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Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Titel: Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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forderte er sie auf.
    »Sind Sie da sicher?« Auch ihre Stimme war hart geworden, und sie hielt seinem Blick stand. »Wenn Sie nämlich jetzt weggehen, werde ich ein Foto von Ihnen groß auf der Titelseite meiner Zeitung bringen.«
    »Sie machen sich ja lächerlich.«
    »Das Bild ist etwas grobkörnig, und wir werden es vergrößern müssen, was bedeutet, dass es außerdem ein bisschen unscharf sein könnte. Aber es wird eine Striptänzerin zu sehen sein, die vor Ihnen herumturnt, Mr. Kamweze. Sie werden die Hände auf Ihren Knien und ein breites Lächeln im Gesicht haben, während Sie ihre nackte Brust anstarren. Sie heißt Molly und arbeitet im Nook in der Bread Street. Ich habe mir heute Morgen die Videos der Überwachungskameras besorgt.« Lügen, alles Lügen, aber sie genoss die Wirkung, die diese Worte auf ihn hatten. Seine Fingernägel bohrten sich in die Tischplatte. Sein kurzgeschnittenes Haar glänzte vor Schweiß.
    »Dann wurden Sie auf einem Polizeirevier vernommen, Mr. Kamweze. Ich könnte mir denken, dass auch dieser kleine Ausflug im Film festgehalten ist.«
    »Was wollen Sie eigentlich von mir?«, zischte er. Doch dann musste er sich zusammenreißen, denn gerade kam das Tablett mit dem Tee und ein paar Shortbread-Keksen. Mairie biss in einen hinein – morgens nicht gefrühstückt! Der Tee roch nach im Ofen gebackenem Seetang, und kaum dass die Kellnerin eingeschenkt hatte, schob sie ihre Tasse zur Seite. Der Kenianer tat es ihr gleich.
    »Nicht durstig?«, fragte sie und musste unwillkürlich lächeln.
    »Das hat der Detective Ihnen erzählt«, sagte Kamweze. »Er hat mir auf die gleiche Weise gedroht.«
    »Die Sache ist nur die, dass er Sie nicht belangen kann. Ich dagegen … Nun, es sei denn, Sie geben mir einen guten Grund, eine exklusive Titelstory in der Schublade verschwinden zu lassen …« Sie sah, dass er noch nicht so ganz angebissen hatte. »Eine Titelstory, die man auf der ganzen Welt zu Gesicht bekommen wird. Wie lange kann es dauern, bis die Presse in Ihrem Land die Geschichte aufgreift und selbst veröffentlicht? Wie lange, bis Ihre Vorgesetzten in der Regierung davon erfahren? Ihre Nachbarn, Freunde …«
    »Genug«, knurrte er. Sein Blick war starr auf den Tisch gerichtet. In dessen hochglanzpolierter Oberfläche erblickte er sein eigenes Spiegelbild. »Genug«, wiederholte er, und sein Ton verriet ihr, dass er sich geschlagen gab. Sie biss in einen weiteren Keks. »Was wollen Sie?«
    »Eigentlich nicht viel«, beruhigte sie ihn. »Nur alles, was Sie mir über Mr. Richard Pennen erzählen können.«
    »Soll ich Ihr Informant à la ›Deep Throat‹ sein, Miss Henderson?«
    »Warum nicht, wenn der Gedanke Ihnen reizvoll erscheint«, antwortete sie.
    Und dachte bei sich: In Wirklichkeit bist du noch so ein Betrogener, der erwischt wurde … noch so ein makelbehafteter Beamter …
    Noch so ein Singvogel …
     
    Seine zweite Beerdigung innerhalb einer Woche.
    Er war aus der Stadt hinausgekrochen. An der Forth Bridge winkte die Fife Constabulary Lastwagen und Transporter heraus, um sie auf ihre Tauglichkeit als Barrikaden zu überprüfen. Jenseits der Brücke gab es dagegen keine Störungen, sodass er sogar zu früh ankam. Er fuhr ins Zentrum von Dundee, parkte am Hafen und rauchte eine Zigarette, während er im Radio die Nachrichten hörte. Komisch, die englischen Sender berichteten ständig über die Bewerbung Londons zu den Olympischen Spielen; kaum ein Wort über Edinburgh. Tony Blair jettete gerade von Singapur zurück. Rebus überlegte, ob er wohl Flugmeilen sammelte …
    Die schottischen Nachrichtensendungen hatten Mairies Geschichte aufgegriffen: Alle nannten ihn den »G8-Mörder«. Chief Constable James Corbyn gab zu dem Thema keine offizielle Erklärung ab; SO12 betonte, dass für die Staats- und Regierungschefs, die in Gleneagles zusammenkamen, keinerlei Gefahr bestehe.
    Zwei Beerdigungen innerhalb einer Woche. Rebus fragte sich, ob er unter anderem deshalb so viel arbeitete, weil er dann nicht allzu viel über Mickey nachdenken musste. Er hatte eine der beiden Quadrophenia -CDs dabei, von der er auf der Fahrt nach Norden ein paar Songs gehört hatte, auch den, wo Daltrey immer wieder mit krächzender Stimme fragt: Can you see the real me? Auf dem Beifahrersitz lagen die Fotos: Edinburgh Castle, Smokings und Fliegen. Ben Webster, dem noch zwei Stunden zu leben blieben, sah genauso aus wie die anderen. Aber Selbstmörder hatten ja keine Schilder um den Hals hängen. Ebenso

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