinger: «Das ist nicht meine Schuld, das ist nicht meine Schuld!», sagte sie. «Auf dem Bildschirm hat sich plötzlich ein Fenster geschlossen, ich wusste nicht, was los war, aber es ist nicht meine Schuld!»
    Doni hatte wenig Ahnung von diesen Dingen und trug die Verantwortung für die Entscheidung, was gespeichert werden sollte. Die Techniker wussten bedeutend mehr, waren jedoch reichlich verwirrt. Während er erörterte, was zu tun sei, rief Ferrero ihn an. Ein Kollege aus Piemont, spindeldürr und wahrscheinlich verrückt. Doni verließ den Raum und ging ans Handy.
    «Roberto», sagte Ferrero. «Ich habe schon versucht, dich zu erreichen.»
    «Marco.»
    «Hast du einen Moment Zeit für mich? Ich habe ein Problem mit dem Rechner.»
    «Ich auch», sagte Doni. «Und

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