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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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was mit Sioned zu besprechen.«
    Er fand das Mädchen in einer kleinen Kammer am Ende der Eingangshalle, in Rhisiarts Privatzimmer. Der Tote lag auf einem länglichen Tisch, auf kunstvoll drapierten Pelzen, mit einem weißen Leinentuch zugedeckt. Sioned saß neben ihm, feierlich gekleidet, das schwarze Haar zu einer ordentlichen Zopfkrone geflochten, mit ernstem Gesicht. Sie sah älter aus als gestern - und respektabler, jetzt, wo sie die Hausherrin war. Doch als Bruder Cadfael eintrat, erhob sie sich mit dem vertrauensvollen Lächeln eines Kindes, das einen lang erwarteten verläßlichen Ratgeber wiedersieht.
    »Ich hatte gehofft, du würdest früher kommen. Doch das ist unwichtig - jetzt bist du ja hier. Da sind seine Kleider. Ich habe sie nicht zusammengefaltet, denn sonst hätte sich die Feuchtigkeit gleichmäßig verteilt. Jetzt ist sie sicher fast verdunstet, aber du wirst den Unterschied zwisehen den nassen und den trockenen Stellen immer noch fühlen können.« Sie brachte ein enganliegendes Beinkleid, ein Hemd und ein Wams. Cadfael betastete die Kleidungsstücke aufmerksam, und Sioned sagte: »Ich sehe, du weißt, wo du nachsehen mußt.«
    Rhisiarts Beinkleid war an der Rückseite noch feucht, obwohl es teilweise vom Wams überdeckt gewesen war. Vorn war es trocken, wenn auch ein Teil der Nässe an den Seiten durch den Stoff gesickert war. Das Wams war am Rücken feucht, und die Breite seiner Schultern wurde immer noch durch einen dunklen Fleck markiert, der wie ein ausgebreitetes Flügelpaar aussah. Das Vorderteil des Wamses war trocken, rings um den dunkelgeränderten Schlitz, den der Pfeil aufgerissen hatte. Am Hemd war der gleiche Unterschied festzustellen, wenn auch nicht so deutlich. Das Vorderteil und die Ärmel fühlten sich trokken an, die Rückseite war feucht. Geronnenes Blut verkrustete die Löcher an den Rückenpartien von Hemd und Wams, wo die Pfeilspitze hindurchgedrungen war.
    »Weißt du noch, wie er dalag, als wir ihn fanden?« fragte Cadfael.
    »Das werde ich mein Lebtag nicht vergessen. Von den Hüften aufwärts lag er flach auf dem Rücken, aber die angezogenen Beine waren zur Seite gedreht, das linke kreuzte das rechte...« Sioned zögerte, runzelte die Stirn, suchte nach der bereits halb erfaßten Bedeutung dieser Tatsachen, und dann nickte sie. »Er sah aus wie ein Mann, der auf dem Bauch gelegen und sich im Schlaf halb auf den Rücken gedreht hat.«
    »Oder«, entgegnete Cadfael, »wie ein Mann, der auf dem Bauch lag, an der linken Schulter gepackt und herumgedreht wurde.«
    Sie sah ihn an mit großen dunklen Augen, die ihm wie offene Wunden erschienen. »Sag mir alles, was du denkst. Ich muß es wissen.«
    »Zunächst wollen wir uns mit dem Ort des Geschehens befassen. Eine Lichtung, von Dickicht umgeben, wo man höchstens fünfzig Schritte weit sehen kann. Ist dies ein geeigneter Jagdgrund für einen Bogenschützen? Ich glaube nicht. Selbst wenn er gewollt hätte, daß die Leiche in einem einsamen Waldgebiet liegt, wo man sie erst nach Stunden finden würde, hätte er sich eine günstigere Stelle aussuchen können. Ein geübter Bogenschütze braucht sich seinem Opfer nicht zu nähern. Aber er muß genügend Platz haben, um den Bogen zu spannen, und er muß das Opfer deutlich genug gesehen haben, um gut zielen zu können.«
    »Du hast recht. Und deshalb scheidet Engelard als möglicher Täter aus - selbst wenn ihm dieses Verbrechen zuzutrauen wäre.«
    »Nicht nur Engelard - jeder gute Bogenschütze scheidet aus. Und ein unerfahrener Schütze, der ganz nah an sein
    Opfer herangehen mußte, hätte sicher keinen Erfolg gehabt. Dieser Pfeil gefällt mir nicht. Er hatte da nichts zu suchen - und trotzdem steckte er in Rhisiarts Brust, einzig und allein zu dem Zweck, den Verdacht auf Engelard zu lenken. Doch ich glaube, daß er noch einen anderen Zweck erfüllt hat.«
    »Natürlich!« stieß Sioned hervor. »Er hat meinen Vater getötet!«
    »Das bezweifle ich - auch wenn es dir verrückt erscheinen mag. Bedenke doch, in welchem Winkel er in Rhisiarts Brust eingedrungen ist. Das meiste Blut ist auf dem Rücken zu finden - nicht dort, wo sich der Pfeil in den Körper gebohrt hat. Du weißt, daß die Kleider am Rücken naß waren, und er lag ja auch auf dem Rücken, aber du hast selbst gesagt, daß er aussah wie ein Mann, der sich umgedreht hat. Und noch etwas habe ich gestern herausgefunden, als ich neben ihm kniete. Unter ihm war das dichte Gras naß. Aber an seiner rechten Seite,

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