Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead
Sonntag bei Ihnen waren«, begann Rebus, »hat Eric nicht erwähnt, wie Sie sich kennengelernt haben. Ich glaube, jetzt weiß ich es.«
»Gratuliere.« Sie hielt den Blick auf das glühende Ende der Zigarette geheftet. Ihr Körper schaukelte leicht, während sie ein Knie auf und ab wippen ließ.
»Er weiß also, womit Sie Ihr Geld verdienen?«, fragte Rebus.
»Geht Sie das was an?«
»Eigentlich nicht.«
»Also dann …« Noch ein Zug an der Zigarette, als wäre das Nahrung für sie. Der Rauch wehte Rebus ins Gesicht. »Zwischen Eric und mir gibt es keine Geheimnisse.«
»Na schön.«
Schließlich schaute sie ihm direkt in die Augen. »Er hat mich betatscht. Und von wegen, ich hätte nach seiner Brieftasche gegriffen …« Sie schnaubte. »Andere Kultur, gleiche Scheiße.« Sie beruhigte sich ein wenig. »Deswegen bedeutet Eric etwas.«
Rebus nickte verständnisvoll. »Unser kenianischer Freund ist in Schwierigkeiten, nicht Sie«, versicherte er ihr.
»Wirklich?« Sie schenkte ihm wieder dieses breite Lächeln, das gleiche wie am Sonntag. Der ganze trostlose Raum schien sich für einen Moment zu erhellen.
»Eric kann sich glücklich schätzen.«
»Sie können sich glücklich schätzen«, sagte Rebus zu dem Kenianer. Vernehmungsraum zwei, zehn Minuten später. Das Nook schickte ein Auto für Molly – ein Auto und etwas zum Anziehen. Sie hatte versprochen, Rebus’ Jacke vorn auf den Tresen zu legen.
»Ich heiße Joseph Kamweze und habe diplomatische Immunität.«
»Dann wird es Ihnen nichts ausmachen, mir Ihren Reisepass zu zeigen, Joseph.« Rebus streckte die Hand aus. »Wenn Sie Diplomat sind, wird das ja drinstehen.«
»Ich habe ihn nicht bei mir.«
»Wo wohnen Sie?«
»Im Balmoral.«
»So eine Überraschung. Und die Hotelrechnung geht an Pennen Industries?«
»Mr. Richard Pennen ist ein guter Freund meines Landes.«
Rebus lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Wie das?«
»In Sachen Handel und humanitäre Hilfe.«
»Er steckt Mikrochips in Waffen.«
»Da sehe ich keine Verbindung.«
»Was machen Sie in Edinburgh, Joseph?«
»Ich gehöre zur Handelsmission meines Landes.«
»Und welcher Teil Ihres Auftrags hat Sie heute Abend ins Nook geführt?«
»Ich war durstig, Inspector.«
»Und ein bisschen geil?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich habe Ihnen schon erklärt, dass ich Immunität besitze …«
»Das freut mich wirklich für Sie. Sagen Sie, kennen Sie einen britischen Politiker namens Ben Webster?«
Kamweze nickte. »Ich bin ihm einmal in Nairobi begegnet, beim Hochkommissariat.«
»Auf Ihrer jetzigen Reise haben Sie ihn nicht getroffen?«
»In der Nacht, in der sein Leben endete, hatte ich keine Möglichkeit mehr, mit ihm zu sprechen.«
Rebus starrte ihn an. »Sie waren im Schloss?«
»Ganz recht.«
»Haben Sie Mr. Webster dort gesehen?«
Der Kenianer nickte. »Ich hielt es nicht für nötig, bei der Gelegenheit mit ihm zu reden, da er ja zu dem Mittagessen im Prestonfield House kommen sollte.« Kamwezes Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an. »Doch dann spielte sich vor unseren Augen diese schreckliche Tragödie ab.«
Rebus straffte sich. »Wie meinen Sie das?«
»Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich sage nur, dass sein Sturz ein großer Verlust für die internationale Gemeinschaft ist.«
»Sie haben nicht gesehen, was passiert ist?«
»Niemand hat es gesehen. Aber vielleicht waren die Kameras eine Hilfe.«
»Überwachungskameras?« Rebus hätte sich an den Kopf schlagen können. Das Schloss war ein Hauptquartier der Armee – da war es doch klar, dass es überall Überwachungskameras gab!
»Man hat uns den Kontrollraum gezeigt. Die technische Ausstattung war beeindruckend, aber Terrorismus ist nun mal eine alltägliche Bedrohung, nicht wahr, Inspector?«
Rebus antwortete nicht gleich.
»Was sagt man denn darüber?«, fragte er schließlich.
»Ich glaube, ich verstehe Sie nicht …« Kamweze runzelte die Stirn.
»Die anderen Delegationen – der kleine Völkerbund, mit dem ich Sie in Prestonfield gesehen habe -, irgendwelche Gerüchte über Mr. Webster?«
Der Kenianer schüttelte den Kopf.
»Sagen Sie, haben alle so ein herzliches Verhältnis zu Richard Pennen wie Sie anscheinend?«
»Noch einmal, Inspector, ich glaube nicht, dass ich -« Kamweze brach ab und stand so hastig auf, dass sein Stuhl umfiel. »Ich möchte jetzt gehen.«
»Irgendetwas zu verbergen, Joseph?«
»Ich habe das Gefühl, dass Sie mich unter Vorspiegelung falscher
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