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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Shrewsbury waren über jeden Zweifel erhaben. Die Heilige hatte den Prior bei der Hand genommen und zu ihrem Grab geführt. Nein, der Mann war nie zuvor an jenem Ort gewesen, und das Grab war auch nicht markiert - zum Beispiel aufgrund eines verspäteten Versuchs, es vom Unkraut zu befreien. Es hatte so ausgesehen wie immer, und doch hatte er es sofort erkannt.
    Natürlich wäre es sinnlos gewesen, die tief bewegte Menge darauf hinzuweisen, daß Bruder Columbanus und Bruder Jerome den Friedhof am Vortag aufgesucht hatten. Der kleine Edwin hatte sie hingeführt - und was wäre natürlicher gewesen, als daß sie das Kind gefragt hätten, wo sich das Heiligengrab befand?
    Und nun, wo Roberts Triumph seinen Anspruch ohnedies hinreichend rechtfertigte, verzögerte er die Abreise noch um drei Tage und Nächte, da er die ihm gewährte Gnade noch deutlicher demonstrieren wollte. Dies war ein kühner Schritt - doch der Prior war auch ein kühner, erfinderischer Mann und durchaus fähig, sein Glück herauszufordern, um weitere Wunder zu wirken - trotz des Risikos, daß er auch einmal Pech haben könnte. Er wollte Gwytherin mit der Errungenschaft verlassen, um derentwillen er gekommen war, und nicht nur das - die Gemeinde sollte, wenn sie schon nicht versöhnt war, doch für alle Zeiten eingeschüchtert werden. Nein, er würde nicht mit den kostbaren Gebeinen davoneilen, als fürchtete er noch immer, sie könnten ihm entrissen werden.
    Aber er kann Rhisiart nicht getötet haben, dachte Cadfael. Das weiß ich. Oder ist er nicht davor zurückgeschreckt, einen Mörder zu dingen? Eine Zeitlang erwog er diese Möglichkeit, dann schüttelte er den Kopf. Das traute er Robert denn doch nicht zu. Er mochte ihn nicht, bewunderte ihn jedoch in gewisser Weise. Wäre er noch so jung wie Bruder John, würde er ihn verabscheuen. Aber Cadfael war alt, erfahren und tolerant geworden.
    Er erreichte das Pförtnerhaus von Rhisiarts Anwesen, eine Hütte aus Flechtwerk in einer Ecke des Palisadenzauns. Der Mann kannte ihn vom gestrigen Tag her und ließ ihn sofort eintreten Im Hof kam ihm Cai entgegen und grinste. Das Grinsen der Leute hier war schwächer und etwas wehmütig geworden, verriet aber immer noch ihre Lebensfreude.
    »Bist du gekommen, um deinen Gefährten zu befreien?« fragte Cai. »Ich bezweifle, daß er dir das danken wird, denn es gefällt ihm ausnehmend gut bei uns. Er wird gefüttert wie ein Kampfhahn, und bis jetzt ist noch nicht abzusehen, wann der Amtmann erscheinen wird. Sioned hat kein Wort davon gesagt, und Vater Huw hat es wohl auch nicht so eilig damit. Ein paar Tage wird es noch dauern, es sei denn, dein Prior nimmt die Sache in die Hand - obwohl sie ihn nichts angeht. Aber wenn er das tut - wir haben genug Leute im Wald und auf den Feldern, die uns rechtzeitig Bescheid geben werden, bevor ein Reiter das Hoftor erreicht. Bruder John ist bei uns bestens aufgehoben.«
    Es war Engelards engster Mitarbeiter, der hier sprach, ein Mann, der ihn so gut kannte wie kein anderer. Und John, Engelards Fluchthelfer, hatte in Cai ganz sicher einen wohlwollenden Gefängniswärter gefunden. Der Pflüger sah es vermutlich eher als seine Aufgabe an, die drohende Welt von Bruder John fernzuhalten, als zu verhindern, daß er in diese Welt entkam. Wenn der Schlüssel zu einem guten Zweck gebraucht werden sollte, würde er auftauchen.
    »Paß auf deinen eigenen Kopf auf!« warnte Cadfael, allerdings ohne große Besorgnis. »Womöglich ist der Prinz
    ein Gerechtigkeitsfanatiker, und er will sich bestimmt mit den Benediktinern im Grenzland gutstellen.«
    »Mach dir deshalb keine Gedanken. Wenn ein Gefangener entflieht und seine Bewacher keine Experten in solchen Dingen sind, kann man ihnen keine Schuld geben. Natürlich wird man Jagd auf ihn machen. Hast du schon mal eifrig am falschen Ort nach etwas gesucht, das du nicht finden willst?«
    »Sag nichts mehr - oder ich muß mir die Ohren zuhalten. Und sag dem Burschen, ich habe mich gar nicht nach ihm erkundigt, weil ich weiß, daß das überflüssig wäre.«
    »Du kannst dich ja mit ihm unterhalten«, bot Cai großzügig an. »Er logiert da drüben in der kleinen Scheune, dort ist es sauber und sehr gemütlich. Und seine Mahlzeiten sind wahrhaft fürstlich, das kann ich dir versichern.«
    »Erzähl mir nichts mehr, denn man könnte mich danach fragen. Blinde Augen und taube Ohren können manchmal sehr nützlich sein. Später will ich gern noch länger mit dir reden, aber jetzt habe ich erst mal

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