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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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reglose Herz. Sein Bart bebte und verriet, daß sich seine Lippen bewegten, in stummer Zwiesprache mit der Seele des Toten. Nun richteten sich alle Blicke auf Bruder Jerome - denn Bruder Jerome zögerte.
    Er sah zwar nicht verstört aus - war aber offensichtlich nicht bereit, Sioneds Bitte zu erfüllen. Nachdem er ihr mitleidig zugelächelt hatte, wandte er sich vertrauensvoll an den Prior. »Vater Huw ist verantwortlich für diese Gemeinde und einer gewissen Disziplin unterworfen. Aber ich habe einer anderen zu gehorchen. Sicher hat Rhisiart seine religiösen Pflichten getreulich erfüllt, und ich fühle mit ihm. Doch er starb eines gewaltsamen Todes, ohne gebeichtet zu haben - ohne den Segen der Kirche, und ein solcher Tod stellt sein Seelenheil in Zweifel. Ich darf mir in einem solchen Fall keine Geste der Vergebung anmaßen. Ich habe gebetet - doch es ist nicht an mir, ihm zu verzeihen, ohne daß mich eine höhere Autorität dazu ermächtigt hätte. Doch wenn Prior Robert trotzdem meint, daß dies gerechtfertigt wäre, will ich Sioneds Bitte gern entsprechen.«
    Erstaunt und nachdenklich hatte Cadfael dieser Ansprache gelauscht. Wenn der Prior seinem getreuen Speichellecker den Mord an Rhisiart befohlen hatte, so hätte Jerome ihm die alleinige Verantwortung gar nicht geschickter zuschieben können. Andererseits war es auch möglich, daß Jerome diese Gelegenheit - wie so viele andere - nur nutzen wollte, um seinem Herrn zu schmeicheln. Und wenn der Prior großzügig die Erlaubnis zu der gewünschten Geste gab - glaubte er, das würde ihn schützen, weil er dann die Schuld und alles Unheil auf den eigentlichen Täter abwälzte? Dachte er, daß er selbst das Opfer dann straffrei berühren könnte? Dies hätte eine geringere Rolle gespielt, wäre Cadfael überzeugt gewesen, daß das Blut des Ermordeten erneut fließen würde, wenn der Mörder ihn anfaßte. Doch er dachte vielmehr, daß ein solcher Aberglaube den Schuldigen, wenn er sich in die Ecke getrieben sah, in Angst und Schrecken versetzen und zu einem Geständnis veranlassen könnte. Allein dieses Entsetzen könnte vielleicht sogar ein paar Tropfen Blut hervorpressen - wenn er das auch bezweifelte. Und er begann zu vermuten, daß Jerome ebenfalls daran zweifelte.
    Die Augen der Beobachter hatten ein neues Opfer gefunden und hingen nun aufmerksam an Prior Robert. Er runzelte die Stirn, dachte eine Weile nach, dann traf er seine Entscheidung. »Du magst guten Gewissens tun, was sie fordert. Denn sie verlangt keine Absolution von dir, sondern Verzeihung, und die zu gewähren ist jeder Mensch berechtigt.«
    Und Bruder Jerome neigte anmutig den Kopf, trat bereitwillig neben die Bahre und legte die Hand auf das tote Herz, ohne daß auch nur der kleine Finger zitterte. Kein roter Schwall durchdrang die weißen Tücher, um ihn anzuklagen. Und dann folgte er dem Prior selbstzufrieden aus der Kapelle, die anderen Mönche schlossen sich an, und die Leute von Gwytherin gaben schweigend den Weg frei.
    Welche Erkenntnis haben wir daraus gewonnen, fragte sich Cadfael. Ist er so kaltblütig, daß ihm diese Prüfung nichts ausmachte? Ist er nicht abergläubisch? Oder fühlt er sich sicher, weil er die Schuld dem wahren Schuldigen aufgebürdet hat, welche Rolle er auch immer bei dem Verbrechen spielte, und daß ihm deshalb keine Gefahr droht! Oder hatte er gar nichts damit zu tun. War dies alles sinnlos? Jerome ist kleinmütig genug, um dem Mädchen eine nachsichtige Geste verweigern zu wollen, nur um sich selbst ins rechte Licht zu rücken...
    Nun, dachte Cadfael, bald werden wir wissen, was Robert tun wird, wenn Sioned ihn um den gleichen Gefallen bittet. Wird er seine eigene Vergebung ebenso großzügig gewähren wie die eines anderen?
    Jedenfalls entwickelten sich die Dinge nicht so, wie er es erwartet hatte. Prior Robert hatte zwar beschlossen, die nächste Vigilie gemeinsam mit Bruder Richard abzuhalten. Aber als die beiden zur Kapelle gingen und an Cadwallons Anwesen vorbeikamen, wurde der Prior vom Türsteher aufgehalten, und Cadwallon eilte herbei, begleitet von einem kräftigen Waliser in einem gutgeschnittenen Reitanzug.
    Bruder Cadfael erfuhr erst davon, als der Prior an der Seite des Fremden in Vater Huws Garten zurückkehrte, um dieselbe Stunde, wo er zusammen mit Bruder Richard in St. Winifreds Kapelle hätte auf die Knie sinken müssen, um seine Nachtwache an der Totenbahre zu beginnen - in einer Konfrontation, die vielleicht nützliche Früchte getragen

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