Im Namen der Heiligen
glänzenden Schweiß auf dem Fell der Tiere und den feuchten Schimmer des aufgeworfenen Erdreichs hinter der Pflugschar erkennen konnte. Der Pflüger war ein dunkelhäutiger, untersetzter kräftiger Mann mit grauem gekraustem Haar, der Ochsenführer dagegen groß und schlank. Sein flachsblondes Haar hing ihm tief in den Nacken hinab und klebte an der Stirn. Er dirigierte das Gespann, indem er rückwärts ging, ohne einen Blick nach hinten zu werfen, und bewegte sich anmutig und sicher, als hätte er Augen am Hinterkopf. Seine Stimme war jetzt heiser und müde, da er sie schon den ganzen Tag beanspruchte, klang aber immer noch fröhlich. Er feuerte die Tiere an und lobte sie, sagte ihnen immer wieder, wie tüchtig sie wären und daß sie sich bald ausruhen dürften, daß er sie liebte und stolz auf sie war. Er hörte sich an, als würde er mit Menschen reden. Und die Ochsen legten sich mit aller Kraft ins Zeug, wandten kein Auge von ihm, und es war offensichtlich, daß sie alles getan hätten, um ihn zufriedenzustellen. Als der Pflug am Ende der Furche angelangt war und anhielt, standen die dampfenden Tiere mit gesenkten Köpfen da, und der junge Mann kam zu ihnen, legte einem Ochsen den Arm um den Hals, kraulte einen anderen an der Stirn. Und Cadfael murmelte: »Brav, mein Freund! Aber wie hat es dich nach Wales verschlagen?«
Etwas Kleines, Rundes, Hartes fiel raschelnd durch die Blätter und traf ihn unsanft auf der Tonsur. Er schlug sich auf den Kopf und sagte etwas, das nicht zu seiner Mönchskutte paßte. Es war eine Eichel vom letzten Jahr, während der Wintermonate vertrocknet und hart wie ein Kieselstein. Cadfael blickte nach oben in das dichte Laub, dessen gelbliche Frühlingsfarbe stellenweise schon in ein sattes dunkles Grün überging. Irgendwie hatte er das Gefühl, daß das Zittern der Blätter, nachdem es völlig windstill war, eine andere Ursache haben mußte als den zufälligen Absturz eines Überbleibsels vom Vorjahr. Und dann hörte das Laub auf, sich zu bewegen - doch es war eine angespannte Stille, als würde irgend etwas da oben den Atem anhalten. Cadfael setzte das Maultier in Bewegung und tat so, als wollte er weiterreiten, aber hinter dem nächsten Gebüsch hielt er wieder an und spähte zwischen den Zweigen hindurch zu der Eiche zurück, um zu sehen, ob seine Taktik die gewünschte Wirkung erzielte.
Ein kleiner nackter Fuß, mit Moos und Rinde befleckt, glitt aus dem Laub herab, um am Stamm der Eiche Halt zu suchen, dann baumelte der andere herunter, und der Junge sprang ins Gras. Cadfael, der eben noch fasziniert zugeschaut hatte, wandte hastig den Blick ab und drehte sich um, aber er lächelte. Und dann glitt er hinter dem Strauch hervor, um mit unschuldiger Miene im Blickfeld des Vogels aufzutauchen, der soeben aus dem Eichenlaub herabgeflogen war. Es war kein Junge, wie er zuerst angenommen hatte, sondern ein Mädchen - ein sehr hübsches Mädchen, das nun anmutig im Gras stand. Der weite Rock reichte züchtig bis zum Boden und verdeckte sogar die kleinen nackten Füße.
Neugierig und ohne jede Scheu blickte sie ihn an. Sie mochte achtzehn oder neunzehn Jahre alt sein und strahlte eine Selbstsicherheit aus, die ihr Würde und Reife verlieh - auch wenn sie eben erst von einem Baum heruntergeklettert war. Trotz der bloßen Füße und der ungeflochtenen Haare war sie kein Dorfmädchen, denn ihre Haltung verriet, daß sie sich ihres Wertes wohl bewußt war. Ihr Kleid war aus schönem hellblauem Wollstoff, am Halsausschnitt und an den Ärmeln bestickt.
In dem schwarzen Haar, das in wilden Locken auf die Schultern fiel, funkelten rötliche Lichter, und die Augen mit den schwarzen Wimpern, die Bruder Cadfael mit so unverhohlenem Interesse musterten, waren von derselben Farbe, dunkel wie reife Pflaumen, und glänzten wie der Glimmer von Flußkieseln.
»Du bist einer von den Mönchen aus Shrewsbury.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Zu seiner Überraschung sprach sie fließendes Englisch.
»Das stimmt« bestätigte er und schwang sich aus dem Sattel. »Aber wieso weißt du das? Du bist nicht mit den anderen an Huws Gartenzaun vorbeigegangen, als wir dort gesessen und uns unterhalten haben. Da war zwar auch ein hübsches Mädchen - doch sie hatte helleres Haar als du.«
Sie lächelte. Es war ein reizendes Lächeln, unvermittelt und strahlend. »Oh, das muß Annest gewesen sein. Aber inzwischen weiß ganz Gwytherin, wer ihr seid und was euch hierhergeführt hat. Vater Huw hat
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