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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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zerzaustem roten Haar, braunen Wangen und bewunderndem Lächeln erstarrt war. Auch Cadfael betrachtete den jungen Bruder, der vielleicht drei Jahre älter war als das Mädchen. John hatte die Benediktinerkutte hochgeschürzt, bevor er aufs Pferd gestiegen war, und danach vergessen, sie wieder herunterzulassen. Jetzt sah sie aus wie ein Waliser Arbeitskittel. Und der rote Haarschopf verdeckte die Tonsur - wenn dem Mädchen auch sicher bewußt war, daß sie existierte.
    »Oh, da sind ja noch mehr Durstige gekommen!« rief Annest, ohne Bruder John aus den Augen zu lassen. Sie stellte den Krug neben Cai auf die Bank. Dann ließ sie sich daneben nieder, mit flatternden Röcken und wehenden hellbraunen Haaren, und nahm das Trinkhorn entgegen, das Bened ihr reichte. Bruder John stand immer noch reglos da, stumm und fasziniert.
    »Komm schon, mein Junge!« Bened klopfte auf den Platz zwischen sich und Cai. Wie ein Schlafwandler - wenn auch mit deutlicher empfundenen Absichten - ging John zu der Bank und setzte sich.
    Nun gut, dachte Bruder Cadfael, überließ es Gott dem Herrn, der immer einen Ausweg wußte, etwaige Probleme zu lösen, und folgte Huw ins Haus.
    »Ich werde kommen« verkündete Rhisiart, der sich mit seinen Besuchern in eine kleine Kammer zurückgezogen hatte. »Natürlich werde ich kommen. Kein Mann sollte einem anderen die Gelegenheit verwehren, seinen Standpunkt zu erläutern. Kein Mann kann sicher sein, daß er richtig gehandelt hat, und da sei Gott vor, daß ich irgend jemandem eine zweite Chance verweigern würde. Auch ich habe gesprochen, ohne nachzudenken, und im nachhinein tat es mir leid - so wie euer Prior sein Bedauern ausgesprochen hat.«
    Das hatte Prior Robert natürlich nicht getan, und Vater Huw hatte es auch gar nicht behauptet. Er hatte nur seine eigene Bestürzung in Worte gefaßt. Aber wenn Rhisiart diese Gefühle dem Prior zuschrieb - Huw war verzweifelt genug, um es dabei bewenden zu lassen.
    »Eins muß ich euch allerdings sagen«, fuhr Rhisiart fort. »Ich verspreche mir wenig von einer zweiten Unterredung.
    Die Kluft zwischen uns ist zu tief. Dir, Vater Huw, kann ich verraten, was ich den anderen verschwieg, weil ich mich schämte. Der Mann hat mir Geld angeboten. Später erklärte er, das Geld wäre für Gwytherin bestimmt gewesen. Aber wie ist das möglich? Bin ich Gwytherin? Ich bin ein Mann wie alle anderen, ich erfülle meine Pflicht, so gut ich kann - aber ich bin nun einmal ein ganz bestimmter Mann. Und er hat den Beutel mir angeboten, damit ich mich für sein Anliegen einsetze, damit ich die anderen dazu überrede, seinen Wunsch zu erfüllen. Ich akzeptiere es, daß er noch einmal mit mir sprechen und mir klarmachen will, wie er die Sache sieht. Aber ich kann nicht vergessen, daß er dachte, er könnte mich kaufen. Wenn er möchte, daß ich meinen Standpunkt ändere, dann muß er auch seine Meinung über mich ändern. Und was seine Drohungen betrifft - ich danke dir, weil du sie getreulich wiedergegeben hast, alter Huw, doch sie berühren mich nicht. Ich verehre unsere kleine Heilige ebenso wie der Prior oder sonstwer. Glaubst du, daß sie das nicht weiß?«
    »Sicher weiß sie es«, antwortete Huw.
    »Und wenn die Mönche aus Shrewsbury sie ehren wollen - warum können sie das nicht hier hin, wo sie zu Hause ist? Sie könnten auch ihr Grab schmücken, wenn es sie so empfindlich stört, daß wir es vernachlässigt haben.«
    »Das ist ein gutes Argument, daran habe ich auch schon gedacht«, sagte Bruder Cadfael. »Der letzte Schlaf einer Heiligen sollte sakrosankt sein.«
    Rhisiart sah ihn mit seinen ausdrucksvollen und herausfordernden Augen an, die um eine Schattierung heller waren, als die seiner Tochter, und lächelte. »Nun, ich werde kommen - und vielen Dank für eure Mühe. Ich werde mit euch essen und mir anhören, was immer er zu sagen hat. Um die Mittagsstunde werde ich bei euch sein.«
    Gelächter war von der Bank unter der Dachrinne zu hören, und es war zu verlockend, den Zechern Gesellschaft zu leisten - zumindest ein paarmal am Trinkhorn zu nippen, wie Cai vorschlug. Bened war aufgestanden, um nachzuschenken, und Bruder John saß schweigend und mit hochroten Wangen, aber überglücklich, direkt neben dem Mädchen. Ihre Ärmel berührten sich, als sie sich neugierig zu ihm neigte, und ihr Haar fiel auf seine Schulter.
    »Nun, wie ist es euch ergangen?« fragte Bened, während er das Trinkhorn füllte. »Wird er euch besuchen und mit dem Prior

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