Im Namen der Heiligen
Zeiten, als Rhisiart noch jünger war. Padrig kommt nun schon seit vielen Jahren hierher und kennt uns alle. Er hat auch nach dir gefragt.«
»Sag ihm, daß wir bald wieder miteinander trinken werden da oder dort. Und erzähl ihm, daß ich versuche, den Mord aufzuklären - falls ihm das ein Trost ist.«
»Wir haben uns schon so an dich gewöhnt.« Sie unterhielten sich in der Schmiede, und Bened beugte sich zu seinem Feuer hinab, wo ein kräftiger Junge die Blasebälge betätigte. »Du solltest bei uns bleiben - hier wärst du am rechten Ort.«
»Ich habe mein Zuhause«, entgegnete Cadfael. »Mach dir meinetwegen keine Sorgen. Ich halte immer beide Augen offen, auch wenn ich mir die Kapuze über den Kopf ziehe. Und ich wußte, was ich tat, als ich ins Kloster eintrat.«
»Da gibt es manche, die nicht zu dir passen«, meinte Bened, das Eisen in der Hand, um einen Huf zu beschlagen.
»Ach, Prioren und Brüder kommen und gehen, das ist eine ebenso buntgemischte Gesellschaft wie der Rest der Menschheit. Aber die Klöster bleiben bestehen. Sicher, manche fühlen sich berufen, obwohl sie es nicht sind - m eist junge Burschen, die das Nein eines Mädchens für das Ende der Welt halten. Einige wären tüchtige Handwerker, wenn sie die Fessel des Klosters abstreifen könnten. Vorausgesetzt, sie sind freie Männer und hätten die Möglichkeit, beispielsweise in das Mysterium der Schmiedekunst einzudringen...«
»Ja, er hat kraftvolle Hände, der Junge«, sagte Bened nachdenklich, »und er weiß zu gehorchen, wenn der Mann, der ihm Befehle gibt, sein Handwerk versteht. Und das ist schon die halbe Kunst. Hätte er Rhisiarts Mörder nicht laufen lassen - es gäbe keinen Ausländer, der hier willkommener wäre. Andererseits weiß ich nicht, ob Engelard wirklich der Täter ist. Das arme Mädchen ist jedenfalls von seiner Unschuld überzeugt... Weißt du es denn so genau?«
»Noch nicht«, gab Cadfael zu. »Aber ich werde es bald wissen.«
Am dritten Tag seiner Pseudo-Gefangenschaft sah sich Bruder John seiner Bewegungsfreiheit beraubt. Es hatte sich herumgesprochen, daß der Amtmann in der Gemeinde war und überall Fragen stellte, die diverse Umstände von Rhisiarts Tod betrafen. Und es war allgemein bekannt, daß er in Vater Huws Pfarrei eine längere Unterredung geführt hatte. Sicher war er aufgefordert worden, auch in Bruder Johns Fall seine Pflicht zu erfüllen. Nicht daß John einen Grund gefunden hätte, sich über seine Unterkunft, sein Essen oder seine Gesellschaft zu beklagen. Selten war er so rundum zufrieden gewesen wie jetzt. Aber in den beiden vergangenen Tagen - abgesehen von kurzen Intervallen, wo Vorsicht geboten schien - war er vom Morgengrauen bis zum Einbruch der Dunkelheit im Freien gewesen, hatte sich um die Rinder gekümmert, Holz gehackt, im Gemüsegarten neue Pflanzen eingesetzt und weder Zeit noch Lust gehabt, über seine Situation nachzudenken. Doch jetzt, wo man ihn aus dem allgemeinen Blickfeld entfernt hatte, wo er untätig in seiner Scheune saß, machte sich sogar Bruder John realistische Gedanken über seine Lage. Er wußte nicht, was Cadfael und Sioned vorhatten - er wußte nicht, was mit der heiligen Winifred geschah, mit dem Prior und dessen Gefährten, und vor allem wußte er nicht, wo Engelard steckte und wie man ihn aus dem Netz von Verdacht und Mißtrauen befreien könnte, das ihn umgarnte. Seit seiner instinktiven Solidaritätsgeste hatte John ein besitzergreifendes Interesse an Engelard. Er wollte, daß der junge Angelsachse rehabilitiert und mit Sioned glücklich wurde.
Aber Sioned, ihrem Versprechen getreu, kam nicht in seine Nähe, und sonst gab es niemanden auf dem Hof, der sich mit ihm auf englisch unterhalten konnte. Es war zwar nicht schwierig, sich mit den anderen zu verständigen, wenn es um simple Dinge ging, aber niemand war imstande, ihm zu erzählen, was er wissen wollte und mußte. Da saß er nun - hilfsbereit, aber zu nichts nutze, machte sich Sorgen um seine Freunde und war unfähig, ihnen beizustehen.
Annest brachte ihm das Mittagessen, saß eine Weile bei ihm und litt ebenso wie er unter den Verständigungsproblemen. Sie brachte ihm zwar einige walisische Wörter bei, indem sie auf die betreffenden Gegenstände zeigte - aber wie sollte sie ihm schildern, was in der Kapelle geschehen war - wie sollte sie ihm sagen, was die Gemeinde dachte? Diese Hilflosigkeit bewirkte, daß ihre Zusammenkünfte zumeist in bedrückendem Schweigen verliefen, aber manchmal redeten sie
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