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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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solange seine Unschuld nicht erwiesen war.
    »Das ist nur recht und billig«, meinte Bened, und die anderen nickten.
    »Ein einsamer Engländer - mit dem Rücken zur Wand«, wisperte Bruder John ärgerlich in Cadfaels Ohr. »Welche Chance hat er schon, wenn niemand für ihn eintritt und ihm glaubt - obwohl er ganz sicher die Wahrheit sagt? Benimmt er sich vielleicht wie ein Mörder?«
    Peredur hatte die ganze Zeit stocksteif dagestanden und Engelard nur aus den Augen gelassen, um Sioned traurige Blicke zuzuwerfen. Als Prior Robert den Arm ausstreckte, mit herrischer Geste auf Engelard wies und die anderen langsam vortraten, um Hand an ihn zu legen, zog sich Peredur zum Rand der Lichtung zurück. Cadfael beobachtete, wie er Sioneds Aufmerksamkeit auf sich lenkte und den Kopf bewegte, um ihr irgend etwas zu bedeuten. Sie antwortete mit einem kurzen Blick, dann neigte sie sich zu Engelard, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
    »Tut eure Pflicht«, befahl Robert, »eure Pflicht gegenüber dem Gesetz, dem Prinzen und der Kirche und nehmt diesen Mann fest.«
    Die Bewohner von Gwytherin zögerten nur kurz, dann schloß sich ihr Kreis immer enger um Engelard und wies nur dort eine Lücke auf, wo Peredur zum Rand der Lichtung zurückgewichen war. Engelard entfernte sich mit einem großen Schritt von Sioneds Seite, als wollte er sich ins Dickicht stürzen und fliehen, doch statt dessen hob er einen langen Zweig auf, der im Gras lag, schwang ihn um sich herum und warf zwei ältere Männer zu Boden. Die anderen taumelten nach hinten, und bevor sie sich neu formieren konnten, sprang er über einen der Gestürzten hinweg zu der Lücke, die Peredur hinterlassen hatte. Aufgeregt rief Vater Huw dem Sohn Cadwallons zu, er möge Engelard aufhalten, und Peredur trat vor, um dem Angelsachsen den Weg abzuschneiden. Wie es geschah, wußte später niemand zu sagen, wenn Bruder Cadfael auch eine vage Ahnung hatte. Jedenfalls, als Peredur einen Arm hob, um nach Engelard zu greifen, stieg er auf einen morschen Ast, der unter seinem Fuß zerbrach, stolperte und fiel in die Büsche. Die dichten Zweige raubten ihm die Sicht, und er war wohl auch außer Atem, denn er richtete sich erst auf, als Engelard an ihm vorbeigestürmt war, zum Gestrüpp, das die Lichtung säumte.
    Zwei Männer nahmen die Verfolgung auf und rannten in den Wald, um dem Flüchtigen den Weg abzuschneiden. Von links kam ein langbeiniger Leibeigener Cadwallons, mit weitgreifenden Schritten wie ein Windhund, von rechts Bruder John mit wehender Kutte. Seine Sandalen trommelten blitzschnell auf den Waldboden, und es war vielleicht das erstenmal, daß John das Wohlwollen des Priors genoß. Ganz sicher war es das letztemal.
    So schnell Engelard auch durch den Wald lief, es sah so aus, als würde ihn der Bursche einholen, bevor er sich in Sicherheit bringen konnte. Alle drei stürmten aufeinander zu, um zusammenzuprallen - zumindest hatte es diesen Anschein. Der Leibeigene streckte seine Arme aus, die fast ebenso lang waren wie seine Beine, auf der anderen Seite folgte Bruder John seinem Beispiel. Kräftige Finger schlossen sich um eine dünne Falte von Engelards Kittel, auch Bruder John griff danach. Erleichtert seufzte der Prior auf. Bald würden die beiden den Gefangenen auf die Lichtung zurückschleppen. Doch da warf sich Bruder John zu Boden, umfaßte die Knie des Leibeigenen und brachte ihn zu Fall. Engelard riß seinen Kittel aus der Hand des Gegners und verschwand im Unterholz. Eine Zeitlang hörte man noch Zweige knacken, dann senkte sich Stille auf den Fluchtweg herab.
    Die Hälfte der Schar rannte in den Wald, mehr von Erregung getrieben als von echter Feindseligkeit, um den Angelsachsen zu verfolgen, doch die Männer waren jetzt nur mehr mit halben Herzen bei der Sache. Es war fast unmöglich, ihn noch einzuholen. Wahrscheinlich hatten sie auch keine große Lust, ihn einzufangen, obwohl sie Jagdhunden glichen, die auf der Spur blieben, sobald sie die Witterung aufgenommen hatten. Das eigentliche Drama spielte sich auf der Lichtung ab, wo die Macht der Gerechtigkeit zumindest einen Schurken gefunden hatte, den sie strafen konnte.
    Bruder John ließ die Knie seines Opfers los, setzte sich im Gras auf und wehrte einen ohnehin kraftlosen Schlag des Leibeigenen ab. »Schon gut, mein Junge«, sagte er in verständnislosem Englisch. »Was hat er dir getan? Tut mir leid, daß ich so grob mit dir umspringen mußte. Falls dich das tröstet - mir wird es viel schlimmer ergehen als

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