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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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glücklich über den Verlust ihrer Heiligen sind. Aber keiner wird euch Steine in den Weg legen. Wenn ihr wollt, bringen wir euch noch heute zu Winifreds Grab.«
    »Nach der nächsten Messe wollen wir eine Prozession zum Friedhof veranstalten.« Eine uncharakteristische Röte belebte die asketischen Züge des Priors, nachdem er seinen Willen endlich durchgesetzt hatte. »Und wir wollen keinen Bissen zu uns nehmen, bevor wir vor Winifreds Altar gekniet und ihr unseren Dank abgestattet haben.« Sein leuchtender Blick fiel auf Bruder Columbanus, der geduldig vor ihm kniete und ihn mit treuen Hundeaugen ansah - immer noch eifrig auf Anerkennung seiner Sünde bedacht. Robert runzelte erstaunt die Stirn, als hätte er die Anwesenheit des jungen Mannes vergessen, dann rief er: »Erhebe dich, Bruder, und fasse Mut, denn du siehst, der Himmel hat dir verziehen. Du sollst nicht der Freude beraubt werden, die Heilige besuchen und ihr deine Verehrung darbringen zu dürfen.«
    »Und meine Strafe?« fragte der unverbesserliche reumütige Columbanus. In seiner Schwäche lag eiserne Beharrlichkeit.
    »Nun, zur Strafe sollst du Bruder Johns Pflichten übernehmen, die Tiere versorgen und uns bedienen, bis wir nach Hause zurückkehren. Doch jetzt sollst auch du an unserer Freude teilhaben und uns helfen, den Schrein mit Winifreds Gebeinen hierherzutragen. Alles, was wir tun, soll im Sinne der Heiligen geschehen, so daß es allen offenbar wird.«
    »Wollt ihr noch heute die Heimreise antreten?« fragte Vater Huw müde. Zweifellos würde er froh sein, wenn diese Episode beendet und vergessen sein würde, wenn er sie alle losgeworden war, wenn Gwytherin wieder sein gewohntes Leben führen konnte - allerdings um einen braven Mann ärmer.
    »Nein«, entgegnete Robert nach kurzem Zögern. »Wir möchten in jeder Phase dieser Pilgerfahrt unsere Bereitschaft zeigen, uns lenken und leiten zu lassen, und wir wollen beweisen, daß unsere Mission von der heiligen Winifred inspiriert wurde. Drei Nächte wollen wir im Gebet vor dem Altar der Kapelle verbringen, bevor wir aufbrechen - um allen zu bestätigen, daß unser Tun gesegnet ist. Vielleicht möchtest du an unserer Vigilie teilnehmen, Vater Huw. Wir werden jeweils zu zweit wachen und die Heilige bitten, uns den rechten Weg zu weisen.«
    Sie trugen den silberbeschlagenen Schrein, den die Mönche von Shrewsbury in treuem Glauben gezimmert hatten, durch den Wald, vorbei an Cadwallons Haus, dann bog die Prozession in den Pfad zur Rechten, der sie gnädig am Schauplatz von Rhisiarts Tod vorbeiführte. Auf einer kleinen Lichtung am Hang, an drei Seiten von dichtem weißblühendem Hagedorn umgeben, stand die Kapelle aus altersdunklem Holz. Über der Tür erhob sich ein winziger schiefer Turm ohne Glocke. Die Grabhügel des alten Friedhofs waren dicht von Kräutern, Dornengestrüpp und hohem Gras überwachsen. Unterwegs hatte sich die Prozession zusehends vergrößert. Schweigende Dorfbewohner folgten den Mönchen zu der Lichtung - neugierig und doch zurückhaltend. Es war ihnen nicht anzumerken, ob es ihnen immer noch widerstrebte, auf die heilige Winifred zu verzichten. Ausdruckslos beobachteten ihre Augen das Geschehen, und sie waren entschlossen, sich nichts entgehen zu lassen und nichts zu versäumen.
    Vor der Friedhofstür blieb Prior Robert stehen und bekreuzigte sich mit weit ausholenden Gesten. »Wartet hier!« bat er, als Huw ihn in die Kapelle führen wollte. »Laß mich sehen, ob ein Gebet meine Schritte lenken kann, denn ich habe gebetet, bei Gott. Du sollst mir das Grab der Heiligen nicht zeigen. Ich werde es dir zeigen - wenn sie mir beisteht.«
    Gehorsam blieben sie stehen und sahen zu, wie seine hochgewachsene Gestalt langsam auf die Kapelle zuging. Seine Kutte streifte die Gräser und Blumen. Ohne zu zögern, aber auch ohne Hast näherte er sich einem kleinen überwucherten Hügel an der Ostseite des Holzbaus und kniete nieder. >Hier ruht die Heilige Winifred<
    Man kann sich stets darauf verlassen, daß Prior Robert seine Umwelt zu beeindrucken weiß, dachte Cadfael, als er am Nachmittag durch die Wälder zu Rhisiarts Haus wanderte. Aber dieses kleine Wunder war eine Meisterleistung gewesen. Die atemlose Stille, die Roberts Worten gefolgt war, die ehrfürchtigen Kommentare der Männer von Gwytherin waren Cadfael immer noch gegenwärtig. Inzwischen würde die Nachricht auch in das entlegenste Gehöft und in die ärmlichste Leibeigenenhütte der Gemeinde gedrungen sein. Die Mönche von

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