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Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Titel: Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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mich mal machen.« Santal war wieder in ihre Rolle geschlüpft: die starke Frau, die imstande war, ihre Kämpfe selbst auszufechten. Sie fixierte den jungen Mann, bis er den Blick abwandte.
    »Wenn du meinst …« Und schon trat er den Rückzug an. Als sie sich zu Rebus und Siobhan umwandte, wurde sie wieder Stacey.
    »Hier können Sie nicht bleiben«, erklärte sie. »Ich dürfte in einer Stunde abgelöst werden – dann können wir reden.«
    »Wo?«
    Sie überlegte einen Moment. »Innerhalb der Absperrung. Hinter dem Hotel liegt ein Feld, wo die Fahrer sich aufhalten. Warten Sie da auf mich.«
    Siobhans Blick wanderte über die Menschenmenge. »Und wie kommen wir da hin ?«
    Stacey lächelte säuerlich. »Lassen Sie sich etwas einfallen.«
    »Ich glaube«, erläuterte Rebus, »sie meint, wir sollten uns verhaften lassen.«

17
    Rebus brauchte gute zehn Minuten, um sich, Siobhan im Schlepptau, an die Spitze des Gedränges vorzuarbeiten. Während er seinen Körper an einen zerkratzten und beschmierten Schild presste, drückte er in Augenhöhe des Polizisten mit der Handfläche seine Dienstmarke gegen das durchsichtige, verstärkte Plastik.
    »Bringen Sie uns hier raus«, formte er mit den Lippen. Darauf fiel der Polizist nicht herein. Stattdessen rief er seinen Vorgesetzten, der entscheiden sollte. Der rotgesichtige Beamte erschien hinter dem Polizisten und erkannte Siobhan sofort. Sie bemühte sich, einigermaßen geläutert auszusehen.
    Der Polizeibeamte gab ein Schniefen von sich und dann einen Befehl. Die Kette aus Schutzschilden öffnete sich einen winzigen Spalt, und Hände griffen nach Rebus und Siobhan. Auf der anderen Seite des Kordons stieg der Geräuschpegel merklich an.
    »Zeigen Sie ihnen Ihre Dienstmarken«, befahl der Polizeibeamte. Rebus und Siobhan kamen seinem Wunsch nur allzu gern nach. Der Mann hielt ein Megafon vor sich und ließ die Menge wissen, dass es keine Festnahmen gegeben hatte. Als er Rebus und Siobhan als Kriminalbeamte zu erkennen gab, erhob sich ein gewaltiges Gejohle. Trotzdem schien die Situation sich zu entspannen.
    »Für diese kleine Eskapade müsste ich Sie eigentlich melden«, erklärte er Siobhan.
    »Wir sind vom Morddezernat«, log Rebus, ohne mit der Wimper zu zucken. »Da war jemand, mit dem wir reden mussten – was hätten wir sonst tun sollen?«
    Der Polizeibeamte starrte ihn an, sah sich aber plötzlich mit drängenderen Aufgaben konfrontiert. Einer seiner Männer war gestürzt, und die Demonstranten hatten offensichtlich vor, diese Bresche in der Absperrung zu nutzen. Er bellte Befehle in sein Megafon, und Rebus gab Siobhan mit einer Geste zu verstehen, dass es wohl besser sei, das Weite zu suchen.
    Einsatzwagentüren sprangen auf, weitere Polizisten quollen heraus, um ihre Kollegen in der vordersten Reihe zu unterstützen. Ein Sanitäter fragte Siobhan, ob ihr etwas fehle.
    »Ich bin nicht verletzt«, antwortete sie. Ein kleiner Hubschrauber stand mit sich drehenden Rotorblättern auf der Straße. Rebus ging geduckt darauf zu, um mit dem Piloten zu sprechen, und winkte dann Siobhan herbei.
    »Er kann uns zu dem Feld bringen.«
    Der Pilot mit seiner verspiegelten Sonnenbrille nickte zur Bestätigung. »Kein Problem«, rief er mit amerikanischem Akzent. Dreißig Sekunden später saßen sie auf ihren Plätzen, und die Maschine erhob sich in die Luft, wobei sie unter sich Staub und Abfall aufwirbelte. Rebus pfiff ein paar Takte Wagner – eine Verneigung vor Apocalypse Now -, aber Siobhan ignorierte das. Man konnte kaum etwas hören, was sie jedoch nicht daran hinderte, Rebus zu fragen, was er dem Piloten erzählt habe. Sie las die Antwort von seinen Lippen ab: Morddezernat.
    Das Hotel lag eine Meile südlich. Aus der Luft konnte man mühelos den Sicherheitszaun und die Wachtürme erkennen. Endlos weite verlassene Hänge und dann einzelne Nester von Demonstranten, die von Schwarzuniformierten eingekesselt waren.
    »Direkt zum Hotel darf ich nicht fliegen«, rief der Pilot. »Da würde uns eine Rakete runterholen.«
    Das schien er ernst zu meinen, denn er machte einen weiten Bogen um das Hotelgelände. Unten sahen sie eine Menge provisorischer Bauten, in denen vermutlich die Vertreter der internationalen Presse untergebracht werden sollten. Satellitenschüsseln auf anonym aussehenden Lieferwagen. Fernsehen oder vielleicht auch der Geheimdienst. Rebus konnte einen Pfad erkennen, der von einem großen weißen Baldachin zur Umzäunung führte. Das Feld war in einen

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