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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Robert, und du wirst die Gesinnung eines Herzens ändern müssen, seine oder deine, wenn du das wiedergutmachen willst.«
    Am nächsten Vormittag, nach der Messe, traf Prior Robert sorgsam seine Vorbereitungen. »Nur der Bruder Unterprior und ich sowie Vater Huw und Bruder Cadfael als Dolmetscher werden am Tisch sitzen. Du wirst dich in der Küche nützlich machen, Bruder John. Außerdem kannst du dich um Vater Huws Rinder und Hühner kümmern. Für euch, Bruder Jerome und Bruder Columbanus, habe ich einen besonderen Auftrag. Da wir heute über die Gebeine der heiligen Winifred verhandeln wollen, sollt ihr diese Stunden im Gebet verbringen, damit sie uns hilft, den Widerstand der Gemeinde zu besiegen, und unsere Mission zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen. Betet nicht hier in der Kirche, sondern in der Kapelle der Heiligen auf dem Friedhof, wo sie begraben ist. Nehmt euch Essen und Wein mit. Der kleine Edwin wird euch den Weg zeigen. Wenn wir mit Rhisiart einig sind - was mit Winifreds Beistand sicher nicht lange dauern wird - gebe ich euch Bescheid, und ihr könnt zurückkommen. Aber bis dahin dürft ihr eure Gebete nicht unterbrechen.«
    Pflichtschuldigst enteilten sie. Bruder John machte ein Feuer für Marared und brachte ihr alles, was sie brauchte. Die alte Frau, die schon lange verwitwet war und erwachsene Söhne hatte, freute sich sehr, weil ihr ein so netter junger Mann Gesellschaft leistete, und Cadfael vermutete, daß sicher die besten Bissen für Bruder John abfallen würden, bevor sie das Essen servierte. Er sah Jerome und Columbanus mit dem kleinen Jungen aufbrechen, die in Tücher gewickelte Mahlzeit in den Brusttaschen ihrer Kutten verstaut. Columbanus trug eine Flasche Wein und eine kleinere, gefüllt mit Quellwasser, für sich selbst. »Es ist zwar nur ein geringes Opfer«, hatte er demütig erklärt, »aber ich werde nichts anderes als Wasser trinken, solange die heilige Winifred nicht unsere Schutzheilige ist.«
    »So ein Narr!« meinte Bruder John. »Wahrscheinlich hat er soeben gelobt, bis an sein Lebensende keinen Tropfen Alkohol mehr anzurühren.«
    Der Frühlingsvormittag war schön, aber auch so kapriziös, wie es im Mai zu erwarten war. Prior Robert und seine Gefährten saßen im Obstgarten, bis sie von einem heftigen Regenschauer ins Haus getrieben wurden, der fast eine halbe Stunde dauerte. Die Mittagsstunde, zu der Rhisiart eintreffen würde, rückte immer näher. Er würde einen ziemlich feuchten Spaziergang durch den Wald machen. Oder vielleicht wartete er in Cadwallons Haus, das an seinem Weg lag, auf die Rückkehr der Sonne. Da sie mit dieser Möglichkeit rechneten, dachten sie sich nichts dabei, als eine halbe Stunde nach der vereinbarten Zeit verstrich und Rhisiart noch immer nicht aufgetaucht war. Doch nach einer Stunde nahmen Prior Roberts Züge einen sowohl grimmigen als auch triumphierenden Ausdruck an. »Er hat gehört, welche Warnung ich allen erteilt habe, die dieselbe Sünde begehen wie er. Und nun fürchtet er sich viel zu sehr, um mir gegenüberzutreten.«
    »Sicher, er hat von der Warnung gehört«, bestätigte Vater Huw seufzend. »Aber ich hatte gestern abend nicht den Eindruck, daß er sich fürchtet. Er sprach mit ruhiger, fester Stimme, und er ist ein Mann, der sein Wort zu halten pflegt. Ich verstehe nicht, warum er auf sich warten läßt. Das sieht ihm gar nicht ähnlich.«
    »Wir werden essen, aber nur ein wenig«, sagte der Prior, »und ihm Gelegenheit geben, sein Versprechen zu halten - falls ihm irgend etwas dazwischengekommen ist. Das kann jedem widerfahren. Wir wollen noch bis zur Abendandacht warten.«
    »Ich werde zu Cadwallons Haus gehen«, erbot sich Bruder Richard. »Bis dahin kann ich ihn nicht verfehlen. Vielleicht begegne ich ihm - oder man wird mir sagen können, was ihn aufgehalten hat.«
    Nach anderthalb Stunden kehrte er zurück - allein. »Ich bin noch ein ganzes Stück auf dem Weg weitergegangen, der am Anwesen des Schmieds vorbeigeht, aber ich konnte Rhisiart nirgends entdecken. Ich erkundigte mich bei Cadwallons Leuten, doch die haben ihn auch nicht gesehen.«
    »Wir warten noch bis zur Abendandacht.« Aus der Stimme des Priors klang schadenfrohe Zuversicht, denn er bezweifelte, daß der Gast noch erscheinen würde. Nun hatte sich sein Gegner selbst ins Unrecht gesetzt, und das konnte für Prior Robert nur vorteilhaft sein. Sie würden bis zur Messe ausharren - das waren fünf Stunden nach der vereinbarten Zeit. Die Leute von Gwytherin

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